Entscheidungsstichwort (Thema)
Sofortige Beschwerde und Rechtsschutzbedürfnis. Erfüllung nach Erlass eines Zwangsgeldbeschlusses. Aufhebung eines Zwangsgeldbeschlusses
Leitsatz (amtlich)
Die sofortige Beschwerde ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn der Schuldner nach Erlass des Zwangsgeldbeschlusses die ihm auferlegte Verpflichtung erfüllt; denn der Zwangsgeldbeschluss wird mit der Vornahme der geschuldeten Handlung ohne Weiteres gegenstandslos und bedarf keiner Aufhebung mehr.
Normenkette
ZPO § 888; BGB § 274 Abs. 2, § 322 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 11.03.2013; Aktenzeichen 10 Ca 2/12) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach vom 11. März 2013 - 10 Ca 2/12 - wird als unzulässig verworfen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Schuldner wendet sich mit seiner am 19.03.2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen einen ihm am 15.03.2013 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach vom 11.03.2013, durch den er zur Erfüllung der ihm mit rechtskräftigem Urteil des Hess. Landesarbeitsgerichts vom 22.10.2012 auferlegten Verpflichtung, ein qualifiziertes Arbeitszeugnis mit einem im Wortlaut vorgegebenen Inhalt zu erteilen, durch Verhängung von Zwangsgeld und ersatzweise Zwangshaft angehalten worden ist.
Das Hess. Landesarbeitsgericht hat den Schuldner mit seinem Urteil vom 22.10.2012 zur Zeugniserteilung Zug um Zug gegen Rückgabe des unter dem 31.12.210 erteilten Zeugnisses verurteilt und im Tenor weiter festgestellt, dass der Schuldner sich hinsichtlich der Entgegennahme des Arbeitszeugnisses im Annahmeverzug befinde.
Die Gläubigerin forderte den Schuldner erfolglos mit Schreiben vom 19.11.2012 zur Erteilung des Arbeitszeugnisses bis 16.11.2012 auf. Das Zeugnis ging der Gläubigerin tatsächlich erst am 14.03.2013 zu. Am 15.03.2013 sandte die Gläubigerin das ihr bereits erteilte Arbeitszeugnis an den Schuldner zurück und hat gegenüber dem Arbeitsgericht am 19.03.2013 ihren Zwangsvollstreckungsantrag in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Der Schuldner hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen. Die Gläubigerin beantragt nach Zustellung der sofortigen Beschwerde nunmehr, die sofortige Beschwerde des Schuldners zurückzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zwar gemäß § 62 Abs.2 S.1 ArbGG, 793 ZPO an sich statthaft und wurde gemäß § 569 Abs.1 ZPO innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Zwangsmittelbeschlusses eingelegt. Sie ist dennoch mangels eines Rechtsschutzbedürfnisses für die Aufhebung des Beschlusses unzulässig.
Die sofortige Beschwerde ist unzulässig, da die Schuldnerin den titulierten Anspruch auf Erteilung des qualifizierten Zeugnisses erst nach Erlass des Zwangsmittelbeschlusses erfüllt hat.
Wird die in Rede stehende Verpflichtung erst nach Erlass des Zwangsgeldbeschlusses erfüllt, wird die sofortige Beschwerde unzulässig, weil der Zwangsgeldbeschluss mit der Vornahme der Handlung ohne weiteres gegenstandslos wird. Er bedarf keiner Aufhebung im Beschwerdeverfahren mehr. Damit fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Aufhebung des Beschlusses. (Musielak/Lackmann ZPO 5. Aufl. § 888 Rz. 14, 15; OLG Zweibrücken InVo 1998; 330,331).
Die Erfüllung des titulierten Anspruchs ist hier erst nach dem Erlass des Zwangsmittelbeschlusses vom 11.03.2013, und zwar durch den von der Gläubigerin eingeräumten Zugang des korrigierten Zeugnisses am 14.03.2013 eingetreten.
Diesem Ergebnis stehen weder die einseitige Erledigungserklärung der Gläubigerin vom 19.03.2013 noch der Zugang des alten Arbeitszeugnisses beim Schuldner erst am 19.03.2013 entgegen.
Der neue Antrag der Gläubigerin nach Zustellung der sofortigen Beschwerde, diese zurückzuweisen, ist gleichzeitig als Rücknahme ihrer Erledigungserklärung vom 19.03.2013 auszulegen. Eine Erledigungserklärung ist eine Prozesshandlung. Sie ist frei widerruflich, solange der Gegner ihr nicht zustimmt oder seine Zustimmung nach § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO fingiert wird (BGH Urt. v. 07.06.2001 - I ZR 157/98 - NJW 2002. 442). Er kann zu seinem ursprünglichen Klageantrag zurückkehren oder seinen Antrag einer veränderten Prozesssituation anpassen. Daher konnte hier wirksam über die Beschwerde des Schuldners entschieden werden.
Auch die Verurteilung zur Leistung Zug um Zug stand der Einleitung der Zwangsvollstreckung und dem Erlass des Zwangsgeldbeschlusses nicht entgegen. Gemäß §§ 322 Abs. 2, 274 Abs. 2 BGB kann bei einer Verurteilung zur Leistung Zug um Zug der Gläubiger seinen Anspruch ohne Bewirkung der ihm obliegenden Leistung im Wege der Zwangsvollstreckung geltend machen, wenn der Schuldner im Verzug der Annahme ist. Letzteres ist hier aufgrund der entsprechenden Feststellung im Urteil des Hess. Landesarbeitsgerichts ohne Weiteres anzunehmen.
Der Schuldner hat gem. §§ 891, 97 ZPO die Kosten s...