Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Weiterbeschäftigung. Mutwilligkeit
Leitsatz (redaktionell)
Mutwillig handelt, wer von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen denjenigen beschreitet, von dem er von vornherein annehmen muss, dass er für ihn der kostspieligere ist.
Normenkette
ZPO § 114
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 16.02.2007; Aktenzeichen 9 Ca 8725/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 16. Februar 2007 – 9 Ca 8725/06 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Tatbestand
I
Die Klägerin wendet sich mit ihrer am 02. März 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen einen ihr am 21. Februar 2007 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts vom 16. Februar 2007, durch den ihr für einen neben einem Kündigungsschutzantrag gestellten Antrag auf Weiterbeschäftigung Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung (PKH) versagt worden ist. Der zugrunde liegende Rechtsstreit endete durch gerichtlichen Vergleich im arbeitsgerichtlichen Gütetermin. Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft und wurde fristgerecht eingelegt (§§ 567 Abs. 1, 127 Abs. 2 S. 3 ZPO).
In der Sache hat die sofortige Beschwerde keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Gewährung von PKH für den von der Klägerin gestellten Weiterbeschäftigungsantrag zu Recht verweigert, weil dieser im Wege einer objektiven Klagehäufung unbedingt gestellte Antrag mutwillig iSv § 114 ZPO ist. Nach § 114 ZPO setzt die Bewilligung von PKH zum einen eine hinreichende Aussicht auf Erfolg der Rechtsverfolgung, zum anderen auch voraus, dass die Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint. Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde. Mutwillig handelt deshalb, wer von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen denjenigen beschreitet, von dem er von vornherein annehmen muss, dass er für ihn der kostspieligere ist (vgl. BGH 10. März 2005 NJW 2005,1497; Kammerbeschluss v. 16. Februar 2005 – 16 Ta 13/05; G/M/P/M-G/Germelmann ArbGG 5. Aufl. 2004§ 11a Rz 95; Musielak/Fischer ZPO 4. Aufl. 2005 § 114 Rz 30; Zöller/Philippi ZPO 26. Aufl. 2007 § 114 Rz 30). Denn die Frage der Mutwilligkeit betrifft auch und gerade die Art der verfahrensmäßige Geltendmachung des Anspruchs (vgl. BVerfG 22. Dezember 1992 FamRZ 1993,1422; G/M/P/M-G/Germelmann aaO). Eine PKH begehrende Partei darf nicht durch kostenträchtiges Prozessieren von dem abweichen, was eine bemittelte Partei in gleicher Lage tun würde. Vielmehr muss sie das Kostenrisiko vernünftig abwägen. Es ist nicht der Zweck der PKH, auf Kosten der Allgemeinheit bedürftigen Parteien Prozesse zu ermöglichen, die eine „normale „Partei bei vernünftiger und sachgerechter Einschätzung der Sach- und Rechtslage nicht führen würde.
Danach war hier die unbedingte Stellung eines Antrags auf Weiterbeschäftigung neben dem Kündigungsschutzantrag mutwillig (ebenso bereits Kammerbeschluss v. 28. August 2001 – 16 Ta 308/01; HessLAG 19. Juni 2001 – 9 Ta 159/01; LAG Berlin 29. November 2005 NZA-RR 2006,214; LAG Düsseldorf 17. Mai 1989 LAGE § 114 ZPO Nr.16).
Insoweit gilt:
Richtig ist, dass es keinem Arbeitnehmer verwehrt ist, neben dem Kündigungsschutzantrag auch die Weiterbeschäftigung klageweise zu begehren. Nach unangefochtener Rechtsprechung (vgl. BAG 08. April 1988 AP Nr. 4 zu § 611 BGB Weiterbeschäftigung) kann der Weiterbeschäftigungsantrag jedoch als sog. uneigentlicher oder unechter Hilfsantrag neben dem Kündigungsschutzantrag gestellt werden. Eine derartige Antragstellung ist gegenüber der unbedingten Stellung eines Weiterbeschäftigungsantrages kostengünstiger. Denn während der unbedingt gestellte Weiterbeschäftigungsantrag neben dem Kündigungsschutzantrag separat (mit einem Monatsverdienst) zu bewerten ist, führt der als uneigentlicher Hilfsantrag gestellte Weiterbeschäftigungsantrag, jedenfalls in Bezug auf die Gerichtskosten, nicht zu einer Werterhöhung, sofern über ihn nicht entschieden wird (vgl. HessLAG 23. April 1999 NZA-RR 1999,434 m.w.N.; BCF/Creutzfeldt ArbGG 4. Aufl. 2006 §§ 12,12a Rz 60; G/M/P/M-G/Germelmann ArbGG 5. Aufl. 2004 § 12 Rz 110) Die Gegenansicht (vgl. LAG Hamm 16. Dezember 2004 LAGReport 2005,124; LAG Köln 31. Juli 1995 AR-Bl. ES 160.13 Nr.2000) findet im Gesetz keine Stütze.
Maßgebend ist § 45 Abs.1 S.2 GKG. Nach dieser Vorschrift wird ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch mit dem Hauptanspruch nur zusammengerechnet, wenn eine Entscheidung über ihn ergeht. Diese Bestimmung erfasst auch einen für den Fall des Obsiegens mit dem Hauptantrag gestellten „uneigentlichen” Hilfsantrag. Der Wortlaut der gesetzlichen Regelung ist eindeutig. Betroffen ist jeder Hilfsantrag. Dem entspricht der Sinn und Zweck der Norm. Kostenrechtlich berücksichtigt werden sollen die Vorgän...