Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. erhebliche Störung der Vertrauensbeziehung. Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme gewerkschaftlichen Rechtsschutzes. Bewilligung der Prozesskostenhilfe für eine Kündigungsschutzklage bei Zugehörigkeit des Klägers zu einer Rechtsschutz gewährenden Gewerkschaft
Leitsatz (amtlich)
Gewährt eine Gewerkschaft - für die DGB Rechtsschutz GmbH gilt nichts anderes - Rechtsschutz, ist darin regelmäßig eine verwertbare Forderung zu sehen, die die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unmöglich macht. Etwas anderes kann nur gelten, wenn die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes in Gestalt der Vertretung durch den konkreten Gewerkschaftsvertreter oder aus generellen Gründen ausnahmsweise im Einzelfall unzumutbar ist. Dies kann bei einer erheblichen Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Antragsteller und dem sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten des Verbandes der Fall sein.
Normenkette
ZPO § 127 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Kassel (Entscheidung vom 06.06.2012; Aktenzeichen 3 Ca 446/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kassel vom 6. Juni 2012 -3 Ca 446/11- wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die von der D vertretene Klägerin erhob mit einem am 25. November 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Kündigungsschutzklage, der beim ArbG Kassel unter dem Aktenzeichen 3 Ca 446/11 geführt wurde. Gegenstand war eine ordentliche Kündigung vom 8. November 2011, ein allgemeiner Feststellungsantrag sowie hilfsweise für den Fall des Obsiegens ein Weiterbeschäftigungsantrag. Der Klageschrift war das Kündigungsschreiben als Anlage beigefügt, in dem das Datum der Beendigung mit dem 31. Dezember 2012 angegeben war. Die Klageschrift ist unterzeichnet von der Rechtssekretärin F. Im Gütetermin vom 20. Dezember 2011, an dem die Klägerin mit dem Rechtssekretär V teilnahm, erklärte der Beklagtenvertreter, im Hinblick auf den Schreibfehler "31. Dezember 2012" sei gegenüber der Klägerin eine ebenfalls auf den 8. November 2011 datierte weitere Kündigung mit dem (richtigen) Beendigungszeitpunkt "31. Dezember 2011" ausgesprochen worden. Nachdem die Klägerin hierauf zunächst erklärte, von einem solchen Schreiben keine Kenntnis zu haben, korrigierte sie sich noch in der Güteverhandlung dahingehend, dass ihr dieses (zweite) Kündigungsschreiben vom 8. November 2011 vorliegt; diesbezüglich wird auf das Sitzungsprotokoll vom 20. Dezember 2011, Blatt 9 der Akten, verwiesen.
Die Beklagte hat wegen des Verhaltens der Klägerin im Gütetermin vom 20. Dezember 2011 am selben Tag eine außerordentliche Kündigung erklärt, die Gegenstand eines weiteren Kündigungsrechtsstreits beim ArbG Kassel war (3 Ca 6/12). Im Hinblick auf diesen Rechtsstreit setzte das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 17. Januar 2012 den Rechtsstreit 3 Ca 446/11 wegen Vorgreiflichkeit aus; insoweit wird auf Blatt 13 der Akten Bezug genommen. Dieser Beschluss wurde rechtskräftig. In dem Rechtsstreit 3 Ca 6/12 fand am 28. Februar 2012 eine Güteverhandlung statt, die erfolglos blieb. Es wurde Kammertermin auf 3. Mai 2012 anberaumt und der Beklagten aufgegeben, auf die Klage unter Darlegung des Grundes für die außerordentliche Kündigung bis 26. März 2012 zu erwidern. Der Klägerin wurde aufgegeben, dazu bis 24. April 2012 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahme des Beklagtenvertreters vom 23. März 2012 ging am 26. März 2012 beim Arbeitsgericht ein, die der Klägervertreterin, unterzeichnet von Rechtssekretärin F, am 20. April 2012. Dazu nahm der Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 27. April 2012 nochmals Stellung.
Mit Schreiben vom 2. Mai 2012, am selben Tag beim Arbeitsgericht eingegangen, erklärte die Beklagtenvertreterin durch Rechtssekretär K die Mandatsniederlegung, nachdem die Klägerin der D das Mandat entzogen hatte. Am 3. Mai 2012 fand in beiden Verfahren eine Kammerverhandlung statt, an der die Klägerin mit Rechtsanwalt E teilnahm, der in beiden Verfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Klägerin beantragte. In dem Rechtsstreit 3 Ca 446/11 wurde ein Vergleich geschlossen, in dem der Rechtsstreit 3 Ca 6/12 mit erledigt wurde (Bl. 18 der Akte in 3 Ca 446/11). Das Arbeitsgericht machte der Klägerin zur Auflage, binnen drei Wochen die Gründe darzulegen, die zu einem Wechsel der Prozessvertretung geführt haben.
Dazu trug Rechtsanwalt E mit Schriftsatz vom 8. Mai 2012 vor, der Vertreterwechsel sei notwendig geworden, weil die ursprünglich mit der Vertretung beauftragte D nicht habe gewährleisten können, dass die Sachbearbeiterin Frau F kontinuierlich an der Angelegenheit arbeiten konnte. Bereits im Gütetermin sei Frau F durch Herrn V vertreten worden, obgleich sie (Frau F) die Vorbesprechungen durchgeführt habe. Als weitere Besprechungen im April notwendig gewesen seien, um den letzten Termin vorzubereiten, sei Frau F in der 14. Kalenderwoche im Urlaub und in der 15. Kalenderwoche krank gewesen. Ein dringend erforderlicher Rückruf sei nicht erfolgt. Seitens der D sei dann mitgeteilt...