Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungs- und Beweislast für überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten. Planungs- und Projektierungsleistungen. Geltendmachung von Mindestbeiträgen und Sozialkassenverfahren. Zum Geltungsbereich des VTV
Leitsatz (redaktionell)
Der Betrieb der Beklagten unterliegt dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV. Die Beklagte ist zur Zahlung der Mindestbeiträge verpflichtet.
Normenkette
TVG § 5; VTV § 1 Abs. 2; BRTV-Bau; ZPO § 138 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 24.10.2012; Aktenzeichen 3 Ca 3260/09) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 24. Oktober 2012 - 3 Ca 3260/09 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Mindestbeiträge nach den Sozialkassentarifverträgen für die Zeit von Dezember 2004 bis November 2005.
Die Klägerin ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Sie hatte nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV-Bau], Tarifvertrag für das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe [VTV]) bis Ende 2010 insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütungen zu sichern. Zu diesem Zweck hatten die den Bautarifverträgen unterfallenden Arbeitgeber monatliche Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Bruttolohnsumme der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer und Festbeiträge für angestellte Arbeitnehmer an die Klägerin zu zahlen.
Die Beklagte ist eine Gesellschaft mit begrenzter Haftung (GmbH) mit Sitz in A/Kreis B. Sie ist aus mehreren Unternehmen entstanden, so dass sie - obwohl eine juristische Person - die Bezeichnung "Unternehmensgruppe" in ihrer Firma trägt.
Die Beklagte bietet Leistungen des gehobenen Innenausbaus einschließlich ihrer Planung und Projektierung an. Bis zumindest 2010 führte sie die Gewerke Innenausbau, Haustechnik sowie Maler- und Lackierer durch eigene gewerbliche Arbeitnehmer aus und beschäftigte zusätzlich zeitweise einen Glaser und einen Arbeitnehmer im Bereich Brandschutz. Weitere im Innenausbau anfallenden Gewerke, wie z. B. Elektroinstallationen, vergab sie an Subunternehmer. Im Jahr 2010 verschmolz sie mit einem Ingenieurbüro. Die Verhältnisse zwischen Planungs- und Projektierungsarbeiten einerseits sowie den selbst und durch Nachunternehmer ausgeführten handwerklichen Tätigkeiten andererseits haben sich dadurch verändert.
Die Beklagte ist seit dem 20. November 1978 Mitglied der Tischlerinnung des Kreises B, welche Mitglied des Fachverbandes des Tischlerhandwerks C und damit auch Mitglied des Bundesverbandes Holz und Kunststoff ist. Die Handwerksrolle der Handwerkskammer D enthält Eintragungen der Beklagten bzw. der Rechtsvorgänger für das Tischlerhandwerk (seit 1978), das Glaserhandwerk (seit 2003), das Parkettlegehandwerk (seit 2006) das Installateur- und Heizungsbauerhandwerk (seit 2005) und das Malerhandwerk (seit 2006).
Die rückwirkend zum 01. Januar 2005 geltenden Einschränkungen der Allgemeinverbindlicherklärungen (AVE-Einschränkungen) vom 24. Februar 2006 waren wie folgt formuliert:
"Erster Teil
Einschränkungen der Allgemeinverbindlicherklärung auf Antrag
III.
Die Allgemeinverbindlicherklärung erstreckt sich nicht auf Betriebe und selbstständige Betriebsabteilungen mit Sitz im Inland,
(...)
5. die unmittelbar oder mittelbar Mitglied des Bundesverbandes Holz und Kunststoff sind, von dem Rahmen- oder Manteltarifvertrag des Bundesverbandes Holz und Kunststoff oder eines seiner Mitgliedsverbände erfasst werden und überwiegend Tätigkeiten ausüben, die im fachlichen Geltungsbereich des am 1. Januar 2003 geltenden Manteltarifvertrages für das holz- und kunststoff verarbeitende Handwerk E (Anhang II) genannt sind, falls derjenige Tarifvertrag, von dem der Betrieb erfasst wird, gegenüber den Rahmen- und Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes spezieller sind;
(...)
Anhang II
Die maßgebenden fachlichen Geltungsbereiche von Tarifverträgen sind nachstehend abgedruckt. Als Betriebe im Sinne dieses Anhangs gelten in jedem Fall auch selbstständige Betriebsabteilungen.
(...)
Holz- und Kunststoff verarbeitendes Handwerk
Für alle Betriebe des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks (Tischler-/Schreinerhandwerk) und den Betrieben der Handwerksordnung, Anlage B., Nr. 24 und 50 (Einbau von genormten Baufertigteilen und Bestattern).
Darunter fallen insbesondere Betriebe, die mit einem der genannten Gewerbe in der Handwerksrolle A oder B eingetragen sind und folgende Tätigkeiten ausüben:
- Produkte und Objekte für den privaten, geschäftlichen, öffentlichen und kulturellen Bereich sowie für den Sport- und Freizeitbereich, insbesondere Möbel und Inneneinrichtungen für und Innenausbau von z.B. Läden, Gaststätten, Praxen, Büros, Hotels, Schulen, Heimen, Sportstätten, Krankenhäusern, Kindergärten, Verwaltungen, Banken, sowie...