Entscheidungsstichwort (Thema)
Wertfestsetzung gem. § 10 BRAGO. Bewertung eines Hilfsantrags. Bewertung eines bedingten Antrags. Bewertung eines Zwischenzeugnisses und eines einfachen Zeugnisses
Leitsatz (amtlich)
1. Ist ein Klageantrag bedingt nur für den Fall gestellt, dass der Prozessgegner nicht im Gütetermin eine bestimmte Erklärung zu Protokoll abgibt, und wird dann im Gütetermin ein Vergleich geschlossen, ist die Bedingung nicht eingetreten, da die formulierte Bedingung voraussetzt, dass der Gütetermin keine Einigung erbringt und das Verfahren streitig fortgeführt wird. Die Folge ist, dass ein solcher Antrag bei Vergleich im Gütetermin wertmäßig unberücksichtigt bleibt.
2. Zum Wert einer Zeugnisklage (bei qualifiziertem und einfachem Zeugnis sowie beim Zwischenzeugnis).
Normenkette
BRAGO §§ 10, 8 Abs. 1 S. 1; GKG § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1, § 19 Abs. 4, 1 Sätze 2-3
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Beschluss vom 23.01.2001; Aktenzeichen 8 Ca 3222/00) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors wird derBeschluss des Arbeitsgerichts W. vom 23. Januar 2001 – 8 Ca 3222/00 aufgehoben: Der Wert zum Zwecke der anwaltlichen Gebührenberechnung gemäß § 10 BRAGO wird für das Verfahren auf DM 8.780,77 und für den Vergleich auf DM 10.035,16 festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin hatte Klage erhoben mit dem Antrag zu 1), festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 11. November 2000 zum 30. November 2000 nicht aufgelöst worden ist. Mit dem Klageantrag zu 2) wollte die Klägerin festgestellt wissen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Bedigungstatbestände endet und unverändert fortbesteht. Nach dem Klageantrag zu 3) sollte die beklagte Arbeitgeberin verurteilt werden, der Klägerin ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen. Neben dem die Kosten betreffenden Antrag zu 4) war schließlich zu 5) und 6) beantragt:
5) Hilfsweise wird für den Fall, dass die Feststellungsanträge zu 1) oder 2) abgewiesen werden, folgender Antrag gestellt:
Die Beklagte wird verurteilt, der klägerischen Partei ein endgültiges Zeugnis zu erteilen, das sich auf Art. und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie auf Führung und Leistung erstreckt.
6) Sollte die Beklagte im Gütetermin nicht zu Protokoll des Gerichts erklären, dass sie die klägerische Partei weiterbeschäftigen wird, sofern ein der Klage stattgebendes Urteil ergeht, stellen wir folgenden weiteren Antrag:
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin gemäß dem Arbeitsvertrag vom 12. Mai 2000 als Verkäuferin zu den bisherigen Bedingungen bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die zu 1) und 2) gestellten Feststellungsanträge weiterzubeschäftigen.
Im Gütetermin vom 08. Dezember 2000 ist ein Vergleich protokolliert worden. Danach endete das Arbeitsverhältnis mit dem 30. November 2000, und die Beklagte verpflichtete sich zur Zahlung einer Abfindung sowie zur Abrechnung bis zum 30. November 2000 und zur Auszahlung des entsprechenden Nettobetrages. In Ziffer 4 des Vergleichs schließlich verpflichtete sich die Beklagte zur Erteilung eines wohlwollenden qualifizierten Zeugnisses mit der Leistungsbeurteilung „stets zur vollen Zufriedenheit” und der Bescheinigung jederzeit einwandfreien Führungsverhaltens.
Das Arbeitsgericht hat nach der Anhörung der Klägerin, des Klägervertreters und des Bezirksrevisors den Wert für das Verfahren auf DM 11.289,55 festgesetzt. Dabei ist der Klagenantrag zu 1) mit dem Betrag von drei Bruttomonatsverdiensten in Höhe von DM 2.508,79 (Summe: DM 7.526,37) bewertet worden, der Klageantrag zu 3) mit dem Betrag eines halben Bruttomonatsverdienstes (= DM 1.254,39) und der Klageantrag zu 6), der nicht als Hilfsantrag gesehen ist, mit dem Betrag eines Bruttomonatsverdienstes (DM 2.508,79). Der Vergleichswert ist auf DM 12.543,95 festgesetzt worden: Im Hinblick auf Ziffer 4 des Vergleichs (Zeugnis) hat das Arbeitsgericht zusätzlich den Betrag eines halben Bruttomonatsverdienstes (DM 1.254,40) angesetzt.
Der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts ist dem Bezirksrevisors am 31. Januar 2001 zugestellt worden. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Bezirksrevisors vom 01. Februar 2001 ist am 06. Februar 2001 beim Arbeitsgericht eingegangen. Der Beschwerde ist nicht abgeholfen worden (vgl. Blatt 25 d.A.).
Der Bezirksrevisor ist der Ansicht, der Wert für das Verfahren und den Vergleich sei auf DM 8.780,77 festzusetzen, nämlich auf 3,5 Bruttomonatsvergütungen (drei für den Klageantrag zu 1) und ½ für den Klageantrag zu 3)). Ziffer 4 des Vergleichs wirke sich nicht werterhöhend aus.
Auf den am 08. Dezember 2000 gestellten Prozesskostenhilfeantrag ist der Klägerin mit Beschluss vom 30. Juli 2001 Prozesskostenhilfe ohne eigene Beiträge bewilligt worden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde des Bezirksrevisors ist statthaft, da unter Mitberücksichtigung des § 32 BRAGO der Beschwerdewert gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 BRAGO erreicht ist. Sie ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist fristgerecht eingelegt (§ 10 Abs. 3 Sa...