Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilnahmerecht des Arbeitgebers an Betriebsversammlungen gem. § 43 Abs. 1 u. 2 BetrVG
Leitsatz (amtlich)
Dem Arbeitgeber steht während der regelmäßigen Betriebsversammlungen des § 43 Absatz 1 und 2 BetrVG ein Teilnahmerecht zu.
Normenkette
BetrVG § 43 Abs. 1-2
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 13.01.2016; Aktenzeichen 7 BV 473/15) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. Januar 2016 - 7 BV 473/15 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über das Teilnahmerecht des Arbeitgebers an der Betriebsversammlung.
Der Arbeitgeber (Antragsteller) betreibt ein Unternehmen innerhalb des A-Konzerns, das als Servicedienstleister umfassende Personaldienstleistungen für die Gesellschaften des A-Konzerns erbringt. Beteiligter zu 2.) ist der dort für den bundesweiten Wahlbetrieb B gewählte Betriebsrat, der nach dem Tarifvertrag zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragen bei der C gebildet worden ist.
Im Januar 2015 teilte der Betriebsrat den Mitarbeitern des Servicecenter Personal in einem Informationsblatt mit, dass er in Zukunft dem Arbeitgeber die Teilnahme an Betriebsversammlungen erst nach Durchführung eines Tagesordnungspunktes ermöglichen werde, der ausschließlich die Teilnahme der Arbeitnehmer und des Betriebsrats vorsehe. Mit Schreiben vom 10. Februar 2015 erhielt der Arbeitgeber die Einladung zu zwei Teilbetriebsversammlungen, die am 24. und 25. Februar 2015 während der Arbeitszeit stattfinden sollten; insoweit wird auf Bl. 17 - 19 d. A. Bezug genommen. Danach sollten die Betriebsversammlungen jeweils um 11:00 Uhr beginnen, während der Arbeitgeber erst um 11:40 Uhr begrüßt werden sollte. Im Monatsgespräch am 17. Februar 2015 teilte die Personal- und Betriebsleiterin dem Betriebsrat mit, dass der Arbeitgeber an Betriebsversammlungen ein umfassendes Teilnahmerecht habe und deshalb mit dem Vorgehen des Betriebsrats nicht einverstanden sei. Gleichwohl fanden die Teilbetriebsversammlungen am 24. und 25. Februar zunächst ohne Vertreter des Arbeitgebers statt. Mit Schreiben vom 12. März 2015 (Bl. 20, 21 d. A.) forderte der Arbeitgeber den Betriebsrat auf, zum alten Format der Betriebsversammlung zurückzukehren und die Teilnahme des Arbeitgebers zukünftig wieder für alle Tagesordnungspunkte einzuplanen. In einem Gespräch am 02. April 2015 teilte die Betriebsratsvorsitzende dem Arbeitgeber mit, dass sie an der neuen Vorgehensweise festhalten werde.
Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, der Betriebsrat sei verpflichtet, ihm die Teilnahme an Betriebsversammlungen von Anfang an zu ermöglichen.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und der gestellten Anträge wird auf die Ausführungen des arbeitsgerichtlichen Beschluss unter I. der Gründe verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Nach dem Wortlaut des § 43 Abs. 1 BetrVG bestehe das Teilnahmerecht des Arbeitgebers an den regelmäßigen Betriebsversammlungen uneingeschränkt. Damit sei ein zeitlich beschränktes Anwesenheitsrecht des Arbeitgebers an der Betriebsversammlung nicht zu vereinbaren. Dies werde bestätigt durch die systematische Stellung der §§ 43, 44 BetrVG. Während § 43 Abs. 2 S. 1 u. 2 BetrVG die Pflicht des Betriebsrats, den Arbeitgeber zu den Betriebsversammlungen einzuladen sowie ihm ein Teilnahme- und Rederecht zu gewähren, lediglich für die in § 43 Abs. 1 BetrVG genannten Betriebsversammlungen vorsehe, gelte dies für die außerordentlichen Betriebsversammlungen des § 43 Abs. 3 BetrVG, die außerhalb der Arbeitszeit stattfinden (§ 44 Abs. 1 BetrVG) nicht. Dementsprechend gingen auch die einschlägigen Kommentierungen übereinstimmend davon aus, dass der Arbeitgeber an den regelmäßigen Betriebsversammlungen einschränkungslos teilnehmen dürfe.
Dieser Beschluss wurde der Vertreterin des Betriebsrats am 29. Februar 2016 zugestellt. Sie hat dagegen am 19. März 2016 Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis 29. Juni 2016 am 24. Juni 2016 begründet.
Der Betriebsrat ist der Auffassung, der Antrag des Arbeitgebers sei bereits unzulässig. Der Begriff "regelmäßige Betriebsversammlung" finde sich lediglich in der Überschrift des § 43 BetrVG und sei keine vom Gesetz vorgesehene Kategorie von Versammlungen. Im Übrigen fehle es an dem erforderlichen Rechtschutzinteresse, da zwischen den Betriebsparteien keine unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich der Durchführung der Betriebsversammlung nach der ersten halben Stunde bestehen. Jedenfalls sei der Antrag unbegründet. Der Arbeitgeber berufe sich darauf, es stehe ihm ein Recht zu, eine einseitige Darstellung von Themen zu verhindern und den Arbeitnehmern ein möglichst umfassendes Bild zu vermitteln. Eine derartige Kontrollfunktion stehe dem Arbeitgeber jedoch nicht zu. Er sei aufgrund der Übersendung der Tagesordnung jederzeit in der Lage, zu allen denkbaren Themen seine A...