Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollstreckung der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung einer Arbeitnehmerin

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts, durch das die Verpflichtung ausgesprochen worden ist, die Gläubigerin zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen, ist zur Vollstreckung geeignet.

2. Zwar ist der Einwand der Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO grundsätzlich zu beachten. Nicht zu überprüfen ist allerdings die materielle Richtigkeit des arbeitsgerichtlichen Urteils.

 

Normenkette

ZPO § 888

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 04.04.2013; Aktenzeichen 20 Ca 3982/12)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. Mai 2013 - 20 Ca 3982/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Schuldnerin wendet sich mit ihrer am 22.05.2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen einen ihr am selben Tag zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt/M. vom 13.05.2013, mit dem sie zu der im arbeitsgerichtlichen Versäumnisurteil vom 08.11.2012 (Az. 20 Ca 3982/12) ausgesprochenen Verpflichtung, die Gläubigerin zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Product Managerin weiter zu beschäftigen, durch Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft, angehalten worden ist.

Das Arbeitsgericht hat mit seinem Versäumnisurteil vom 08.11.2012 die Unwirksamkeit einer betriebsbedingten ordentlichen Kündigung vom 30.05.2012 festgestellt und die Schuldnerin zur Weiterbeschäftigung der Gläubigerin als Product Managerin verurteilt. Am 13.01.2013 kündigte die Schuldnerin das Arbeitsverhältnis fristlos außerordentlich. Mit Urteil vom 04.04.2013 hat das Arbeitsgericht das Versäumnisurteil vom 08.11.2012 aufrechterhalten und des Weiteren die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 13.01.2013 festgestellt sowie die Schuldnerin erneut zur Weiterbeschäftigung der Gläubigerin als Product Managerin, diesmal unter Aufzählung zahlreicher Einzelaufgaben, verurteilt. Die Schuldnerin hat gegen dieses Urteil Berufung beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingelegt. Das Berufungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Die Schuldnerin ist der Ansicht, der Titel sei zu unbestimmt. Die Bezeichnung Product Managerin ermögliche es nicht, die zuzuweisenden Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zu erkennen. Daneben behauptet sie, die Beschäftigung sei ihr unmöglich geworden, weil der frühere Arbeitsbereich der Gläubigerin, wie schon im Erkenntnisverfahren vorgetragen, vollständig umverteilt bzw. nach Holland verlagert worden sei.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 62 Abs. 2 ArbGG, 793 ZPO an sich statthaft und wurde innerhalb der in § 569 Abs. 1 ZPO normierten Zweiwochenfrist eingelegt.

In der Sache selbst hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg; denn das Arbeitsgericht hat zu Recht gemäß § 888 ZPO ein Zwangsgeld gegen die Schuldnerin verhängt.

1. Zunächst liegen die allgemeinen Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung vor. Das Urteil des Arbeitsgerichts stellt einen vollstreckbaren Titel dar (§ 62 ArbGG). Eine vollstreckbare Ausfertigung ist erteilt (§724,317 Abs. 2 S. 2 ZPO) und die Zustellung ist erfolgt (§ 750 ZPO). Bei der Verurteilung zur Weiterbeschäftigung handelt es sich nach fast einhelliger Auffassung um die Verurteilung zur Vornahme einer unvertretbaren Handlung gemäß § 888 ZPO.

2. Der arbeitsgerichtliche Titel ist zur Vollstreckung auch geeignet, weil die Leistungspflicht der Schuldnerin darin hinreichend bestimmt ist. Sie ergibt sich möglicherweis nicht allein aus dem Tenor des Versäumnisurteils, sie ist jedoch unter Heranziehung von Tatbestand und Entscheidungsgründen des Urteils vom 04.04.2013, mit dem das Versäumnisurteil aufrechterhalten wurde, bestimmbar. Dieses kann zur Auslegung des Titels herangezogen werden.

Der Maßstab für die Bestimmtheit einer vollstreckungsfähigen Leistung deckt sich mit den Anforderungen nach § 253 Abs. 2 ZPO für einen bestimmten Antrag in der Klageschrift. Der bestimmte Antrag dient zum einen zur Abgrenzung des Streitgegenstands, zum anderen schafft er eine Voraussetzung für die etwa erforderlich werdende Zwangsvollstreckung. Gemessen an diesen Zielen ist ein Klageantrag grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis absteckt (§ 308 ZPO), Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung erkennen lässt (§ 322 ZPO), das Risiko des Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeiten auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lassen. Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung dürfen deshalb nich...

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