Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg. Handelsvertreter. Einfirmenvertreter
Leitsatz (amtlich)
Einfirmenvertreter im Sinne der §§ 5 Abs. 3 ArbGG, 92 a HGB können auch nebenberufliche Einfirmenvertreter sein. Ein Genehmigungsvorbehalt erfüllt die Voraussetzung des § 92 a HGB, dass der Handelsvertreter nicht für andere Unternehmen tätig werden darf. Hinsichtlich der Vergütung ist nach § 5 Abs. 3 ArbGG auf die letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses abzustellen, auch wenn der Handelsvertreter die Tätigkeit vorher einstellt.
Normenkette
ArbGG § 5 Abs. 3; HGB § 92a
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 02.07.2003; Aktenzeichen 10 Ca 12085/02) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 02. Juli 2003 – 10 Ca 12085/02 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten im Rahmen einer Feststellungs- und Zahlungsklage um die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen.
Die Beklagte vertreibt Verträge im Bereich Finanz- und Versicherungsdienstleistungen aller Art. Sie hat Agenturverträge mit am Finanzmarkt tätigen Unternehmen abgeschlossen. Ihre Vertriebsorganisation besteht aus mehr als 20.000 haupt- und nebenberuflichen Vertretern. Einige ihrer Außendienstmitarbeiter führen, schulen und betreuen Kollegen als sogenannte Betreuer, die übrigen Außendienstmitarbeiter werden Abschlussvermittler genannt. Vertragsbeziehungen bestehen jeweils nur zwischen der Beklagten und den Außendienstmitarbeitern.
Der am 3. Juli 1977 geborene Kläger ist Kunststoffformgeber. Er war ab 11. Dezember 2000 auf der Grundlage des Vertrages vom selben Tag (Bl. 26 ff. d.A.) als sogenannter Vertrauensmann für die Beklagte tätig. Ab dem 31. Dezember 2000 bis zum 26. Februar 2001 und ab dem 20. Juli 2001 war er nach dem Vertrag vom 31. Dez. 2000 (Bl. 11 ff d.A.) sogenannter Vermögensberater. Mit dem zugehörigen Vertrag wurde eine Rechtsstellung als „Handelsvertreter im Nebenberuf” vereinbart. Unter Ziff. I., 5. Absatz unten auf der ersten Seite heißt es:
„Für die Ausübung einer anderweitigen Beratungs-, Vermittlungs- oder Verkaufstätigkeit bedarf der Vermögensberater der Vorherigen schriftlichen Einwilligung durch die Gesellschaft. Werden vom Vermögensberater sonstige Erwerbstätigkeiten ausgeübt, sind diese der Gesellschaft unverzüglich schriftlich anzuzeigen.”
Unter dem 21. Februar 2001 beantragte der Kläger die Höherstufung zum Agenturleiter, eine hauptamtliche Tätigkeit, die die Beklagte am 26. Februar 2001 (Bl. 225 d.A.) zunächst befristet bewilligte. Unter dem 11. Juli 2001 beantragte er seine Rückstufung, der die Beklagte mit Schreiben vom 20. Juli 2001 (Bl. 227 d.A.) zustimmte. Der Kläger war bei der Vertragsanbahnung bis zum 30. November 2000 als Maschineneinsteller bei der Firma S. tätig.
Als Vertrauensmann stellte der Kläger Kontakte zu Kunden her und vereinbarte Beratungstermine. Die Beratung und Vermittlung übernahm Herr R. S., Vermögensberater, Inhaber einer Regionalgeschäftsstelle und als Betreuer für den Kläger fungierend. An diesem Beratungsgespräch nahm der Kläger regelmäßig teil. Als Vermögensberater führte der Kläger die Gespräche unter Hinzuziehung des Herrn S.
Der Kläger arbeitete zunächst bis zum 21. Mai 2001 in Bisingen. Dort hatte Herr B. eine Geschäftsstelle unter dem Namen Deutsche Vermögensberatung M. B. Der Kläger hatte dort keinen eigenen Arbeitsplatz, konnte aber die Ausstattung mit benutzen. Er arbeitete nach dem Umzug der Geschäftsstelle ab dem 21. Mai 2001 in Geislingen im Büro von Herr S. Dort hatte der Kläger einen eigenen Arbeitsplatz, einen Schreibtisch, dazugehörigen Stuhl und ein Telefon. Ihm wurde gesagt, er habe den einzigen, Herrn B. gehörenden und mit der Zentrale der Beklagten vernetzten, von 8 Personen genutzten Computer vor Ort zu benutzen.
Donnerstags nahm er von 19.00 bis 20.30 Uhr an einem Informationsabend und freitags zwischen 19.00 und 21.00 Uhr an einem Arbeitstreffen von Herrn S. mit den anderen diesem „unterstellten” Beratern teil. Es ist umstritten, ob er auch in der Phase als Vermögensberater noch Termine mit Herrn S. wahrzunehmen hatte, ob ihm dieser die Richtung vorgab und aus der Kundenanalyse des Klägers die Schlussfolgerungen vornahm. Der Kläger nutzte Briefpapier der Beklagten ohne Hinweis auf sich. Die Beklagte legte Wert auf ein einheitliches Erscheinungsbild. Es ist umstritten, ob ihm eigenes Briefpapier verwehrt war.
Der Kläger vermittelte, hauptsächlich an Angehörige und Bekannte, Verträge. Er erhielt monatlich Provisionsabrechnungen (Bl. 28 ff d.A.) und Zahlungen in Höhe von insgesamt EUR 13.080,50 (DM 25.583,24), wobei darüber hinaus bestehende Vergütungsansprüche zum Teil verrechnet wurden. In den Monaten Mai bis Dezember 2001 erhielt er mit Ausnahme des Juli keine Zahlungen. Im Juli wurden EUR 1.507,20 (DM 2.947,83) gezahlt. Auf die Aufstellun...