Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf eines Aufhebungsvertrags

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Vertrag, mit dem ein bestehendes Arbeitsverhältnis aufgehoben worden ist, kann nicht nach §§ 312, 355 BGB widerrufen werden, da es sich nicht um ein Haustürgeschäft im Sinne des § 312 BGB handelt.

 

Normenkette

BGB §§ 312, 355

 

Verfahrensgang

ArbG Hanau (Urteil vom 13.11.2002; Aktenzeichen 1 Ca 239/02)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hanau vom 13.11.02 – Az.: 1 Ca 239/02 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ein zwischen ihnen geschlossener Aufhebungsvertrag wirksam angefochten ist.

Der Kläger und Berufungskläger (im Folgenden: Kläger) war bei der Beklagten und Berufungsbeklagten (im Folgenden: Beklagte) als kaufmännischer Angestellter in der Abteilung „Technikwelt” beschäftigt, sein durchschnittliches monatliches Bruttoeinkommen beläuft sich auf EUR 2.050,00. Das Arbeitsverhältnis bestand zunächst seit dem Jahre 1986, als der Kläger eine Lehre bei der Beklagten absolvierte, bis 1996. Im Jahre 1996/1997 war der Kläger für ein anderes Unternehmen tätig, danach trat er erneut bei der Beklagten ein, ohne dass eine Anrechnung der Vordienstzeiten zwischen den Parteien vereinbart war.

Die Parteien schlossen unter dem 22.04.2002 einen Aufhebungsvertrag, den der Kläger mit Schreiben vom 30.04.2002 durch seinen Prozessbevollmächtigten anfechten ließ. Auf den Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Aufhebungsvertrages (Bl. 8 d.A.) wird Bezug genommen. Danach sollte das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zum 30.04.2002 enden. Mit seiner am 08.05.2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage macht der Kläger den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend. Anlass für den Aufhebungsvertrag war der Umstand, dass der Kläger dem Kunden P., einem ehemaligen Mitarbeiter der Beklagten, der nunmehr bei einem anderen Arbeitgeber, jedoch im selben Gebäude wie der Kläger arbeitete, ca. 4 Wochen vor Abschluss des Aufhebungsvertrages ein Handy aushändigte. Die Aushändigung erfolgte unentgeltlich und ohne schriftliche Dokumentation. Der Kunde P. war im Besitz eines Gerätes der Marke Nokia, Modell 6210, das nach seinen Angaben defekt war. Der Kläger händigte dem Kunden ein neues Gerät der Marke Nokia 6310 aus, ohne gleichzeitig das alte Gerät zurückzunehmen. Der Wert dieses neuartigen Geräts beläuft sich auf EUR 469,00. Die neueren Modelle der Serie 6310 besitzen eine verbesserte technische Ausstattung sowie einen leichteren und stärkeren Akku. Der Fehlbestand eines Handys der Marke Nokia 6310 fiel auf, nachdem seitens der Hauptverwaltung der Beklagten in K. eine Retourenanforderung erstellt wurde und in diesem Zusammenhang der Bestand überprüft wurde. Hierbei erinnerte sich ein Mitarbeiter der Beklagten, dass der Kunde P. ihn gebeten hatte, sein defektes Handy gegen eines der vermissten Modelle umzutauschen und dieser den Kunden an den Kläger verwiesen hatte.

Der Kläger wurde daraufhin am 22.04.2002 zu diesem Vorgang befragt. Er gab zunächst an, das Gerät müsse gestohlen worden sein. Die Beklagte stellte gleichfalls Nachforschungen beim Kunden P. an. Dieser gab unter dem 22.04.2002 zu dem Vorgang folgende schriftliche Erklärung ab (Bl. 27 d.A.):

„Vor etwa 4 Wochen hat Herr P. Herrn D. gebeten, sein defektes Nokia-Handy 6210 auszutauschen. Herr D. kam diesem Vorhaben nach und übergab – ohne dieses an der Kasse zu dokumentieren – Herrn P. ein neues Nokia 6310.

Das von ihm beanstandete Nokia-Handy 6210 brauchte er nicht zurückzugeben, es befindet sich bis zum heutigen Tage noch in seinem Besitz.

Des Weiteren hat Herr P. keinen neuen Kassenzettel bzw. keinen Leihvertrag über diesen Vorgang erhalten. Das Gerät wurde ihm einfach so ausgehändigt.”

Mit Schreiben vom 26.04.2002 (Bl. 28 d.A.) forderte die Beklagte die Rückgabe des Mobilfunktelefons Nokia 6310 vom Kunden P.

Am 22.04.2002 kam es zu einem Gespräch zwischen dem Kläger einerseits sowie dem Personalleiter der Beklagten F. andererseits. Im Rahmen dieses Gespräches war auch die Rede davon, dass man sich bei einer weiteren Recherche gezwungen sehen könne, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. Der weitere Inhalt des Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig.

Anschließend unterzeichnete der Kläger einen Aufhebungsvertrag, der als Beendigungsdatum den 30.04.2002 vorsieht.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei durch arglistige Täuschung und widerrechtliche Drohung zum Abschluss des Aufhebungsvertrages bewegt worden.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch den wirksam angefochtenen Aufhebungsvertrag vom 22. April 2002 beendet wurde, sondern unverändert fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat das Vorliegen von Anfechtungsgründen bestritten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Aufhebungsvertr...

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