Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorläufige Vollstreckbarkeit eines Auflösungsurteils i. S. der §§ 9 Abs. 1, 13 Abs. 1 KSChG
Leitsatz (amtlich)
Zur Problematik, ob Auflösungsurteile i. S. der §§ 9 Abs. 1, 13 Abs. 1 KSchG nach § 62 Abs. (S. 1 ArbGG vorläufig vollstreckbar sind (im Anschluß an LAG Bremen in NJW 1984. S. 447/448).
Normenkette
ArbGG § 62 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Beschluss vom 19.12.1985; Aktenzeichen 2 Ca 642/85) |
Tenor
wird die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 19.12.1985 – Az.: 2 Ca 642/85 – zurückgewiesen.
Die etwaigen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 19.080,– DM festgesetzt.
Tatbestand
I
In dem vorliegenden, auf Feststellung der Unzulässigkeit einer Zwangsvollstreckung gerichteten Rechtsstreit wendet sich die Klägerin dagegen, daß der Urkundsbeamte des Arbeitsgerichts am 5.12.1985 hinsichtlich des am 28.11.1985 ergangenen Urteils im vorherigen Kündigungsrechtsstreit umgekehrten Rubrums (Az.: 2 Ca 357/85) eine verkürzte Urteilsausfertigung i. S. des § 750 Abs. 1 S. 2 ZPO nebst Vollstreckungsklausel erteilt habe. Hierzu macht die Klägerin geltend, bei dem vorerwähnten, das Arbeitsverhältnis der Parteien auflösenden und dem Beklagten eine Abfindung von 19.080,– DM zuerkennenden Urteil habe es sich um ein Gestaltungsurteil gehandelt, bei dem der Abfindungsanspruch nicht vor Rechtskraft fällig werde; dem zufolge habe die Vollstreckungsklausel nicht erteilt werden dürfen.
Hilfsweise hat die Klägerin gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel im zitierten Vorprozeß Erinnerung eingelegt und ergänzend beantragt, die Zwangsvollstreckung im Wege der einstweiligen Anordnung gem. § 732 ZPO einzustellen.
Der Beklagte ist diesem Klage-bzw. Einstellungsbegehren der Klägerin insbesondere mit dem Hinweis entgegengetreten, die Erteilung der Vollstreckungsklausel sei zu Recht erfolgt, weil sämtliche Urteile der Arbeitsgerichte gem. § 62 Abs. 1 ArbGG vorläufig vollstreckbar seien.
Das Arbeitsgericht hat daraufhin mit Beschluß vom 19.12.1985, auf dessen näheren Inhalt (Bl. 8/9 d. A.) verwiesen wird, das Einstellungsgesuch der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 27.12.1985 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangene sofortige Beschwerde der Klägerin, mit welcher sie ihr Einstellungsgesuch unter Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung weiter verfolgt. Der Beklagte beantragt demgegenüber, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Die vorliegende sofortige Beschwerde der Klägerin ist zwar nach § 62 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 793, 577 Abs. 1 ZPO statthaft (mit Bezug auf § 732 Abs. 2 ZPO nur eingeschränkt, vgl. Thomas-Putzo, ZPO, 10. Aufl., § 732 Anm. 8) sowie nach den Vorschriften der §§ 577 Abs. 2 569 ZPO frist-und formgerecht eingelegt; sie ist jedoch in der Sache nicht begründet.
Bei dieser Beurteilung hat das Beschwerdegericht zunächst klar-zu-stellen, daß das Arbeitsgericht das Gesuch der Klägerin um einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung in dem angefochtenen Beschluß vom 19.12.1985 nach den Vorschriften der §§ 768, 769 ZPO und des § 732 ZPO beurteilt hat, obwohl im vorliegenden Rechtsstreit ein förmliches Einstellungsgesuch i. S. der §§ 768, 769 ZPO zumindest nicht ausdrücklich enthalten ist, während das ausdrücklich vorgebrachte Einstellungsgesuch nach § 732 Abs. 2 ZPO an sich im Vorprozeß 2 Ca 357/85 zu bescheiden gewesen wäre. Gleichwohl sollen diese formalen Gesichtspunkte im Rahmen des Beschwerdeverfahrens zurückgestellt, d. h. insoweit schon aus Gründen der Prozeßökonomie die Betrachtungsweise des Arbeitsgerichts zugrundegelegt werden.
Die sofortige Beschwerde der Klägerin muß allerdings in der Sache erfolglos bleiben, weil die von ihr erstrebte Einstellungsmaßnahme weder i. S. der §§ 768, 769 ZPO (unmittelbar oder analog) noch i. S. des § 732 Abs. 2 ZPO in Betracht kommen kann. Wie der Beklagte zutreffend hervorhebt, sind nämlich sämtliche arbeitsgerichtliche Urteile, welche einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben, nach § 62 Abs. 1 S. 1 ArbGG vorläufig vollstreckbar und insofern auch i. S. der §§ 724, 725 ZPO jeweils mit einer Vollstreckungsklausel zu versehen. Letzteres hat – entgegen der Ansicht der Klägerin – auch für ein sog. Auflösungsurteil i. S. der §§ 9 Abs. 1, 13 Abs. 1 KSchG zu gelten, wenn darin den klagenden Arbeitnehmer zugleich eine angemessene Abfindung zuerkannt wird.
Das Beschwerdegericht sieht sich nämlich gehalten, in dieser Frage der bereits vom Arbeitsgericht zitierten Entscheidung des LAG Bremen (in NJW 1984, S. 447/448) uneingeschränkt zu folgen, weil sie in überzeugender Weise zwischen der vorläufigen Vollstreckbarkeit eines solchen Auflösungsurteils i. S. des § 62 Abs. 1 ArbGG einerseits und der auf materiellrechtlicher Ebene angesiedelten Verzinsung des zuerkannten Abfindungsanspruchs andererseits differenziert (ebenso im übrigen LAG Hamm in BB 1975 S. 1068, ferner Grunsky, ArbGG, 4. Aufl., ...