Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Bestimmtheit der Verurteilung des Arbeitgebers zur Erteilung von Gehaltsabrechnungen für einen bestimmten Zeitraum

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Titel, nach dem ein Schuldner für einen bestimmten Zeitraum Gehaltsabrechnungen zu erteilen hat, ist hinreichend bestimmt. Die Höhe des monatlich geschuldeten Bruttobetrags muss nicht in den Titel aufgenommen werden.

 

Normenkette

ZPO §§ 888, 253 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Beschluss vom 08.08.2017; Aktenzeichen 10 Ca 17/15)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach a.M. vom 8. August 2017 - 10 Ca 17/15 - aufgehoben, soweit er den Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgelds in Bezug auf die Verpflichtung zur Erteilung von Gehaltsabrechnungen zurückgewiesen hat.

Gegen den Schuldner wird zur Erzwingung der Verpflichtung gemäß Ziff. 2 aus dem Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Offenbach a.M. vom 18. März 2015 - 10 Ca 17/15 -, nämlich dem Gläubiger Gehaltsabrechnungen für die Monate August 2014, September 2014, Oktober 2014, November 2014 sowie Dezember 2014 zu erteilen, ein Zwangsgeld in Höhe von 200 Euro pro Monat, also insgesamt 1.000 Euro, verhängt.

Für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, wird für je 200 Euro ein Tag Zwangshaft festgesetzt, zu vollziehen an dem Schuldner.

Die Vollstreckung der Zwangsmittel entfällt, sobald der Schuldner der Verpflichtung nachgekommen ist.

Der Schuldner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Frage, ob der Gläubiger die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil betreiben kann, in dem der Schuldner verpflichtet worden ist, für einen bestimmten Zeitraum Gehaltsabrechnungen zu erteilen.

Gegen den Schuldner ist am 18. März 2015 vor dem Arbeitsgericht Offenbach a.M. ein Versäumnisurteil erlassen worden, welches rechtskräftig geworden ist. Darin heißt es auszugsweise:

„… 2. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Gehaltsabrechnungen für die Monate August 2014, September 2014, Oktober 2014, November 2014 sowie Dezember 2014 zu erteilen…“

Die vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisurteils wurde am 2. April 2015 erteilt.

Mit Beschluss vom 7. Mai 2015 ist wegen der nicht erteilten Lohnabrechnungen sowie wegen weiterer titulierter Verpflichtungen ein Zwangsgeld in Höhe von 300 Euro verhängt worden (Bl. 24 - 25 der Akte). Dieser Beschluss ist dem Schuldner am 19. Mai 2015 zugestellt worden. Am 9. Juni 2015 hat der Gerichtsvollzieher A erfolglos versucht, den festgesetzten Zwangsgeldbetrag beizutreiben (vgl. Protokoll Bl. 41 der Akte). Mit Beschluss vom 24. September 2015 hat das Arbeitsgericht zur Durchsetzung der titulierten Verpflichtungen einen Haftbefehl erlassen. Verschiedentliche Versuche, den Schuldner zu verhaften, blieben erfolglos. Mit Protokoll vom 29. August 2016 wurde der Gläubiger darüber informiert, dass der Schuldner das festgesetzte Zwangsgeld mittlerweile gezahlt hat.

Mit Schreiben vom 21. Juni 2016 hat der Gläubiger die erneute Festsetzung eines Zwangsgelds, diesmal in Höhe von 1.000 Euro, gefordert.

Der Gläubiger hat gemeint, die Verpflichtung zur Erteilung von Gehaltsabrechnungen in dem Versäumnisurteil sei hinreichend bestimmt gefasst. Es müsse nicht jeweils der Betrag, über den abgerechnet werden soll, angegeben werden. Im Gegensatz zu anderen Fallkonstellationen sei in dem Versäumnisurteil nicht die Verpflichtung zur „ordnungsgemäßen“ Abrechnung aufgenommen worden.

Mit Beschluss vom 8. August 2017 hat das Arbeitsgericht dem Zwangsvollstreckungsantrag teilweise stattgegeben, soweit es die Verpflichtung zur Mitteilung des Inhalts der Meldung zur Sozialversicherung betraf, und im Übrigen den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Handlungsverpflichtung aus der Ziff. 2 des Versäumnisurteils sei nicht hinreichend bestimmt.

Dieser Beschluss ist dem Gläubiger am 22. August 2017 zugestellt worden. Mit bei dem Arbeitsgericht am 5. September 2017 eingegangenem Antrag hat er sofortige Beschwerde eingelegt.

Er wiederholt und vertieft seinen Sachvortrag und ist der Auffassung, der Zwangsgeldantrag sei zu Unrecht abgewiesen worden. Die Regelung genüge den Bestimmtheitsanforderungen, da der Abrechnungszeitraum bekannt sei. Aus der bisherigen Rechtsprechung lasse sich nicht ableiten, dass in jedem Fall der Betrag, über den abgerechnet werden soll, mit aufgenommen sein müsse.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.

Die statthafte sofortige Beschwerde ist zunächst form- und fristgerecht eingelegt worden und ist insgesamt zulässig (§§ 62 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, 793 ZPO, 78 ArbGG i.V.m. § 569 Abs. 1 ZPO).

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Die Voraussetzungen für die Festsetzung eines weiteren Zwangsgelds nach § 888 ZPO liegen vor. Das ...

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