Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienstplan. paritätisch besetzte Kommision. Uneinigkeit der Betriebspartner über die Gestaltung von Dienstplänen. Anforderungen an eine Einigungsstelle
Leitsatz (amtlich)
Die in einer Betriebsvereinbarung vorgesehene Regelung, bei Uneinigkeit der Betriebspartner über die Gestaltung von Dienstplänen eine paritätisch besetzte Kommission anzurufen, ist unwirksam.
a) Eine paritätisch besetzte Kommission kann nicht als Einigungsstelle im Sinne des Gesetzes qualifiziert werden.
b) Den Betriebsparteien ist es betriebsverfassungsrechtlich verwehrt, an die Stelle der Einigungsstelle eine betriebliche Schiedsstelle zu setzen.
Normenkette
BetrVG §§ 76, 86-87
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 16.10.2012; Aktenzeichen 9 BVGa 793/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 16. Oktober 2012 - 9 BVGa 793/12 - abgeändert.
Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats die Anordnung von Arbeitsleistung im Betrieb A durch Dienstpläne, die auf der seit 01. Juli 2002 geltenden Betriebsvereinbarung für das Restaurant B beruhen, zu unterlassen, es sei denn, die Zustimmung des Betriebsrats gilt als erteilt oder sie wird durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt.
Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung wird der Arbeitgeberin ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000,00 Euro angedroht.
Gründe
A. Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens über Unterlassungsansprüche wegen der Umsetzung von Dienstplänen ohne vorherige Beteiligung des Betriebsrats.
Die Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeberin) betreibt eine Restaurantkette. Der Beteiligte zu1) (im Folgenden: Betriebsrat) repräsentiert die rund 35 Arbeitnehmer/innen, die in der Betriebsstätte A in C beschäftigt werden.
Am 13. Juni 2002 schlossen die Beteiligten eine Betriebsvereinbarung zur Dienstplangestaltung und Arbeitszeitregelung in der unter anderem Folgendes vereinbart wurde:
"Ziff. 3. c) Pflichten des Betriebsrats
...
Der Betriebsrat ist verpflichtet, innerhalb von zwei Kalendertagen nach Zugang der Dienstpläne über die Zustimmung zu entscheiden (bis spätestens Donnerstag 15:00 Uhr).
Wird eine Entscheidung nicht innerhalb dieses Zeitraums mitgeteilt, gilt der Dienstplan als gebilligt.
Es ist sicherzustellen, dass dem Betriebsrat zur Beratung über die Zustimmung die nach dem BetrVG erforderliche Freistellung gewährt wird.
Meinungsverschiedenheiten sollen erörtert werden. Eine Zustimmungsverweigerung hat der Betriebsrat unter schriftlicher Angabe der Gründe und eines Vorschlags zur alternativen Dienstplangestaltung vorzunehmen. Einigen sich die Betriebsparteien über die Alternativgestaltung nicht, so tritt spätestens am Freitag um 18:00 Uhr eine Kommission zusammen, in die jede der Betriebsparteien zwei Mitglieder entsendet. Der Vorsitz alterniert zwischen den Betriebsparteien und der Vorsitzende hat zwei Stimmen. Die Kommission entscheidet mit Mehrheit verbindlich. Der Vorsitz bei der ersten Sitzung wird durch Los ermittelt."
Wegen des weiteren Inhalts der Betriebsvereinbarung wird auf Bl. 71 bis Bl. 75 d.A. verwiesen. Die Betriebsvereinbarung wurde vom Betriebsrat mit Schreiben vom 25. September 2012 zum 31. Dezember 2012 gekündigt. Den Dienstplanentwürfen der Arbeitgeberin für die 42. Kalenderwoche stimmte der Betriebsrat nicht zu. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf das Schreiben des Betriebsrats vom 02. Oktober 2012 - Bl. 82 d.A. - verwiesen. Eine Kommission gemäß Ziff. 3. c) der Betriebsvereinbarung trat nicht zusammen und es wurde auch keine Einigungsstelle gebildet. Gleichwohl haben die Arbeitnehmer in der 42. Kalenderwoche gemäß den Regelungen des Dienstplanes in dem Restaurant der Arbeitgeberin gearbeitet. Gegen die unterbliebene Beteiligung bei der Aufstellung der Dienstpläne wendet sich der Betriebsrat und begehrt den Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung. Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes sowie der Antragstellung im erstinstanzlichen Beschlussverfahren wird im Übrigen auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses - Bl. 109 bis Bl. 114 d.A. - Bezug genommen.
Durch Beschluss vom 16. Oktober 2012 hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main die Anträge des Betriebsrats zurückgewiesen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf Seite 6 bis 9 - Bl. 114 bis Bl. 117 d.A. - Bezug genommen. Gegen den am 16. Oktober 2012 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat am 17. Oktober 2012 beim Hessischen Landesarbeitsgericht Beschwerde eingelegt und sie sogleich begründet.
Der Betriebsrat verfolgt sein Unterlassungsbegehren unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter.
Der Betriebsrat beantragt zuletzt,
unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 16. Oktober 2012 - 9 BVGa 793/12 - der Arbeitgeberin aufzugeben, ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats die Anordnung von Arbei...