Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren des Betriebsrats

 

Orientierungssatz

Rechtsanwaltskosten des Betriebsrats sind vom Arbeitgeber nur dann nicht zu erstatten, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung von vornherein offensichtlich aussichtslos erscheint.

Ist dies nicht der Fall, führt eine spätere Antragsrücknahme nicht zum Wegfall des Honoraranspruchs.

 

Normenkette

BetrVG § 40 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 18.01.2011; Aktenzeichen 4 BV 282/10)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18.01.2011 – 4 BV 282/10 – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:

Die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, an den Antragsteller 490,28 EUR (in Worten: Vierhundertneunzig und 28/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.5.2010 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beteiligte zu 2) dem Grunde nach verpflichtet ist, an den Antragsteller die Rechtsanwaltsvergütung zu zahlen, die im vorliegenden Verfahren entsteht.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren nach § 40 BetrVG.

Der Antragsteller ist der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsobmanns der Beteiligten zu 2. (Arbeitgeberin), einem Unternehmen der IT-Branche. In einem Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main beantragte die Arbeitgeberin unter dem 12. Oktober 2009 die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des Betriebsobmanns von Frankfurt am Main nach Ratingen. Das Verfahren wurde beim Arbeitsgericht Frankfurt unter dem Aktenzeichen 12 BV 683/09 geführt. Der Antrag wurde mit Beschluss vom 16. März 2010 rechtskräftig zurückgewiesen. Zum einen sei der arbeitsvertragliche Versetzungsvorbehalt nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Hinzu komme, dass die Versetzung des Betriebsobmanns nach Ratingen im Sinne von § 103 Absatz 3 Satz 2 BetrVG auch unter Berücksichtigung der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung des Arbeitnehmers aus dringenden betrieblichen Gründen nicht notwendig sei.

Am 17. November 2009 wies der Vorgesetzte des Betriebsobmanns diesen an, nunmehr an jeweils zwei Tagen in der Woche (donnerstags und freitags) in Ratingen anwesend zu sein, um eine effizientere Zusammenarbeit mit den Kollegen an diesem Standort zu gewährleisten. Hiergegen wandte sich der Betriebsobmann mit einer am 24. November 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen einstweiligen Verfügung (12 BV GA 798/09). Mit Beschluss vom 08. Dezember 2009 wies das Arbeitsgericht den Antrag zurück. Zwar dürfe gemäß § 78 S. 1 BetrVG die Betriebsratstätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Nach dem derzeitigen Stand des Hauptsacheverfahrens, gemeint ist das Verfahren 12 BV 683/09, sei offen, ob der Betriebsobmann mit seinem Begehren durchdringen könne. Gerade die individualrechtliche Unzulässigkeit der Anordnung stehe nicht fest. Deshalb bedürfe es wesentlicher Nachteile, das heißt einer erheblichen Beeinträchtigung der Betriebsratstätigkeit für den Erlass der einstweiligen Verfügung. Diese seien nicht erkennbar. Gegen diese Entscheidung legte der Betriebsobmann Beschwerde ein, die beim Hessischen Landesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 9 TaBVGa 245/09 geführt wurde. In der Beschwerdebegründung rügte der Betriebsobmann, dass das Arbeitsgericht zu strenge Anforderungen an das Vorliegen eines Verfügungsgrundes gestellt habe. Es verkenne, dass Verfahrensgegenstand eine Unterlassungsverfügung sei, die wie eine Sicherungsverfügung abwehrenden Charakter habe. Es werde gerade keine Leistungsverfügung verfolgt. Nachdem der vom Hessischen Landesarbeitsgericht anberaumte Verhandlungstermin zweimal verlegt wurde, nahm der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsobmanns wenige Tage vor dem schließlich auf 04. März 2010 bestimmten Verhandlungstermin die Beschwerde zurück, weil Bedenken wegen des Verfügungsgrundes bestünden (Blatt 107 der Akten in 9 TaBVGa 245/09).

Mit dem vorliegenden Beschlussverfahren begehrt der Antragsteller die Erstattung der in zweiter Instanz angefallenen Rechtsanwaltsgebühren aus dem Verfahren 9 TaBVGa 245/09, deren Begleichung die Arbeitgeberin verweigerte. Mit Beschluss vom 26. April 2010 trat der Betriebsrat seinen Freistellungsanspruch in Höhe von 490,28 EUR an den Antragsteller ab.

Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, die Rechtsverfolgung im Beschwerdeverfahren des einstweiligen Verfügungsverfahrens sei nicht offensichtlich aussichtslos gewesen. Das Arbeitsgericht habe zu Unrecht den Verfügungsgrund abgelehnt, indem es die angestrebte Unterlassungsverfügung unrichtig als Leistungsverfügung eingeordnet habe. Erst aufgrund der sehr verzögerten Terminierung beim Hessischen Landesarbeitsgericht hätte das Vorliegen einer Eilbedürftigkeit immer schwieriger glaubhaft gemacht werden können. Deshalb sei die Rücknahme erfolgt.

Der Antragsteller hat beantragt...

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