Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang des Auskunftsanspruchs des Konzernbetriebsrats zwecks Bestellung des Wahlvorstands. Auskunftsrecht zwecks Aufstellung von Wählerlisten. Auskunftsanspruch des Wahlvorstands gegenüber Arbeitgeber. Kein Anspruch des Konzernbetriebsrats auf Auskunft über personenbezogene Daten von Arbeitnehmern

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Konzernbetriebsrat benötigt nur die Auskünfte, die zur Bestellung des Wahlvorstands erforderlich sind. Dazu gehören nicht diejenigen Informationen, die der noch zu bestellende Wahlvorstand braucht, um die Wählerliste gemäß § 2 WahlO BetrVG aufzustellen. Insoweit besteht ein Auskunftsanspruch des Wahlvorstands gegenüber dem Arbeitgeber, § 2 Absatz 2 Satz 2 WahlO BetrVG.

Die hier vom Konzernbetriebsrat begehrten Daten (Namen, Geburts- und Eintrittsdatum der Arbeitnehmer eines Konzernunternehmens) benötigt er für die Errichtung des Wahlvorstands nicht. Er ist berechtigt, die betreffende Einrichtung aufzusuchen und dort Arbeitnehmer anzusprechen, ob sie bereit sind, das Amt des Wahlvorstands zu übernehmen. Auch ist ihm die telefonische Kontaktaufnahme zu ermöglichen. Die Namen der Mitarbeiter (und ihr Geburts- und Eintrittsdatum) benötigt er dafür nicht.

 

Normenkette

BetrVG § 80 Abs. 2, §§ 59, 17 Abs. 1, § 1 Abs. 1; ZPO § 91 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Kassel (Entscheidung vom 24.11.2020; Aktenzeichen 9 BV 10/19)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kassel vom 24. November 2020 – 9 BV 10/19 – teilweise abgeändert:

Die Anträge werden insgesamt zurückgewiesen.

Die Anschlussbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kassel vom 24. November 2020 – 9 BV 10/19 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über einen Auskunftsanspruch des Konzernbetriebsrats.

Antragsteller ist der bei der Beteiligten zu 2, einer Stiftung, gebildete Konzernbetriebsrat. Die Beteiligte zu 2 ist Alleingesellschafterin der A, der B und der C, die jeweils Behinderteneinrichtungen betreiben. Ferner ist die Beteiligte zu 2 Gesellschafterin der D, die ihrerseits Alleingesellschafterin der E ist, die in F ein Altenpflegeheim betreibt.

Der Antragsteller begehrt die Erteilung von Auskunft darüber, wie viele Männer und Frauen in der E aktuell beschäftigt sind sowie die Mitteilung von deren Namen und Vornamen, die Geburtsdaten und ihr Eintrittsdatum in dem Betrieb.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und der gestellten Anträge wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Beschluss unter I. (Bl. 117-123 der Akte) verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat dem Hilfsantrag stattgegeben und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen.

Dieser Beschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2 am 14. Januar 2021 zugestellt, der dagegen am 22. Januar 2021 Beschwerde eingelegt hat. Nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis 30. April 2021 hat er die Beschwerde am 30. April 2021 begründet. Diese ging am 7. Mai 2021 beim Vertreter des Antragstellers ein. Seine Anschlussbeschwerde ist am 7. Juni 2021 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

Die Beteiligte zu 2 rügt, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass der antragstellende Konzernbetriebsrat für die Arbeitnehmer der E nicht zuständig sei. Der Konzernbetriebsrat sei nur von den 3 Einrichtungen, die der Behindertenhilfe gewidmet sind, gebildet worden. Die Stiftung fungiere lediglich als Gesellschafterin. Jede Einrichtung werde selbständig geführt. Insbesondere nehme die Stiftung keinen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der D. Allein die Personenidentität des Geschäftsführers führe nicht dazu, dass es sich um einen Konzern handele. Insbesondere finde kein Personalaustausch statt. Die seit vielen Jahren praktizierte isolierte Handhabung sei in dem Entherrschungsvertrag vom 7. August 2020 dokumentiert worden; insoweit wird auf Bl. 93 ff. der Akte Bezug genommen. Dadurch würde die Möglichkeit der Einflussnahme über die Ausübung der Stimmrechte ausdrücklich negiert. Das Arbeitsgericht habe die Voraussetzungen für eine Konzernzugehörigkeit nicht korrekt geprüft. Die Errichtung eines Konzernbetriebsrats komme dann nicht in Betracht, wenn der Nachweis gelinge, dass trotz der Fähigkeit, einen beherrschenden Einfluss auszuüben, keine inhaltliche Leitung nach konzernrechtlichen Maßstäben stattfinde. Demgegenüber habe das Arbeitsgericht gemeint, es spiele keine Rolle, ob die Konzernleitung rechtlich begründet sei oder nur tatsächlich bestehe. Das Arbeitsgericht habe sodann auf die Personenidentität des Geschäftsführers, die identische Adresse sowie die Gesellschafterposition der Beteiligten zu 2 abgestellt. Diese Faktoren stellten jedoch eine rein formelle Verknüpfung dar. Vorliegend handele es sich allenfalls um einen Konzern im Konzern. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts stehe in Widerspruch zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21. Oktober 1980 -6 ABR 41/78. Auch in seiner Entscheidung vom 27...

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