Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsanspruch bei vollkontinuierlicher Viererwechselschicht. Urlaubsberechnung

 

Normenkette

BUrlG §§ 1, 3

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.06.1994; Aktenzeichen 13 Ca 6376/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.02.1997; Aktenzeichen 9 AZR 706/95)

 

Tenor

Die Berufung des Kläger gegen desUrteil desArbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 16.06.1994 – AZ 13 Ca 6376/93 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhe der Urlaubsansprüche des Klägers.

Der 36-jährige Kläger ist seit dem April 1978 bei der Beklagten, zuletzt als Chemikant zu einem Stundenlohn von ca. 30,– DM brutto, beschäftigt. Zwischen den Parteien gelten die jeweiligen Regelungen der Manteltarifverträge für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte der chemischen Industrie (MTV), für den hier fraglichen Zeitraum derjenige vom 01. Juli 1979, Stand vom 01.07.1990. Der Kläger arbeitet in der vollkontinuierlichen Viererwechselschicht, d.h. an einem Arbeitstag von 06.00 bis 18.00 Uhr, nach anschließenden 24 Stunden Ruhe von 18.00 bis 06.00 Uhr und nach zwei freien Tagen wiederum von 06.00 bis 18.00 Uhr usw.. Seine regelmäßige Arbeitszeit verteilt sich folglich auf weniger als fünf Werktage in der Woche. Nach dem für den Kläger im Jahre 1992 geltenden Schichtkalender (Bl. 84 d. A.) fielen auf seine, die „grüne” Schicht, 184 Schichttage. Gemäß § 12 II 2. und 3. MTV hatte der Kläger für 1992 und 1993 Anspruch auf je 30 Urlaubstage sowie zusätzlich drei Urlaubstage für seine Tätigkeit in der vollkontinuierlichen Wechselschicht. Gemäß § 12 II 5. Abs. 1 MTV zählen als Urlaubstage grundsätzlich die Arbeitstage mit Ausnahme der Sonntage und der gesetzlichen Feiertage. § 12 II 5. Abs. 2 lautet:

„Für Arbeitnehmer, die regelmäßig in Fünftagewoche mit einem arbeitsfreien Werktag, insbesondere mit arbeitsfreiem Samstag, beschäftigt sind, zählen als Arbeitstage die Tage, an denen der Arbeitnehmer aufgrund der regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit zu arbeiten hätte.”

§ 12 II 5. Abs. 3 lautet:

„Arbeitnehmern, deren regelmäßige Arbeitszeit auf mehr oder weniger als fünf Werktage in der Woche verteilt ist, ist ein zeitlich gleichwertiger Urlaub zu gewährleisten; das gilt insbesondere für Arbeitnehmer in regelmäßiger Schichtarbeit…. Der Urlaub dieser Arbeitnehmer gilt dann als zeitlich gleichwertig, wenn er unter Einrechnung der in die Urlaubszeit fallenden arbeitsfreien Werktage ebenso viele Werktage umfaßt wie bei der Urlaubsberechnung nach Abs. 2; hierbei sind die jeweiligen Schichtpläne und die danach anfallenden arbeitsfreien Werktage zu berücksichtigen.”

Gemäß § 12 I 6. sind Bruchteile von Urlaubstagen von 0,5 an aufwärts auf volle Urlaubstage aufzurunden, Bruchteile darunter entsprechend abzurunden.

Gemäß § 2 I 1. Abs. 1 beträgt die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit an Werktagen ausschließlich der Pausen im Jahre 1992 39 Stunden und im Jahre 1993 bis 31.03. 39 Stunden sowie ab 01.04. 37,5 Stunden. In Abs. 4 der genannten Vorschrift heißt es:

„Einigen sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht über die Verteilung, fällt jeweils im Turnus von acht Wochen eine unbezahlte Freizeit von acht Stunden abwechselnd für die einzelnen Arbeitnehmer der in Betracht kommenden Arbeitnehmergruppe an. Fällt die Arbeit z.B. wegen Urlaub, Krankheit, Kuren aus, entsteht kein Anspruch auf Freizeitausgleich.”

Nachdem es bereits zu Zeiten der Geltung der 40-Stundenwoche zwischen der Beklagten und Mitarbeitern in der vollkontinuierlichen Viererwechselschicht zu Streit über die Berechnung und den Umfang des zu gewährenden Erholungsurlaubs gekommen war, wurde ein entsprechender Musterprozeß angestrengt, der mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 22.10.1991 – Az.: 9 AZR 621/90 (AP Nr. 6 zu § 3 BUrlG) endete. Nach dieser Entscheidung sind für die Bestimmung der Urlaubsdauer von Arbeitnehmern, deren regelmäßige Arbeitszeit auf weniger als fünf Arbeitstage pro Woche verteilt ist, die Arbeitstage und die Werktage zueinander rechnerisch in Beziehung zu setzen, indem die nach dem entsprechenden Tarifvertrag maßgebliche Verteilung der Arbeitszeit auf eine Woche der Verteilung der individuellen, davon abweichenden Arbeitszeit gegenübergestellt wird (zu 2. d. Gr.). Da der Schichtrhythmus beider Beklagten für die vollkontinuierliche Viererwechselschicht nicht auf eine Woche beschränkt sei, sei eine auf die Woche bezogene Umrechnung der Urlaubsansprüche nicht möglich und statt dessen auf das Kalenderjahr abzustellen (zu 5. d. Gr.). Unter Zugrundelegung dessen errechnet das Bundesarbeitsgericht (a.a.O.) bei einem tariflichen Urlaubsanspruch von 33 Arbeitstagen pro Jahr und zu erbringenden 185 Schichten in vollkontinuierlicher Wechselschicht, während der Arbeitnehmer der Bezugsgruppe, die regelmäßig an fünf Werktagen pro Woche, also insgesamt 260 Arbeitstage, zu erbringen hat, eine Urlaubsdauer von 23,48 Tagen (Schichten).

Im anhängigen Verfahren streiten nun die Parteien darübe...

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