keine Angaben zur Anfechtbarkeit

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialplan. Dotierung. Berechnungsdurchgriff. Anfechtung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Fall einer Ausgliederung gemäß § 123 Abs. 3 UmwG haftet der übertragende Rechtsträger in entsprechender Anwendung von § 134 Abs. 1 UmwG für die binnen fünf Jahren nach der Spaltung begründeten Forderungen aufgrund der §§ 111113 BetrVG gesamschuldnerisch mit dem übernehmenden Rechtsträger. Dies führt zu einem Berechnungsdurchgriff bei der Sozialplandotierung auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des übertragenden Rechtsträgers.

2. Ein Berechnungsdurchgriff auf die Gesellschafter des Arbeitgeberunternehmens bei der Sozialplandotierung ist geboten, wenn dieses durch eine von vornherein wirtschaftlich unpraktikable Ausgliederung gegründet wurde, deren Nachteile notwendig zu Lasten der Gläubiger gehen mussten, und der Betrieb des Unternehmens lediglich durch Darlehen der Gesellschafter ermöglicht wurde.

3. Die gesetzliche Wertung von § 1 a Abs. 2 Satz 1 KSchG kann nicht auf die Abfindungsbemessung in Sozialplänen übertragen werden. Auch in durch den Spruch einer Einigungsstelle zustandegekommenen Sozialplänen kann die Zugrundelegung eines Faktors von mehr als einem Bruttomonatsgehalts pro Beschäftigungsjahr bei der Abfindungsbemessung ermessensfehlerfrei sein.

 

Normenkette

BetrVG 112; UmwG 134; KSchG 1a

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Beschluss vom 14.02.2008; Aktenzeichen 12 BV 42/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2.) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 14. Februar 2008 – 12 BV 42/07 – abgeändert:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten über die Anfechtung eines Sozialplans.

Die antragstellende Arbeitgeberin betrieb die A, eine Rehaklinik in B mit 195 Betten. In dieser wurden bei ihrer Übernahme durch die Arbeitgeberin 139 Arbeitnehmer beschäftigt, die von dem zu 2) beteiligten Betriebrat repräsentiert werden. Alleinige Gesellschafterin der Arbeitgeberin ist die C AG (nachfolgend KS AG), die ihrerseits zu 93,8% im Eigentum der Konzernobergesellschaft D AG (MK AG) steht. Sitz beider Obergesellschaften ist E. Mehrheitsaktionär und Aufsichtsratsvorsitzender der MK AG ist der Gründer der Unternehmensgruppe F. Zu dem Konzern gehören verschiedene Betriebsgesellschaften, die mehr als 100 Kliniken und Altenheime in Deutschland betreiben. Konzernangehörig sind weiter drei Dienstleistungsgesellschaften, die sog. „Pro-Gesellschaften”, die für die Einrichtungen der Betriebsgesellschaften Dienstleistungen in den Bereichen Catering, Reinigung und Haustechnik erbringen. Im Konzern gilt ein der Kostenoptimierung und der Qualitätssicherung dienendes einheitliches Bestellwesen. Das Marketing der Konzerngesellschaften wird zentral durchgeführt. Die Konzernunternehmen verwenden einheitliche Personalstammdatenblätter. Ein weiteres Konzernunternehmen erbringt konzerneinheitlich Verwaltungsdienstleistungen. Die MK AG verfügte zum 31. März 2006 neben Pensionsrückstellungen über weitere Rückstellungen in Höhe von gut EUR 22 Mio. Zum 31. März 2007 erhöhte sich diese Summe um etwa EUR 14 Mio. Gleichzeitig erzielte der Konzern in der Zeit vom 01. Juli 2006 bis zum 31. März 2007 einen Überschuss in Höhe von EUR 9,2 Mio. Der Aufsichtsratsvorsitzende der MK AG hatte im November 2006 gegenüber der Presse erklärt, der Konzern strebe eine Konzentration auf Altenpflegeeinrichtungen zu Lasten der defizitären Rehabilitationseinrichtungen an. Der Vorstand müsse alles tun, um weitere Rehahäuser „los zu werden”.

Die KS AG gehörte zunächst zu den Betriebsgesellschaften. Sie betrieb sechs Rehakliniken einschließlich der A. Sie war und ist Eigentümerin von fünf der sechs Klinikimmobilien. Lediglich das Gebäude der A war von der nicht konzernangehörigen Firma A GmbH zu einem Pachtzins von knapp EUR 54.000 pro Monat gepachtet. Der am 07. März 2001 geschlossene Pachtvertrag hatte eine Laufzeit bis in das Jahr 2016 und enthielt in seinem § 3 Abs. 1 die Verpflichtung des Pächters, den Pachtgegenstand zum Betrieb eines Klinikums zu nutzen. Die KS AG hatte zum 30. Juni 2005 einen Anlagewert von gut EUR 49 Mio. In dem vom 01. Juli 2004 bis zum 30. Juni 2005 laufenden Geschäftsjahr erwirtschaftete sie einen Verlust von EUR 15,96 Mio. Im vorherigen Geschäftsjahr hatte der Verlust EUR 10,88 Mio. betragen. In einem Bericht der mit dem Abschluss der KS AG für das Geschäftsjahr 2004/ 2005 befassten Wirtschaftsprüfer vom 28. September 2005 heißt es:

„Darüber hinaus ist die Gesellschaft von der Unterstützung ihrer Muttergesellschaft abhängig, die sich im Rahmen einer erteilten Patronatserklärung zur jederzeitigen Bereitstellung notwendiger Zahlungsmittel verpflichtet hat. Der Fortbestand der Gesellschaft wäre ernsthaft gefährdet, wenn die Muttergesellschaft ihren Verpflichtungen aus der erteilten Patronatserklärung nicht nachkommt.”

Im Mai 2006 gab die MK AG zugunsten der KS AG eine erneute Patronatserklärung ab, deren Laufzeit ...

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