Entscheidungsstichwort (Thema)
Bildung einer Einigungsstelle wegen Interessenausgleich und Sozialplan sowie Einführung eines EDV-Systems. Scheitern des innerbetrieblichen Einigungsversuchs, Antragstellung auf Bildung einer Einigungsstelle bei (noch) nicht gegebener Uneinigkeit über die Besetzung der Einigungsstelle (hier: Person des Vorsitzenden)
Leitsatz (amtlich)
Die Einleitung des Verfahrens nach § 76 Abs. 2 BetrVG i.V. mit § 98 ArbGG zur Bildung einer Einigungsstelle ist nicht deshalb unbedingt unzulässig und hindert nicht jedenfalls von vornhinein eine Sachentscheidung, weil die verfahrenseinleitende Antragstellung beim Arbeitsgericht bereits erfolgt ist noch bevor sich die Gegenseite zum Vorschlag der antragstellenden Seite zur Besetzung der Einigungsstelle geäußert hat.
Ist das Scheitern des innerbetrieblichen Einigungsstellenversuchs zum Zeitpunkt der Antragstellung als gegeben anzunehmen, so ist es für die Möglichkeit einer Sachentscheidung (betr. Bildung der Einigungsstelle) ausreichend, wenn (spätestens) im Anhörungstermin vor dem Arbeitsgericht die Uneinigkeit über die Besetzung der Einigungsstelle (Person des Vorsitzenden und/oder Zahl der Beisitzer) zutage tritt und feststeht.
Normenkette
BetrVG § 76 Abs. 2; ArbGG § 98; BetrVG §§ 111f, 87 Abs. 1 Nr. 6
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 08.04.2003; Aktenzeichen 3 BV 187/03) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrates gegen denBeschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 08.04.2003 – 3 BV 187/03 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten auch zweitinstanzlich in dem vom Arbeitgeber (Beteiligten zu 1./Antragsteller) eingeleiteten Verfahren nach § 76 Abs. 2 BetrVG i.V.m. § 98 Abs. 1 ArbGG um die Bildung einer Einigungsstelle mit dem Gegenstand Versuch eines Interessenausgleichs und Aufstellung eines Sozialplans hinsichtlich Betriebsänderung sowie Regelung der Einführung und Anwendung des IT-Systems „wohndata”.
Im Hinblick auf die geplante Betriebsänderung hatten mindestens seit Februar 2003 innerbetriebliche Verhandlungen zwischen den Beteiligten stattgefunden. – Nach einer Verhandlung am 25.03.2003 erklärte der Arbeitgeber mit zwei Schreiben vom 26.03.2003 die Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan bzw. über die Einführung und Anwendung des Systems „wohndata” für gescheitert, erklärte jeweils die Anrufung der Einigungsstelle und machte Vorschläge zur Person des Vorsitzenden der Einigungsstellen und zur Zahl der Beisitzer. Für die Übermittlung der Zustimmung zur Bildung der Einigungsstelle zur Person des Einigungsstellenvorsitzenden und der Zahl der Beisitzer setzte der Arbeitgeber eine Frist bis zum 28.03.2003. – Mit Antragsschrift vom 26.03.2003 – am 28.03.2003 beim Arbeitsgericht eingegangen, am 03.04.2003 dem Betriebsrat zugestellt – stellte der Arbeitgeber die zur Bildung der Einigungsstellen erforderlichen Anträge. – Mit Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats vom 27.03.2003 brachte der Betriebsrat zum Ausdruck, die Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan seien nicht gescheitert und widersprach einer Bestimmung der vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Person zum Einigungsstellenvorsitzenden.
Wegen des zugrunde liegenden Sachverhalts im Übrigen, des Vorbringens der Beteiligten und ihrer Anträge in erster Instanz wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 08.04.2003 (aufgrund mündlicher Anhörung vom 08.04.2003) den Anträgen des Arbeitgebers – weitgehend, abgesehen von der Person des Einigungsstellenvorsitzenden (statt wie beantragt, Herr B. Herr L.) – entsprochen.
Gegen diesen Beschluss, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung verwiesen wird, richtet sich die Beschwerde des Betriebsrats, mit der er die Zurückweisung der Anträge des Arbeitgebers weiterverfolgt. – Wegen der für die Zulässigkeit der Beschwerde erheblichen Daten wird auf die Feststellungen zur Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 10.06.2003 Bezug genommen.
Der Betriebsrat hält daran fest, die internen Verhandlungsmöglichkeiten zwischen den Beteiligten seien noch nicht ausgeschöpft, die innerbetrieblichen Verhandlungen seien tatsächlich nicht gescheitert und die Beteiligten befänden sich noch inmitten der Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan. Den Vorwurf einer Verzögerung der innerbetrieblichen Verhandlungen weist der Betriebsrat zurück. Insbesondere habe noch ein berechtigtes Informationsbedürfnis bestanden, dem der Arbeitgeber nicht Rechnung getragen habe. Wegen nicht gegebenen Bedarfs für die Bildung der Einigungsstellen hätten diese nicht durch gerichtliche Entscheidung gebildet werden dürfen. – Die Einführung des Systems „wohndata” sei bis 26.03.2003 nicht Verhandlungsgegenstand gewesen. – Die Erwirkung eines „Vorratsbeschlusses”, worauf die Vorgehensweise des Arbeitgebers hinauslaufe, sei jedenfalls angesichts der Weiterführung der Verhandlungen nicht zulässig und auch nicht im Betriebsverfassungs...