Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsratssitzungen zur Nachtzeit. Besteuerung von Nachtarbeitszuschlägen. Benachteiligung von Betriebsräten

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Benachteiligung der Mitglieder des Betriebsrats liegt vor, wenn sie für die Teilnahme an zur Nachtzeit abgehaltenen Betriebsratssitzungen zwar Nachtarbeitszuschläge erhalten, diese jedoch versteuert werden, während Arbeitnehmer für die Erbringung ihrer arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit zum gleichen Zeitpunkt diese Zuschläge steuerfrei erhalten.

 

Normenkette

BetrVG § 78 S. 2, § 37 Abs. 2; EStG § 3b

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 15.08.2013; Aktenzeichen 4 BV 6/13)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 24.02.2016; Aktenzeichen 7 ABR 23/14)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 15. August 2013 - 4 BV 6/13 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Mitglieder des Betriebsrats wegen ihrer Tätigkeit benachteiligt werden, wenn sie für die Teilnahme an Betriebsratssitzungen in der Nacht und sonn- oder feiertags keine steuerfreien Nacht-, Sonn- oder Feiertagszuschläge erhalten, obwohl Arbeitnehmer für die Tätigkeit zum gleichen Zeitpunkt diese Zuschläge steuerfrei erhalten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob eine Benachteiligung der Mitglieder des Betriebsrats vorliegt, wenn sie für die Teilnahme an zur Nachtzeit abgehaltenen Betriebsratssitzungen zwar Nachtarbeitszuschläge erhalten, diese jedoch versteuert werden, während Arbeitnehmer für die Erbringung ihrer arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit zum gleichen Zeitpunkt diese Zuschläge steuerfrei erhalten.

Der Arbeitgeber (Beteil. zu 2) betreibt ein Spielcasino. Antragsteller ist der dort gebildete Betriebsrat.

Die Arbeitnehmer arbeiten in einem Schichtsystem beginnend um 11:00 Uhr im Automatenspiel und um 14:45 Uhr im klassischen Spiel; Schichtende ist um 4:45 Uhr. Für die in der Zeit zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr geleistete Tätigkeit erhalten die Arbeitnehmer einen Nachtarbeitszuschlag, der steuerfrei ausgezahlt wird. Der Betriebsrat hält seine Sitzungen auch in der Zeit von 20:00 Uhr bis 6:00 Uhr sowie an Feier- und Sonntagen ab. Auch für diese Zeiten zahlt der Arbeitgeber Nachtarbeitszuschläge, die in der Vergangenheit steuerfrei geleistet wurden. Seit Januar 2013 gewährt der Arbeitgeber die Nachtarbeitszuschläge für Betriebsratsmitglieder nicht mehr steuerfrei. Zur Begründung hierfür beruft sich der Arbeitgeber auf eine entsprechende Auskunft seines Wirtschaftsprüfers.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und der gestellten Anträge wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Beschluss unter I der Gründe (Bl. 36-38 der Akten) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 78 S. 2 BetrVG liege nicht vor. § 3b EStG regele, dass Zuschläge für tatsächlich geleistete Nachtarbeit steuerfrei auszuzahlen sind. Die an Betriebsratsmitglieder geleisteten Nachtarbeitszuschläge würden zum Ausgleich des ihnen durch die Betriebsratstätigkeit entstandenen Verdienstausfalls geleistet und seien deshalb nicht steuerprivilegiert. Dies sei für freigestellte Betriebsratsmitglieder vom Bundesfinanzhof und vom Bundesarbeitsgericht entschieden worden. Für den vorliegenden Fall gelte nichts anderes. Die einkommenssteuerrechtlichen Vorschriften knüpften an die tatsächlich geleistete Arbeit an und könnten daher auf den finanziellen Ausgleich der als Ehrenamt ausgeübten Betriebsratstätigkeit nicht übertragen werden. Wegen der Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Ausführungen unter II des Beschlusses (Bl. 39-44 der Akten) verwiesen.

Dieser Beschluss wurde dem Vertreter des Betriebsrats am 24. Oktober 2013 zugestellt. Er hat dagegen mit einem am 21. November 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis 24. Januar 2014 am 24. Januar 2014 begründet.

Der Betriebsrat rügt, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht zwischen der zur Nachtzeit geleisteten arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit und der zur selben Zeit tatsächlich geleisteten Betriebsratstätigkeit unterschieden. Die Differenzierung zwischen der im Rahmen eines Ehrenamts geleisteten Betriebsratstätigkeit und der erbrachten Arbeitsleistung überzeuge nicht. § 3b EStG bezwecke einen finanziellen Ausgleich für die besonderen Erschwernisse und Belastungen der zur Nachtzeit geleisteten Tätigkeit. Dies gelte auch für die zur Nachtzeit geleistete Betriebsratstätigkeit.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 15. August 2013 -4 BV 6/13- zugestellt am 24. Oktober 2013 abzuändern und

festzustellen, dass die Mitglieder des Betriebsrats wegen ihrer Tätigkeit benachteiligt werden wenn sie für die Teilnahme an Betriebsratssitzungen in der Nacht und sonn- oder feiertags keine steuerfreien Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge erhalten, ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge