keine Angaben zur Rechtskraft
Entscheidungsstichwort (Thema)
Bautarifvertrag. Allgemeinverbindlicherklärung
Leitsatz (amtlich)
1. Rügt ein nach den für allgemeinverbindlich erklärten Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes auf Zahlung in Anspruch genommener nicht tarifgebundener Arbeitgeber, die Voraussetzungen des § 5 Abs.1 Nr 1 TVG, wonach die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50% der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigen müssen, hätten bei Erlass der Allgemeinverbindlicherklärung nicht vorgelegen, und trägt er vor, er habe ergebnislos versucht, vom zuständigen Ministerium und den Verbänden Auskünfte über die Zahl der von verbandsangehörigen Arbeitgebern beschäftigten Arbeitnehmer zu erlangen, so sind in Ansehung von § 1 Abs.1 IFG im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Prüfakten des Ministeriums beizuziehen, ihr Inhalt dem Arbeitgeber bekannt zu machen und zu überprüfen, ob die Voraussetzungen des § 5 Abs.1 Nr.1 TVG zu Recht vom Ministerium bejaht worden sind.
2. Die Allgemeinverbindlicherklärungen des BRTV/Bau v. 03. Februar 1981 idF vom 20, Dezember 1999 zum 02. Januar 2000, des BRTV/Bau v. 03. Februar 1981 idF vom 19. April 2000 zum 01. Mai 2000 sowie die des VTV/Bau v. 20. Dezember 1999 zum 01. Januar 2000 sind rechtlich nicht zu beanstanden.
Normenkette
TVG 5; IFG 1 I; AEntG 1; VTV/Bau 1 II
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 10.03.2005; Aktenzeichen 9 Ca 1404/01) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 10. März 2005 – 9 Ca 1404/01 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen für die von ihr in Deutschland im Jahre 2000 beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer
Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV/Bau]; Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe [VTV]) insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung für gewerbliche Arbeitnehmer zu sichern. Zu diesem Zweck haben die dem Tarifvertrag unterfallenden Arbeitgeber Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes zu zahlen.
Die Beklagte ist eine juristische Person portugiesischen Rechts mit Sitz in Xxxxx (Portugal), die im Jahre 2000 mit Hilfe aus Portugal entsandter portugiesischer Arbeitnehmer auf der Grundlage von Werkverträgen als Subunternehmerin in der Bundesrepublik Deutschland arbeitszeitlich überwiegend Rohbauarbeiten durchführte. Gleichartige Tätigkeiten wurden von der Beklagten in Portugal ausgeführt.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei zur Teilnahme am Sozialkassenverfahren nach den entsprechenden Bestimmungen und damit auch zur Zahlung von Sozialkassenbeiträgen für den Zeitraum Januar 2000 bis Dezember 2000 verpflichtet. Die Höhe der Beiträge ergebe sich zum einen aus den von der Beklagten im Laufe des Rechtsstreits gemachten Angaben, aus denen sich Beiträge von EUR 155.399,13 errechneten abzüglich geleisteter Zahlungen, zum anderen daraus, dass für einen beschäftigten Koch im April 2000 zusätzlich ein Beitrag von EUR 206,03, für einen weiteren Arbeitnehmer im Mai ein Beitrag von EUR 211,83 und für drei in den Monaten Januar, Februar, März und Mai 2000 beschäftigten, aber nicht gemeldeten Arbeitnehmer unter Zugrundelegung der durchschnittlichen tariflichen Arbeitszeit im Baugewerbe, dem tariflichen Mindestlohn und dem Urlaubskassenbeitragssatz EUR 582,91 zu zahlen seien. Hinsichtlich der genauen Berechnung des Klägers wird auf dessen Schriftsatz vom 08. März 2005 (Bl. 255 bis 257 d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 155.982,04 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat gemeint, eine Teilnahme ihrerseits am Sozialkassenverfahren scheide deshalb aus, weil die entsprechenden gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen gegen Europa- und Verfassungsrecht verstießen und zudem nicht erkennbar sei, dass die Voraussetzungen für eine Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) der bautarifvertraglichen Bestimmungen gegeben seien, nämlich, dass die tarifgebundenen Arbeitgeber mindestens 50% der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 10. März 2005 stattgegeben Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 270 bis 284 d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 13. Mai 2006 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.
Sie meint, entgegen dem Arbeitsgericht sei die AVE der Bautarifverträge unwirksam. Das folge ...