Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachmittel des Betriebsrates

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, wann ein Betriebsrat eines Produktionsbetriebes die Zurverfügungstellung der Zeitschrift „Arbeit & Ökologie”-Briefe verlangen kann.

 

Normenkette

BetrVG § 40

 

Verfahrensgang

ArbG Marburg (Beschluss vom 08.06.1990; Aktenzeichen 2 BV 4/90)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluß des Arbeitsgerichts M. vom 8.6.1990 – 2 BV 4/90 – abgeändert.

Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, dem Betriebsrat die Zeitschrift „A. für die laufende Geschäftsführung zur Verfügung zu stellen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Arbeitgeberin und Antragsgegnerin (AGg.) verpflichtet ist, dem Betriebsrat und Antragsteller (ASt.) die alle 14 Tage erscheinenden „A.” (Preis des Jahresabonnements für Unternehmen, Belegschaftsvertretungen, Gewerkschaften, Behörden und andere Organisationen: 288,– DM + 7 % MWSt; Preis für Einzelpersonen: 144,– DM (einschl. MWSt.)) für die laufende Geschäftsführung zur Verfügung zu stellen. Die A., produziert Kabel und Elektroleitungen. Sie beschäftigt z. Zt. 84 Angestellte und 232 gewerbliche Arbeitnehmer, davon 170 in der Produktion. Sie hat einen Umweltbeauftragten (Chemie-Ingenieur, mit eigenem Arbeitsplatz in der Entwicklungsabteilung) bestellt.

Der ASt. bezieht die Zeitschrift „A.” … Ferner stehen ihm die Zeitschriften „N.” „E.” und „U.” … zur Mitbenutzung zur Verfügung; eine Möglichkeit, die er bislang nicht nutzt.

Wegen des sonstigen erstinstanzlich ermittelten Streitstoffs wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses (Bl. 62–66 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag aus den im einzelnen aus Bl. 66–74 d. A. ersichtlichen Gründen zurückgewiesen.

Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt der ASt. sein erstinstanzliches Verfahrensziel weiter. Er rügt, das Erstgericht habe seinen spezifischen Aufgaben im Bereich der Gesundheitsgefahrenabwehr und des Arbeitsschutzes nicht ausreichend Rechnung getragen. So sei die AGg. dabei, asbesthaltige Leitungsisolierungen durch Glasseide und Glasfasern zu ersetzen. Auch würden bei der Produktion eine Vielzahl von giftigen Lösungsmitteln (Verdünner, Spezialfarben) eingesetzt. Außerdem gebe es Beschwerden über Zugluft- und unzuträgliche Lärmbelastungen. Genau für diesen Bereich erwäge der ASt. Initiativen und halte dafür kontinuierliche Informationen für erforderlich. Diese liefere die streitbefangene Zeitschrift, weil in ihr fortlaufend spezielle Fragen des Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutzes im Betrieb – im Schwerpunkt: praxisorientiert – behandelt würden. In ihr würden fachliche Informationen aus der Wissenschaft in einer Weise für die betriebliche Praxis aufbereitet dargestellt, die geeignet sei, dem ASt. die Wahrnehmung gesetzlicher Informations- und Mitwirkungsrechte gerade in den Bereichen Arbeits- und Gesundheitsschutz zu ermöglichen, zu erleichtern und zu gestalten. Das gelte z.B. für den Komplex der Gefahrstoffverordnung, speziell für die Gefahrstoffe Asbest-, Ersatzstoffe, Lösungsmittel und polychlorierte Biphenyle.

Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei gewahrt. Der Kostenpunkt sei mit monatlich DM 25,68 geringfügig. Dies gelte auch, weil die zur Mitbenutzung angebotenen Zeitschriften NZA, BB sich mit den speziellen Problemen, um die es dem ASt. hier gehe, nicht oder wenig befaßten und sich zudem als juristische Fachzeitschriften an einen anderen Adressatenkreis als Betriebsräte wendeten. Letzteres sei auch entscheidend dafür, daß dem ASt. die Mitbenutzung der Zeitschrift „U. nicht ausreiche. Sie sei nicht auf Betriebsratstätigkeit zugeschnitten.

Ergänzend wird auf den sonstigen im Beschwerderechtszug entstandenen Akteninhalt – insbesondere auch auf die vom ASt. zum Beiakten-Band eingereichten Exemplare der Zeitschrift „A” verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde der ASt. ist zulässig und begründet.

Die Beschwerderichter folgen dem Erstgericht weder im Ergebnis noch in den Gründen der Entscheidung. Nach ihrer Ansicht ist die AGg. verpflichtet, dem ASt. die streitbefangene Zeitschrift für seine Geschäftsführung zur Verfügung zu stellen.

1.) Der Antrag des BR ist zulässig und begründet.

a) Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber u.a. die für die laufende Geschäftsführung des BR erforderlichen „sachlichen Mittel” zur Verfügung zu stellen.

aa) Hierzu gehören auch Zeitschriften, die geeignet sind, dem BR die für seine Tätigkeit erforderlichen Informationen zu vermitteln (BAG, B. v. 21.04.1983 – 6 ABR 70/82 – AP Nr. 20 zu § 40 BetrVG 1972 (zu III 3 a d. Gr.)).

Die dem BR obliegenden Aufgaben lassen sich sachgerecht nur durch laufende und aktuelle Unterrichtung über die mit den Aufgaben und Problemstellungen zusammenhängenden „arbeits- und sozialrechtlichen Entwicklungen in Rechtsprechung und Gesetzgebung sowie insbesondere Erkenntnissen über mögliche Handlungsspielräume bei der Wahrnehmung von Aufgaben nach dem BetrVG lösen” (BAG, vorzitiert...

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