keine Angaben zur Rechtskraft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsstelle. Bestellung. Regelungsgegenstand

 

Leitsatz (amtlich)

In einem Antrag auf Bestellung einer Einigungsstelle muss hinreichend konkret angegeben werden, über welchen Gegenstand in der Einigungsstelle verhandelt werden soll. Die Erfüllung dieser Zulässigkeitsverordnung unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung.

 

Normenkette

BetrVG § 76; ArbGG 98; ZPO § 253

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 01.12.2005; Aktenzeichen 7 BV 1071/05)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 01. Dezember 2005 – 7 BV 1071/05 – abgeändert:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Bestellung einer Einigungsstelle.

Die antragstellende Arbeitgeberin betreibt ein Luftverkehrsunternehmen. Die Beteiligte zu 2) ist die auf der Grundlage des Tarifvertrags Personalvertretung für das Bordpersonal vom 15. November 1972 (TV PV) gebildete Gesamtvertretung der Gruppenvertretungen für das fliegende Personal der Arbeitgeberin. Die Arbeitgeberin schloss am 14. November 1990 mit der seinerzeit bestehenden Konzernvertretung für das fliegende Personal der Arbeitgeberin und das der A eine „Betriebsvereinbarung für Bordpersonal betreffend: CMS” (nachfolgend: BV). CMS ist die Abkürzung für „Crew Management System”, eine EDV-gestützte Verwaltung der Personaldaten der Mitglieder des fliegenden Personals. § 3 Abs. 4 Unterabs. 1 BV hat folgenden Wortlaut:

„Die genaue Beschreibung der eingeführten CMS-Teilstufen ist der jeweils aktuellen Applikationsdokumentation zu entnehmen. Diese enthält je Teilapplikation/-stufe die verfügbaren funktionalen und technischen Spezifikationen sowie die systembezogenen Dokumentationen und Zugangssicherungsregeln (Security-Handbuch).”

§ 10 Abs. 4 BV enthält u.a. folgende Regelungen:

„Die Vertragspartner verpflichten sich, über erforderliche Änderungen dieser Betriebsvereinbarung auch ohne Kündigung zu verhandeln:

  1. Weiterentwicklung des CMS und/oder seiner Teilstufen,
  2. Veränderungen und/oder Erweiterungen der Anlagen dieser Betriebsvereinbarung …”

Eine Konzernvertretung besteht seit einigen Jahren bei der Arbeitgeberin nicht mehr. Ein CMS entsprechendes System betreibt die Arbeitgeberin für das Bodenpersonal. Sie verhandelt derzeit mit den Betriebsräten des Bodenpersonals über eine Systemauslagerung nach Ungarn. Das CMS wurde bisher in einem Rechenzentrum der Arbeitgeberin auf dem Gelände des B-Flughafens betrieben. Das Gebäude, in dem sich das Rechenzentrum befindet, soll in Zusammenhang mit der Erweiterung des Flughafens im Frühjahr 2006 umgebaut werden. Deshalb beabsichtigt die Arbeitgeberin, das System zukünftig in Räumlichkeiten der C, einer Tochter der Arbeitgeberin, zu betreiben. Aus diesem Anlass und zur Anpassung des Systems an neue Technologien führte die Arbeitgeberin seit November 2004 Verhandlungen mit der Gesamtvertretung gemäß § 10 Abs. 4 BV. Unter anderem legte sie das in der Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 31. Januar 2006 ersichtliche „Formblatt Nr. 9 c” vor, in dem einige Sicherheitsstandards angeführt sind. Mit Schreiben vom 06. Oktober 2004 erklärte sie, sie habe aus ihrer Sicht bezüglich des Themas „CMS-Verlagerung/Änderung des Security-Handbuchs” alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt und die Fragen der Gesamtvertretung beantwortet. Sie erbitte die Zustimmung der Gesamtvertretung. Andernfalls beantrage sie die Bildung einer Einigungsstelle unter dem Vorsitz des Direktors des Arbeitsgerichts Wiesbaden D mit drei Beisitzern pro Seite. In der Folgezeit stimmte die Gesamtvertretung der Bildung einer Einigungsstelle mit dem vorgeschlagenen Vorsitzenden und der vorgeschlagenen Beisitzerzahl zum Thema „CMS-Verlagerung” zu. Ein vom Vorsitzenden anberaumter Termin wurde nicht wahrgenommen, weil zwischen den Beteiligten zwischenzeitlich ein Streit darüber entstanden war, ob Gegenstand des Verfahrens auch Änderungen des Security-Handbuchs sein sollten.

Die Arbeitgeberin hat behauptet, die Verlagerung mache wegen der Anpassung der technologischen und organisatorischen Vorgaben und der Zugriffsberechtigungen zwangsläufig Änderungen im Security-Handbuch notwendig. Sie sei bei der Vereinbarung der Einigungsstelle davon ausgegangen, dass deren Regelungsgegenstand auch das Security-Handbuch umfasse.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

  1. Herrn D, Direktor des Arbeitsgerichts Wiesbaden, zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle zur Thematik „CMS-Verlagerung/ Änderung des Security-Handbuchs” zu bestellen;
  2. die Anzahl der Beisitzer für jede Seite auf drei zu bestimmen.

Die Gesamtvertretung hat zur Begründung ihres Zurückweisungsantrags geltend gemacht, die Anträge seien unzulässig, und behauptet, die Beteiligten hätten eine Einigungsstelle bewusst allein zum Thema der CMS-Verlagerung vereinbart. Deren Gegenstand könne nicht zum Gegenstand einer weiteren Einigungsstelle gemacht werden. Hinsichtlich der Änderung des Security-Handbuchs sei ...

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