Entscheidungsstichwort (Thema)

Richtiger Zustellungsadressat im PKH-Nachprüfungsverfahren gem. § § 120 ZPO a.F.

 

Leitsatz (amtlich)

Zustellungen im Nachprüfungsverfahren des § 120a ZPO haben gemäß § 172 Abs. 1 ZPO an den Prozessbevollmächtigten der Partei zu erfolgen, sofern dieser die Partei bereits im Bewilligungsverfahren vertreten hat (im Anschluss an BGH 11.05.2016, XII ZB 582/15, und BAG 19.07.2006, 3 AZB 18/06).

Die im Nachprüfungsverfahren versäumte Zustellung der Aufforderung zur Mitwirkung an den Prozessbevollmächtigten der Partei ist im Beschwerdeverfahren nicht nachholbar, weil Gegenstand der Überprüfung im Beschwerdeverfahren die Rechtmäßigkeit des Beschlusses ist, mit dem die Bewilligung der Prozesskostenhilfe gemäß §§ 120a, 124 ZPO aufgehoben/abgeändert wurde.

 

Normenkette

ZPO §§ 120a, 124, 329 Abs. 2, § 172 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 02.05.2016; Aktenzeichen 8 Ca 448/14)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 02. Mai 2016 - 8 Ca 448/14 - aufgehoben.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Im Beschwerdeverfahren wendet sich die frühere Klägerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Klägerin) gegen die Aufhebung der zunächst bewilligten Prozesskostenhilfe.

Die Klägerin hat mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten am 25. November 2014 eingegangenem Schreiben Klage erhoben und für sie Prozesskostenhilfe beantragt. Die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist am 20. Januar 2015 eingegangen. Mit Beschluss vom 22. Januar 2015 wurde ihr ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten bewilligt.

Am 16. Januar 2015 haben die Parteien den Rechtsstreit mit einem Vergleich beendet.

Die Rechtspflegerin hat die Klägerin mit formlos übersendetem Schreiben vom 28. Januar 2016 gebeten, den beigefügten Vordruck "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" bis zum 25. Februar 2016 ausgefüllt zurück zu senden, eine Abschrift davon wurde an den Klägervertreter gesendet (vgl. Bl. 11 des Beihefts). Mit formlos an den Klägervertreter zur Kenntnis und die Klägerin übersendetem Schreiben vom 01. März 2016 wurde die Klägerin aufgefordert, die gewünschten Angaben bis zum 29. März 2016 abzugeben und darauf hingewiesen, dass sie mit der Aufhebung der Prozesskostenhilfe rechnen müsse, wenn sie der Erklärungspflicht nicht nachkomme (Bl. 12 des Beiheftes). Auf eine am 16. März 2016 bei Gericht eingegangene Erklärung der Klägerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat die Rechtspflegerin mit zwei einfach versendeten Schreiben jeweils unter Fristsetzung weitere Angaben von der Klägerin gefordert. Mit dem zuletzt formlos übersendetem Schreiben vom 06. April 2016 hat sie die Klägerin aufgefordert, die gewünschten Angaben bis zum 25. April 2016 abzugeben und darauf hingewiesen, dass sie mit der Aufhebung der Prozesskostenhilfe rechnen müsse, wenn sie der Erklärungspflicht nicht nachkomme (Bl. 16 des Beiheftes).

Mit Beschluss vom 22. Mai 2016 hat die Rechtspflegerin den Beschluss über die bewilligte Prozesskostenhilfe aufgehoben (Bl. 17 des Beihefts). Dieser Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausweislich seines Empfangsbekenntnisses am 02. Mai 2016 förmlich zugestellt (Bl. 18 des Beihefts).

Mit am 02. Juni 2016 bei Gericht eingegangenem Schreiben hat der Prozessbevollmächtigte sofortige Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 22. Juli 2016 hat die Rechtspflegerin der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 24 des Beihefts) und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht vorgelegt.

Im Beschwerdeverfahren hat die Klägerin im September 2016 Kopien von Lohnabrechnungen für die Monate September 2015 bis März 2016 und Juni 2016 vorgelegt.

II.

Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 11a ArbGG, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO §§ 567 ff. ZPO, zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

Der Aufhebungsbeschluss des Arbeitsgerichts vom 02. Mai 2016 ist unwirksam, weil vor seinem Erlass eine ordnungsgemäße Beteiligung der Klägerin im Nachprüfungsverfahren gemäß §§ 124, 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO nicht stattgefunden hat. Eine Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung nach § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO, ob eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist, wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht zugestellt. Dies kann im Beschwerdeverfahren nicht nachgeholt werden, weil die formal ordnungsgemäße Beteiligung vor Erlass des Abänderungs- bzw. Aufhebungsbeschlusses Voraussetzung für seinen rechtmäßigen Bestand ist.

1. Das Überprüfungsverfahren richtet sich im vorliegenden Verfahren nach der zum 01. Januar 2014 erfolgten Neuregelung der Prozesskostenhilfe. Denn nach § 40 Satz 1 EGZPO sind die §§ 114 - 127 in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (ZPO a. F.) nur für bis zum 31. Dezember 2013 gestellte Anträge auf Prozesskostenhilfe anwendbar. Da die Klägerin mit am 25....

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