Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtigung eines Klagerubrums. Beklagter Insolvenzverwalter
Leitsatz (amtlich)
Eine ohne weiteres zulässige Klageberichtigung und nicht ein gewillkürter Parteiwechsel kann vorliegen, wenn ein Rechtsanwalt, der Insolvenzverwalter über das Vermögen verschiedener Gemeinschuldner ist, als Insolvenzverwalter einer anderen Firma als der richtigen Arbeitgeberin in der Klageschrift bezeichnet wurde.
Voraussetzung dafür ist, dass die Klageschrift für eine solche Auslegung tatsächliche Anhaltspunkte enthält (z. B. Bezugnahme auf beigefügtes Kündigungsschreiben).
Normenkette
ZPO § 264 Ziff. 1
Verfahrensgang
ArbG Kassel (Beschluss vom 30.11.2000; Aktenzeichen 4/2 Ca 189/00) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kassel vom 30.11.2000 – Az.: 4/2 Ca 189/00 – betreffend die Ablehnung der Berichtigung des Beklagtenrubrums aufgehoben. Das Beklagtenrubrum wird dahingehend berichtigt, dass Beklagter Herr Rechtsanwalt Dr. als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma … Einrichtungszentrum GmbH & Co. KG, … ist.
Tatbestand
I.
Die Klägerin war seit dem 1.11.1993 bei der Firma … Einrichtungszentrum GmbH & Co. KG in … beschäftigt, über deren Vermögen durch Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 1.11.1999 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. … zum Insolvenzverwalter bestellt wurde. Dieser ist auch Insolvenzverwalter über das Vermögen einer Firma … GmbH & Co. … in … Mit Schreiben vom 27.7.2000 (Bl. 5 d.A.) kündigte Rechtsanwalt Dr. … als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma … das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin. Diese ließ gegen die genannte Kündigung am 15.8.2000 beim Arbeitsgericht Kassel Klage, gerichtet gegen” Rechtsanwalt Dr. … als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma GmbH & Co. … KG, … erheben. Der Klage war das genannte Kündigungsschreiben in Kopie beigefügt. Für den Beklagten meldete sich ein Rechtsanwalt Heller mit Schriftsatz vom 23.8.2000, in dem es u. a. hieß:
Bei Rückfragen bitte unbedingt angeben: …/Führ.
Mit Schriftsatz vom 21.8.2000 (Bl. 8 d.A.) ließ die Klägerin beantragen, das Passiv-Rubrum dahingehend zu berichtigen, dass Beklagter Herr Rechtsanwalt Dr. …, als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. … Einrichtungszentrum GmbH & Co. KG, sein sollte.
Diesen Antrag hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 30.11.2000 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass in der Klageschrift bezeichnete Passiv-Rubrum sei keiner Auslegung im Sinne des Berichtigungsantrages der Klägerin zugänglich, der „falsche Beklagte” nämlich sei „richtig verklagt” worden. Wegen des vollständigen Inhaltes des Beschlusses wird ergänzend auf Bl. 62 – Bl. 65 d.A. Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 28.2.2001 eingegangene Beschwerde der Klägerin, der der Beklagte entgegen tritt. Wegen des Vorbringens der Parteien im Beschwerdeverfahren wird ergänzend auf die Beschwerdebegründung vom 27.2.2001 (Bl. 98–101 d.A.) sowie auf die Beschwerdebeantwortung vom 14.3.2001 (Bl. 164 f. d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 567 ff ZPO zulässige Beschwerde ist begründet. Die Klägerin begehrt mit ihrem Antrag keine Klageänderung i. S. v. § 263 ZPO, sondern eine Berichtigung der Parteibezeichnung des Beklagten gemäß § 264 Ziff. 1 ZPO, die stets und ohne weiteres zulässig ist (Thomas-Putzo, § 264 ZPO RZ 41).
Nach einhelliger Auffassung in Lehre und Rechtsprechung ist bei objektiv unrichtiger oder mehrdeutiger Bezeichnung der Partei im Wege der Auslegung zu ermitteln, wer verklagt werden soll. Dabei ist maßgebend, wie die Bezeichnung bei objektiver Deutung aus der Sicht der Empfänger (Gericht und Gegenpartei) zu verstehen ist (Rosenberg-Schwab-Gottwald: Zivilprozeßrecht, 15. Aufl., 1993, § 41 II 1; BGH, Urteil v. 26.2.1987 NJW 1987 S. 1946 f).
Bei Anwendung dieser Kriterien ergibt sich folgendes:
1. Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin in der Klageschrift bezüglich des Beklagten eine fehlerhafte Parteibezeichnung vorgenommen hat und nicht etwa irrtümlich eine falsche Person als Partei benannt hat. Es ist nicht die „falsche Beklagte” richtig verklagt worden, sondern der richtige Beklagte irrtümlich falsch bezeichnet worden.
Diese Unterscheidung ist vorzunehmen, da im ersteren Falle durch eine Rubrumsänderung eine neue Person in den Prozeß eingeführt und damit ein gewilkürter Parteiwechsel und nicht nur eine Berichtigung vorgenommen würde. Ob das eine oder das andere gegeben ist, kann nur danach beurteilt werden, ob die Identität der beklagten Partei gewahrt bleibt. Dabei kann nicht ausschlaggebend sein, dass die falsch bezeichnete Partei im Rechtsverkehr auch existiert und verklagt werden könnte. Anderenfalls käme eine Berichtigung nie in Betracht, sofern die gemeinte Partei irrtümlich mit dem Namen einer existierenden Rechtsperson bezeichnet wurde. Es ist aber anerkannt, dass z. B. die förmlich gegen den Vertreter gerichtete Klage dahin berichtigt werden kann, dass sie auf den Vert...