Entscheidungsstichwort (Thema)

Weiterbeschäftigung für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für den Beginn der Zwangsvollstreckung auch aus arbeitsgerichtlichen Titeln ist es ausreichend, wenn der Titel dem Schuldner – in abgekürzter Form – im Parteibetrieb zugestellt worden ist (entgegen LAG Frankfurt. Beschl. v. 29.08.1985 – 3 Ta 188/85).

2. Ein Titel, der die Verpflichtung des Schuldners zur Beschäftigung des Gläubigers als Arbeitnehmer ausspricht, hat nur dann einen vollstreckungsfähigen Inhalt, wenn die Einzelheiten der Beschäftigung, ggfs. im Wege der Auslegung anhand des Tatbestandes und der Gründe, für jeden Dritten aus dem Tenor ersichtlich sind.

3. Ergeben sich die Einzelheiten aus einer Urkunde, muß diese Bestandteil des Urteils sein.

Das ist bei einem abgekürztem Urteil nur dann der Fall, wenn die Urkunde mit dem abgekürzten Urteil zusammen zugestellt worden ist.

 

Normenkette

GG Art. 1-2; BGB §§ 242, 611 Abs. 1; ZPO § 888 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 21.04.1987; Aktenzeichen 1 Ca 44/87)

 

Tenor

Der Beschluß des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 21. April 1987 – 1 Ca 44/87 – wird aufgehoben.

Der Antrag des Klägers vom 03. April 1987 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahren. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt DM 10.000,–.

 

Tatbestand

I. Der Kläger ist seit dem 1. Juli 1969 auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 23. Mai 1969 Angestellter der Beklagten, zuletzt als Angebotsplaner im Fachgebiet „Medizintechnik”. Unter dem 5. Februar 1985 erteilt ihm die Beklagte ein Zwischenzeugnis (Bl. 8 und 9 der Akte). Die monatliche Vergütung des Klägers bis zum 31. März 1987 betrug DM 4.625,– brutto. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31. März 1987 mit Schreiben vom 29. Juli 1986 verhaltensbedingt und nochmals mit Schreiben vom 30. September 1986 betriebsbedingt. Durch am 19. Januar 1987 verkündetes Urteil – 1 Ca 207/86 – stellte das Arbeitsgericht Frankfurt am Main auf die von dem Kläger erhobene Kündigungsschutzklage fest, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch beide Kündigungen nicht aufgelöst worden ist. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, die unter dem Aktenzeichen 1/11 Sa 317/87 bei der erkennenden Kammer des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main anhängig ist. Mit einer weiteren Klage vom 17. Februar 1987 – 1 Ca 44/87 – begehrte der Kläger von dem Arbeitsgericht Frankfurt an Main,

die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den vertragsgemäßen Bedingungen als Mitarbeiter in der zentralen Planungs- bzw. Angebotsabteilung der Beklagten in Frankfurt am Main, O. W. 151, über den 31. März 1987 hinaus weiterzubeschäftigen.

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den vertragsgemäßen Bedingungen entsprechend dem Arbeitsvertrag vom 23. Mai 1969 weiterzubeschäftigen.

Der Arbeitsvertrag vom 23. Mai 1969 befindet sich nicht in der Akte.

Das Arbeitsgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 16. März 1987 auf den Hilfsantrag des Klägers die Beklagte verurteilt, den Kläger gemäß Arbeitsvertrag vom 23. Mai 1969 über den 31. März 1987 hinaus weiterzubeschäftigen und im übrigen die Klage abgewiesen. Über den Inhalt des Arbeitsvertrages vom 23. Mai 1969 ist dem Tatbestand und den Gründen des Urteils nichts zu entnehmen; es findet sich lediglich die Bemerkung, der Kläger habe nicht schlüssig dargelegt, daß sich sein arbeitsvertraglich zulässiger Einsatz auf den im Hauptantrag bezeichneten Arbeitsbereich verengt habe. Der Hinweis auf das Zwischenzeugnis belege das nicht. Im übrigen wird zu Tatbestand und Gründen des Urteils auf Bl. 41 – 44 d.A. verwiesen.

Hiergegen hat die Beklagte bereits vor der am 28. April 1987 an sie erfolgten Zustellung des Urteils am 30. März/1. April 1987 Berufung eingelegt (1 Sa 446/87). Das Arbeitsgericht Frankfurt erteilte dem Kläger auf seinen Antrag eine abgekürzte vollstreckbare Ausfertigung des Urteils. Diese stellte der Kläger der Beklagten zu Händen ihres Prozeßbevollmächtigten am 17. März 1987 im Parteibetrieb (Empfangsbekenntnis Bl. 53 d.A.) zu. Nachdem die Beklagte am 1. und 2. April 1987 durch ihren Personalleiter eine Beschäftigung des Klägers abgelehnt hatte, hat der Kläger am 3. April 1987 bei dem Arbeitsgericht Frankfurt beantragt,

gegen die Schuldnerin wegen der Nichtvornahme der Weiterbeschäftigung im Rahmen des Arbeitsvertrages vom 23. Mai 1969 gemäß dem Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 16. März 1987, Aktenzeichen 1 Ca 44/87, das Zwangsmittel der Haft des Geschäftsführers F. O. anzuordnen,

äußerst hilfsweise,

gegen die Schuldnerin ein Zwangsgeld in Höhe von zumindest DM 20.000 festzusetzen und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, die Zwangshaft des Geschäftsführers Ferdinand Oberniedermayr anzuordnen.

Die Beklagte hat beantragt,

den Antrag vom 3. April 1987 zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht gewesen, die beantragte Festsetzung des Zwangsmittels der Zwangshaft und die Höhe des in Aussicht genommenen Zwangsgeldes sei...

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