Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflichtung des Arbeitgebers zur Einhaltung des sich aus einer Betriebsvereinbarung ergebenden Dienst- bzw. Schichtplans
Leitsatz (redaktionell)
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, keine Arbeit ohne oder außerhalb eines auf einer Betriebsvereinbarung beruhenden Dienstplans anzuordnen oder entgegenzunehmen. Ein entsprechender Anspruch des Betriebsrats auf Unterlassung ergibt sich aus der gem. §§ 87 Abs. 1 Nr. 2, 3, 77 Abs. 6 BetrVG nachwirkenden Betriebsvereinbarung.
Normenkette
BetrVG § 77
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 26.06.2013; Aktenzeichen 15 BV 112/13) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26. Juni 2013 - 15 BV 112/13 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass von den Unterlassungsverpflichtungen zu 1) und 2) arbeitskampfbedingte Arbeitszeitanordnungen und solche gegenüber leitenden Angestellten im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG ausgenommen sind.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der für den Betrieb der Beteiligten zu 2) in A gewählte Betriebsrat begehrt von der Arbeitgeberin die Unterlassung der Anordnung und/oder Entgegennahme von Arbeitsleistung ohne oder außerhalb des Dienstplans, soweit diese ohne seine Zustimmung erfolgt sind. Es bestehen zur Arbeitszeit mehrere gekündigte Betriebsvereinbarungen (Bl. 8 ff. d. A.), u.a. die BV Schichtarbeit (Bl. 27 ff. d. A.). In den Abteilungen ITD (EDV-Abteilung), Inside Sales, NNP Control und HUB erfolgten in der Vergangenheit Arbeitseinsätze von Arbeitnehmern ohne oder entgegen dem Schichtplan. Zu den Einzelheiten wird auf Seite 2 bis 4 der Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Der Betriebsrat ist der Ansicht gewesen, die Arbeitgeberin habe diese schichtplanwidrigen Einsätze zu unterlassen.
Der Betriebsrat hat beantragt,
1. der Beteiligten zu 2) aufzugeben, es zu unterlassen, Arbeit anzuordnen oder entgegenzunehmen, wenn für diesen Arbeitnehmer kein mit dem Betriebsrat vereinbarter oder von einer Einigungsstelle entschiedener Dienstplan vorliegt;
2. der Beteiligten zu 2) aufzugeben, es zu unterlassen, Arbeit anzuordnen oder entgegenzunehmen, wenn die Tätigkeit außerhalb eines mit dem Betriebsrat vereinbarten oder von der Einigungsstelle geschaffenen Dienstplans erfolgt,
- soweit nicht Urlaubstage, krankheitsbedingte und andere Fehlzeiten sowie Schichttausch oder der Wunsch des Arbeitnehmers, zu anderen Zeiten zu arbeiten, Grund der Änderung war,
- soweit nicht Schicht-/Dienstplanänderungen, die durch Flug-/Lkw-Verspätungen, Flug-/Lkw-Ausfälle oder längere EDV-Ausfälle verursacht wurden;
3. der Beteiligten zu 2) für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu EUR 10.000 anzudrohen.
Die Beteiligte zu 2) hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 2) hat gemeint, die fraglichen Einsätze seien auf eigenen Wunsch der Arbeitnehmer erfolgt oder diese hätten die Schichten getauscht. Außerdem hätten sich die Betriebsparteien darauf verständigt, dass nach Genehmigung der Soll-Schichtpläne bei Änderungen so verfahren werde, dass nicht jede Änderung sofort am selben Tag angezeigt werden müsse, sondern erst am Monatsende ein Ist-Schichtplan mit diesen Änderungen eingereicht werde und die Änderungen erklärt und besprochen würden. Das werde seit vielen Jahren vom Betriebsrat unbeanstandet so praktiziert. Zumindest in diesen Bereichen habe es eine zwischen Management und Betriebsrat geübte Praxis gegeben, eventuelle Überstunden, welche in Abweichung von dem mitbestimmten Schichtplan notwendig gewesen seien, arbeitgeberseitig anzuordnen und am Ende des Monats mit dem Ist-Schichtplan beim Betriebsrat einzureichen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten, ihrer Anträge und des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhaltes und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf die Sachdarstellung des angefochtenen Beschlusses (zu I.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat den Anträgen durch Beschluss vom 26. Juni 2013 - 15 BV 112/13- stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Unterlassungsanspruch ergebe sich aus § 23 Abs. 1 BetrVG. Die Arbeitgeberin habe unter Missachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats ohne einen Dienstplan oder außerhalb des vereinbarten Dienstplanes arbeiten lassen. Selbst wenn der Vortrag der Arbeitgeberin zur verabredeten und geübten abweichenden Praxis zuträfe, verbliebe es bei einer großen Zahl unstreitiger Verstöße. Im Übrigen fehle es zu den behaupteten Absprachen bzw. Regelungsabreden an konkretem Vortrag. Im Anhörungstermin hätten auf Nachfrage des Gerichts keine Angaben zu den konkreten Umständen der Absprachen gemacht werden können. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die arbeitsgerichtlichen Beschlussgründe verwiesen.
Gegen den ihr am 24. Sept. 2013 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte zu 2) am 23. Okt. 2013 per Telefax Beschwerde eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung...