Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozeßkostenhilfe. Beschwerde des Klägers gegen die Verweigerung der beantragten Prozeßkostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
1. Gem. § 115 Abs. 4 ZPO i.d.F. des Art. 7 S 1 Nr. 2 lit b) Gesetz zur Änderung von Kostengesetzen vom 9. Dezember 1986 (BGBl I S. 2326) ist das Einkommen des Ehegatten des Antragstellers bei der Gewährung von Prozeßkostenhilfe nur noch dann dem des Antragstellers hinzuzurechnen, wenn infolgedessen eine geringere oder keine Monatsrate zu zahlen ist.
2. Gem. § 120 Abs. 4 ZPO i.d.F. des Art. 7 § 1 Nr. 4 lit. b) Gesetz zur Änderung von Kostengesetzen kann die Entscheidung über zu leistende Zahlungen geändert werden, wenn sich die Maßgeblichen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Letztere sind demgemäß auch bei rückwirkender Bewilligung maßgeblich.
3. Eine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse ist auch die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe in einem oder mehreren – weiteren – Rechtsstreit (en) mit Ratenzahlung, da die Tabelle (Anlage 1, zu § 114 ZPO) von einem Rechtsstreit ausgebt.
4. Bei Bewilligung von Prozeßkostenhilfe mit Ratenzahlung in mehreren Rechtsstreiten sind die festzusetzenden Raten nach dem Verhältnis der Streitwerte zueinander auf die Rechtsstreite aufzuteilen. Sind in einem Rechtsstreit bereits Raten in voller Höhe festgesetzt, sind diese entsprechend herabzusetzen.
5. Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes gem. § 121 ZPO oder § 11 a ArbGG erstreckt sich auch ohne ausdrücklichen Ausspruch stets auf den Abschluß eines Vergleiches und auch Insoweit, als in diesen noch nicht oder anderweitig streitbefangene Ansprüche
Normenkette
ZPO n.F § 114 Abs. 4, § 115 Abs. 4; ZPO § 120 Abs. 4, 7, § 121 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Gießen (Beschluss vom 12.01.1987; Aktenzeichen 1 Ca 434/86) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Gießen vom 12. Januar 1987 – 1 Ca 434/86 – teilweise abgeändert:
Dem Kläger wird rückwirkend auf den Beginn der Güteverhandlung am 28. Oktober 1986 für den Klageantrag zu 1) Prozeßkostenhilfe bewilligt.
Zur Wahrnehmung seiner Rechte in dem Verfahren erster Instanz ausschließlich der Zwangsvollstreckung wird ihm der Rechtsanwalt A. A. in L. beigeordnet, jedoch unter Ausschluß der Erstattungsfähigkeit von Reisekosten, Tage- und Abwesenheitsgeldern.
Die Beiordnung erstreckt sich auf den Abschluß eines Vergleichs.
Die teilweise Bewilligung der Prozeßkostenhilfe erfolgt mit der Maßgabe, daß die monatlich zu zahlenden Raten auf 90,– DM festgesetzt werden, und unter dem Vorbehalt, daß dieser Betrag herabzusetzen ist, wenn dem Kläger auch in dem Rechtsstreit 1 Ca 440/86 Arbeitsgericht Gießen Prozeßkostenhilfe unter Festsetzung von Raten bewilligt werden sollte.
Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger zu zwei Dritteln.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 1.266,54 DM.
Gründe
Der Kläger war bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt, seit dem 19. Mai 1985 als Kraftfahrer zu einer Vergütung von zuletzt rund 1.800,– DM netto tätig. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 30. September 1986 fristlos. Im Laufe des Rechtsstreits behauptete die Beklagte, dem Kläger bereits am 12. September 1986 fristlos gekündigt zu haben, nachdem sie ihm gegenüber einen Urlaubsantrag habe ablehnen müssen und er daraufhin der Arbeit ferngeblieben sei, ohne sich zu melden.
Der Kläger hat mit der am 6. Oktober 1986 bei dem Arbeitsgericht Gießen eingegangenen Klage 1 Ca 434/86 beantragt,
- festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 30.09.1986 aufgelöst worden ist;
- die Beklagte zu verurteilen, den Arbeitslohn des Klägers für den Monat September 1986 abzurechnen und den sich daraus ergebenden Betrag netto an den Kläger zu zahlen.
Am 10, Oktober 1986 hat der Kläger eine weitere Klage 1 Ca 440/86 bei dem Arbeitsgericht Gießen eingereicht mit dem Antrag,
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger mit sofortiger Wirkung nach Verkündung einer erstinstanzlichen Entscheidung in dem inzwischen unter dem Aktenzeichen 1 Ca 434/86 anhängigen Kündigungsrechtsstreit bis zu dessen rechtskräftigem Abschluß weiterzubeschäftigen.
In diesem Rechtsstreit hat er mit Schriftsatz vom 16./17. Oktober 1986 beantragt,
ihm Prozeßkostenhilfe zu bewilligen und den Unterzeichneten (seinen Prozeßbevollmächtigten) als Anwalt beizuordnen.
Er hat eine „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse” und Ablichtung eines Versicherungsscheins der Hamburg-Mannheimer Rechtsschutzversicherungs AG vom 17. September 1986 für die Zeit vom 1. September 1986 bis 1. September 1987 beigefügt, zu deren Inhalt auf Bl. (B) 2 d.A. 1 Ca 440/86 ArbG Gießen Bezug genommen wird.
Das Arbeitsgericht gab ihm mit Schreiben vom 17. Oktober 1986 u. a. auf, Verdienstbescheinigung seiner Ehefrau einzureichen und darzulegen, warum die Rechtsschutzversicherung...