Entscheidungsstichwort (Thema)
Kapitänsförderung. erfolglose wechselseitige Anträge in Zusammenhang mit der Förderung von Piloten zum Kapitän auf dem Muster Embraer 190/195. Mitbestimmung de Betriebsrats. Wechsel des Arbeitsplatzes auf eigenen Wunsch des Arbeitnehmers (Teilnahme an der Förderung von Piloten zum Kapitän auf dem Muster Embraer 190/195)
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Wechsel eines Arbeitnehmers in einen anderen Betrieb erfüllt den Begriff der Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs i.S. von § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG und ist daher grundsätzlich auch für die Arbeitnehmervertretung des abgebenden Betriebes als Versetzung mitbestimmungspflichtig.
2. a) Ein Mitbestimmungsrecht entfällt jedoch dann, wenn der betroffene Arbeitnehmer die Versetzung in den anderen Betrieb gewünscht hat oder jedenfalls mit ihr einverstanden ist, da er in diesem Fall keines Schutzes bedarf.
b) Auch kann ein Schutz der verbleibenden Belegschaft in diesem Fall nicht erreicht werden, weil der versetzungswillige Arbeitnehmer ebenso sein Arbeitsverhältnis beenden und neu begründen könnte und der Betriebsrat des abgebenden Betriebes demzufolge das Ausscheiden des Arbeitnehmer letztlich nicht verhindern kann.
Normenkette
TV PV DLH §§ 88-89; TV WeFö DLH §§ 5, 7, 12
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 22.06.2011; Aktenzeichen 9 BV 813/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 22. Juni 2011 - 9 BV 813/10 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen zum Teil abgeändert und wie folgt gefasst:
Die wechselseitigen Anträge werden zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über Versetzungen.
Die zu 1) beteiligte Arbeitgeberin betreibt ein Luftfahrtunternehmen. Sie ist die Obergesellschaft eines aus mehreren Unternehmen bestehenden Konzerns. Die zu 2) beteiligte Gruppenvertretung repräsentiert die von der Arbeitgeberin beschäftigten Copiloten auf der Grundlage des gemäß § 117 Abs. 2 BetrVG geschlossenen Tarifvertrags Personalvertretung für das Bordpersonal vom 15. November 1972 (TV PV). Der TV PV enthält unter anderem folgende Regelungen:
"§ 88 Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen
(1) Vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung hat der Arbeitgeber die Gruppenvertretung zu unterrichten und deren Zustimmung zu der geplanten Maßnahme einzuholen.
...
(3)
...
(b) Als Versetzung im Sinne dieses Tarifvertrages gilt auch die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist.
(4) Unbeschadet der Verpflichtung zur Unterrichtung nach Abs. 1 bedarf eine Eingruppierung, Umgruppierung oder Versetzung der Zustimmung der Gruppenvertretung dann nicht, wenn die personelle Maßnahme sich als unmittelbare Folge einer Förderung des Angehörigen des Bordpersonals aufgrund der tarifvertraglichen Vorschriften über den Förderungsaufstieg oder anderer kollektivrechtlicher Bestimmungen ergibt.
...
(6) Verweigert die Gruppenvertretung ihre Zustimmung, so hat sie dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen.
...
(8) Verweigert die Gruppenvertretung ihre Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
...
§ 89 Vorläufige personelle Maßnahmen
(1) Der Arbeitgeber kann, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, eine personelle Maßnahme im Sinne des § 88 vorläufig durchführen, bevor die Gruppenvertretung sich geäußert oder wenn sie die Zustimmung verweigert hat. ...
(2) Der Arbeitgeber hat die Gruppenvertretung unverzüglich von der vorläufigen personellen Maßnahme zu unterrichten. Bestreitet die Gruppenvertretung, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, so hat sie dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. In diesem Falle darf der Arbeitgeber die vorläufige personelle Maßnahme nur aufrechterhalten, wenn er innerhalb von drei Tagen beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung und die Feststellung beantragt, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.
(3) Lehnt das Gericht durch rechtkräftige Entscheidung die Ersetzung der Zustimmung der Gruppenvertretung ab oder stellt es rechtskräftig fest, dass offensichtlich die Maßnahme aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war, so endet die vorläufige personelle Maßnahme mit Ablauf von zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung. Von diesem Zeitpunkt an darf die personelle Maßnahme nicht aufrechterhalten werden.
...
§ 99 Rechtsprechung zum BetrVG 1972
Für strittige Fragen beim Vollzug dieses Tarifvertrages ist die höchstrichterliche Rechtsprechung zum BetrVG 1972 zu beachten, sofern und soweit die interpretierte Gesetzesregelung durch diesen Tarifvertrag inhaltlich voll übernommen worden ist."
Wegen des vollständigen...