keine Angaben zur Rechtskraft
Entscheidungsstichwort (Thema)
Versetzung. Unterlassung. Teilbeschluss
Leitsatz (amtlich)
1. Im Beschlussverfahren ist eine Entscheidung durch Teilbeschluss unzulässig, wenn mehrere in einem Verfahren anhängige prozessuale Ansprüche in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen und durch einen Teilbeschluss die Gefahr divergierender Entscheidungen ggf. auch erst im Rechtsmittelverfahren entsteht.
2. Ein auf die zukünftige Unterlassung von Versetzungen ohne Beteiligung des Betriebsrats gemäß §§ 99, 100 BetrVG gerichteter Antrag ist auch dann zulässig, wenn die Beteiligten im Anlassfall über die Auslegung des Begriffs Versetzung streiten.
3. Der Arbeitgeber verletzt betriebsverfassungsrechtliche Pflichten nicht grob im Sinne von § 23 Abs. 3 BetrVG, wenn er in einem Grenzfall mit vertretbaren Gründen vom Nichtvorlegen eines Mitbestimmungsrechtes ausgeht.
Normenkette
ZPO §§ 253, 301; BetrVG §§ 23, 95, 99-100
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 01.02.2005; Aktenzeichen 10 BV 426/04) |
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 23.11.2004; Aktenzeichen 10 BV 426/04) |
Tenor
Die Beschwerden des Antragstellers gegen den Teil-Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 23. November 2004 sowie gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 01. Februar 2005 – 10 BV 426/04 – werden zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
A.
Die Beteiligten streiten über Rechtsansprüche aufgrund der Umsetzung eines Arbeitnehmers.
Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin beschäftigt an elf Standorten in Deutschland etwa 800 Arbeitnehmer. Der antragstellende Betriebsrat repräsentiert die etwa 220 Arbeitnehmer der Zentrale. Die Arbeitgeberin vereinbarte mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat in der Gesamtbetriebsvereinbarung „Human Ressources”, dass vor Einstellungen, „nachhaltigen Änderungen des Aufgabengebiets (mindestens 20 %) und Versetzungen” der zuständige Betriebsrat zu unterrichten ist (§ 1) und dass alle gemäß § 93 BetrVG zu besetzenden Stellen deutschlandweit auszuschreiben sind (§ 4).
Unter dem 02. April 2004 teilte die Arbeitgeberin mit, dass der bisherigen „Accounting & Finance Manager” A zum „Revenue Cycle Manager” „befördert” worden sei. Der Betriebsrat war dabei nicht beteiligt worden. Herr A hatte vor der Maßnahme Personalverantwortung für vier nachgeordnete Arbeitnehmer. In seiner neuen Position sind ihm neun Arbeitnehmer zugeordnet, darunter drei seiner bisherigen Mitarbeiter. Aufgrund der Maßnahme ist Herr A dem „Financial Controller” unmittelbar unterstellt, der bisher der Vorgesetzte seines Vorgesetzten war. Arbeitsort und der größere Teil seiner bisherigen Aufgaben blieben unverändert. Im Rahmen der unternehmensweiten Gehaltsüberprüfung „ACR” wurde das Gehalt von Herrn A Mitte 2004 um 6,55% erhöht. Wegen der weiteren Einzelheiten des Verantwortungsbereichs von Herrn A wird auf S. 3 des Beschlusses vom 01. Februar 2005 sowie auf die Organigramme in der Anlage A 2 zur Antragsschrift und in der Anlage A 3 zum Schriftsatz vom 12. Oktober 2004 sowie auf die Stellenbeschreibungen in den Anlagen AG 1 und 2 zum Schriftsatz vom 30. August 2004 Bezug genommen.
Nachdem der Betriebsrat geltend gemacht hatte, es habe sich bei der Maßnahme um eine mitbestimmungspflichtige Versetzung gehandelt, bot die Arbeitgeberin am 24. Mai 2004 dem Betriebsrat an, die Stelle auszuschreiben und sodann ein Zustimmungsverfahren nach § 99 BetrVG einzuleiten. Der Betriebsrat ging darauf nicht ein, weil er die Maßnahme als solche billigt. Wegen der aus seiner Sicht durch die Maßnahme eingetretenen Rechtsverletzung nahm er die Arbeitgeberin im vorliegenden Verfahren zunächst auf Unterlassung der Durchführung von Versetzungen ohne Wahrung des Verfahrens nach §§ 99, 100 BetrVG in Anspruch. Diesen Antrag ergänzte er im Verlauf des Verfahrens durch mehrere Hilfsanträge.
Der Betriebsrat hat behauptet, die Tätigkeit von Herrn A habe sich um mehr als 20 % geändert. Herr A sei auch Fachvorgesetzter der ihm unterstellten Arbeitnehmer. Die Gehaltserhöhung sei aufgrund der Beförderung gewährt worden.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, es handele sich um einen groben Verstoß im Sinne von § 23 Abs. 3 BetrVG, zumal die Arbeitgeberin vor Abschluss eines Vergleichs in dem Beschlussverfahren Arbeitsgericht Frankfurt am Main – 2 BV 567/04 – dem Betriebsrat die Überlassung von Gehaltsdaten für die Gehaltsrunde „ACR” in Form einer eine Bearbeitung zulassenden PDF-Datei anstelle eines Excel-Sheets verweigert und vor der Versetzung der Mitarbeiter E und F vom Betriebsrat einen Verzicht auf eine Ausschreibung verlangt habe, um Bewerbungsgespräche zu sparen.
Die Arbeitgeberin hat das Vorliegen einer Versetzung bestritten und behauptet, die Aufgabe von Herrn A habe sich nicht um mindestens 20 % geändert. Im Wesentlichen sei lediglich die Personalverantwortung erweitert worden. Gegenüber den Mitarbeitern B, C und D sei Herr A nur disziplinarischer, nicht aber fachlicher Vorgesetzter. ...