Leitsatz (amtlich)
Nach Einführung der Digestionsmethode durch die seit dem 1.2.1987 geltenden FlHV hat das Land Hessen nicht das Recht erhalten, die Tätigkeit seiner Fleischbeschauertierärzte dessen vertraglich die gesamte Trichinenuntersuchung obliegt im Wege einseitiger Weisung auf die Entnahme der Fleischproben zu reduzieren.
Normenkette
FlHG § 1 Abs. 3; FlHV §§ 2-3; TV über die Regelung der Rechtsverhältnisse der Fleischbeschautierärzte außerhalb öffentlicher Schlachthöfe § 12 Abs. 1, 5
Verfahrensgang
ArbG Kassel (Urteil vom 19.04.1989; Aktenzeichen 6 Ca 223/88) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers und die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 19.4.1989 – AZ: 6 Ca 223/88 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden gegeneinander aufgehoben.
Das Rechtsmittel der Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist bei dem beklagten Land seit dem 1. Dezember 1970 als Fleischbeschautierarzt beschäftigt. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages (s. Bl. 9–13 d. A.) obliegt ihm nach näherer Weisung der zuständigen Behörde die Schlachttier- und Fleischbeschau sowie die Trichinenschau im Bereich des Landkreises K., zuletzt im Beschaubezirk V. Gemäß § 3 des Arbeitsvertrages der Parteien bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag über die Regelung der Rechtsverhältnisse der Fleischbeschautierärzte, Fleischbeschauer und Trichinenschauer außerhalb öffentlicher Schlachthöfe vom 1. April 1969 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen (nachfolgend als Tarifvertrag bezeichnet).
Die Trichinenschau wurde bis zum 31.1.1987 durch mikroskopische Einzeluntersuchungen durchgeführt. Die seit dem 1. Februar 1987 geltende Fleischhygieneverordnung vom 30. Oktober 1986 schreibt nunmehr für die Trichinenuntersuchung die Untersuchung mit der Verdauungsmethode (Digestionsmethode) vor, die in Form einer Sammelprobe aus mehreren Tierkörpern durchgeführt wird. Während vor dem 1. Februar 1987 Einzelproben vom amtlichen Tierarzt entnommen und mikroskopisch untersucht wurden, werden nach der seit dem 1. Februar 1987 geltenden Fleischhygieneverordnung Proben von verschiedenen Tieren entnommen, zu einer Sammelprobe vereinigt und nach der Digestionsmethode in einer dem Landkreis M./K. vorhandenen Untersuchungsstellen untersucht. Der Kläger ist von dem beklagten Land angewiesen worden, ab dem 1. Februar 1987 für die Trichinenuntersuchung sowohl bei gewerblichen als auch bei Hausschlachtungen lediglich aus den geschlachteten Tieren Proben zu entnehmen, die dann zur Untersuchung nach der Digestionsmethode abgeholt werden. Der Kläger ist daher seit dem 1. Februar 1987 sowohl vom Transport der Proben zu den vorhandenen Untersuchungsstellen als auch von der Untersuchung der Proben ausgeschlossen. Dies bedeutet für den Kläger einen monatlichen Einkommensverlust.
Mit Schreiben vom 14. März 1987 wandte sich der Kläger dem beklagten Land gegenüber gegen das seit dem 1. Februar 1987 praktizierte Verfahren. Mit Schreiben vom 10. März 1988 teilte der Regierungspräsident dem Kläger mit, daß eine Verletzung des Arbeitsvertrages nicht zu erkennen sei.
Seit dem 1. Februar 1987 wurden aus dem Beschaubezirk des Klägers 1.438 Proben in insgesamt 57 Sammelproben der zentralen Untersuchungsstelle zugeführt und dort untersucht. 1988 wurden im Beschaubezirk des Klägers insgesamt von 1.440 Tieren Proben entnommen, die bei Durchführung der Digestionsmethode durch den Kläger 145 Sammelproben ergeben hätten.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, daß das bekl. Land auch nach dem 1. Februar 1987 verpflichtet ist, ihn mit der tatsächlichen Untersuchung der für die Trichinenuntersuchung entnommenen Proben zu beschäftigen sowie ihm die infolge der Nichtbeschäftigung entgangene Vergütung für die Jahre 1987 und 1988 zu bezahlen.
Er hat die Ansicht vertreten, das beklagte Land könne ihn nicht einseitig von Teilen der Trichinenschau ausschließen, nachdem diese ihm nach dem Arbeitsvertrag obliege. Auch sehe der zwischen den Parteien geltende Tarifvertrag ausdrücklich vor, daß der amtliche Tierarzt nach wie vor die gesamte Trichinenschau ausübe. Die Handhabung des Arbeitsverhältnisses seit dem 1. Februar 1987 stelle sich als Änderungskündigung dar, die er hinzunehmen nicht bereit sei. Insoweit müsse mit Nichtwissen bestritten werden, daß die Personalvertretung überhaupt zu dieser Änderungskündigung angehört worden sei. Unabhängig davon, ob der vorliegende Sachverhalt als Änderungskündigung betrachtet werden könne, habe er – der Kläger – einen Anspruch darauf, daß ihm seit dem 1. Februar 1987 diejenigen Vergütungen nachgezahlt würden, die ihm wegen der geänderten Untersuchungspraxis nicht ausgezahlt worden seien. Für die Untersuchungen einer Sammelprobe seien ohne Befund-, Dokumentation- und üblicher Aufräum- und Reinigungsarbeiten mindestens 90 Minuten Arbeitszeit anzusetzen. Als Stundenlohn sei für diese Tätigkeit in § 12 Abs. 5 Satz 2 Buchst. a ...