Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung einer Betriebsratswahl. Personalgestellung. Gemeinsamer Betrieb
Orientierungssatz
1. Erfolgreiche Anfechtung einer Betriebsratswahl im Zusammenhang mit einer Personalgestellung durch eine Stadt an einen ausgelagerten und privatisierten Betrieb, da weder die Voraussetzungen für einen Gemeinschaftsbetrieb noch entspr § 14 AÜG das vom Wahlvorstand den personalgestellten Beschäftigten zuerkannte passive Wahlrecht gegeben waren.
2. Bei einer Sachlage wie der hier gegebenen, bei der sich die Beteiligung eines Arbeitgebers auf das zur Verfügung stellen seiner Arbeitnehmer an eine anderen Arbeitgeber beschränkt, ist nach der Rechtsprechung des BAG (vgl. BAG v. 13.08.2008, 7 ABR 21/07) eine Wahrnehmung der maßgeblichen Arbeitgeberfunktion durch eine einheitliche Leitung und damit eine Voraussetzung eines Gemeinschaftsbetriebs zu verneinen.
3. Die Personalgestellung ist zwar keine gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung iSd § 1 Abs 1 AÜG, wenn es an der Gewinnerzielungsabsicht fehlt. (Rn.44) § 14 Abs 1 AÜG findet jedoch wegen der Vergleichbarkeit der Interessenlage entsprechende Anwendung. (Rn.45) Dabei kommt es auch nicht auf eine nur vorübergehende Dauer der Überlassung an (vgl. BAG v. 20.04.2005, 7 ABR 20/04).
4. Entscheidung nach Zurückverweisung durch Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 16. April 2008, 7 ABR 4/07.
Normenkette
BetrVG § 1 Abs. 1, 2 Nrn. 1-2; AÜG § 14 Abs. 2, 1, § 1 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 1; BetrVG § 19
Verfahrensgang
Nachgehend
BAG (Beschluss vom 18.01.2010; Aktenzeichen 7 ABN 70/09) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 05. Oktober 2005 – 20 BV 538/05 – teilweise abgeändert.
Die Betriebsratswahl im Betrieb B GmbH vom 21. bis 23. Februar 2005 wird für ungültig erklärt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Gültigkeit der Betriebsratswahl, die vom 21. bis 23. Febr. 2005 stattgefunden hat.
Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1) ist im Zuge der Neustrukturierung der zuvor von der Stadt A (Beteiligte zu 3)) als Regiebetrieb geführten B (u. a. …) gegründet worden. Einzige Gesellschafterin ist die Beteiligte zu 3). Die Beteiligte zu 1) verfügt über ein Grundkapital von EUR 25.000. Sie erhält von der Beteiligten zu 3) jährlich EUR 54 Mio. Der Betrieb des Balletts und Theaters C wurde vollkommen eingestellt. Die Antragstellerin beschäftigt 292 Mitarbeiter. Gemäß Übertragungsvertrag vom 1. April 2004 (Bl. 93 ff. d. A.) zwischen der Beteiligten zu 3) und der Antragstellerin wurde der Betrieb der B auf die Antragstellerin übertragen. In diesem Vertrag wurden das Immobilienvermögen und die Beschäftigungsverhältnisse des damaligen Regiebetriebes ausdrücklich ausgenommen. Hierzu sollte eine gesonderte Regelung getroffen werden. Mit Personalüberleitungsvertrag vom 1. April 2004 (Bl. 98 ff. d. A.) sollten die Beschäftigungsverhältnisse der Beteiligten zu 3) auf die Beteiligte zu 1) übergeleitet werden.
662 Arbeitnehmer, die dem Betriebsübergang von der Beteiligten zu 3) auf die Beteiligte zu 1) widersprochen hatten, blieben Arbeitnehmer der Beteiligten zu 3). Die Beteiligte zu 3) war durch die Dienstvereinbarung Nr. 183 (Bl. 377 ff. d. A.) gehindert, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Zwischen ihr und der Beteiligten zu 1) wurde deshalb unter dem 1. April 2004 ein Personalgestellungsvertrag (Bl. 105 ff. d. A.) geschlossen, wonach die Beteiligte zu 3) der Beteiligten zu 1) die Arbeitsleistung der bei ihr verbliebenen Arbeitnehmer ab 1. September 2004 nach Maßgabe der Regelungen dieses Vertrages zur Verfügung stellt.
Mit Wirkung vom 1. September 2004 wurde bei der Beteiligten zu 3) eine Organisationseinheit D eingerichtet, der die gestellten Mitarbeiter der B angehören und die die Aufgabe der Grundstücks- und Gebäudeverwaltung sowie der Personalverwaltung und -betreuung hat. Amtsleiter dieses Amtes ist in Personalunion der geschäftsführende Intendant der B und Geschäftsführer der Beteiligten zu 1). Er übt diese Tätigkeit aufgrund zweier separater Anstellungsverträge mit den Beteiligten zu 1) und 3) aus. Mit dieser Konstruktion soll laut Organisationsverfügung der Oberbürgermeisterin vom 28. September 2004 (Bl. 91, 92 d. A.) die Ausübung der Arbeitgeberfunktion vor Ort sichergestellt werden. § 3 Ziff. 2 des Personalgestellungsvertrags vom 1. April 2004 lautet:
„Die Stadt ermächtigt die GmbH zur arbeitsvertraglichen Weisungserteilung hinsichtlich der Arbeitsausführung innerhalb der für die Beschäftigten der Stadt jeweils geltenden, unter Beachtung der Beteiligungsrechte des Personalrates festgelegten, städtischen Arbeitszeitregelungen.”
In § 9 Ziff. 1 des Vertrages ist geregelt, dass die gestellten Arbeitnehmer weiterhin Arbeitnehmer der Beteiligten zu 3) im Si...