Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung brasilianisches Sanierungsverfahren. Rechtsverfolgung im Inland. [Un-]Zulässigkeit Rechtsverfolgung im Inland
Leitsatz (amtlich)
1. Das brasilianische Sanierungsverfahren ist ein Insolvenzverfahren im Sinne des § 343 Abs. 1 InsO.
2. Nach brasilianischem Recht müssen alle Gläubiger in einem Sanierungsverfahren ihre Forderungen anmelden.
3. Ist ein ausländisches Insolvenzverfahren im Inland anzuerkennen, müssen inländische Gläubiger ihre Forderungen im ausländischen Verfahren nach den dort geltenden Formen und Fristen anmelden. Eine Rechtsverfolgung im Inland ist dann unzulässig.
Normenkette
InsO §§ 343, 352
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 24.08.2010; Aktenzeichen 11/3 Ca 5079/08) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 24. August 2010 - 11/3 Ca 5079/08 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Begleichung diverser Entgeltforderungen, eine Sozialplanabfindung sowie Gehaltsabrechnungen.
Der Kläger war bei der Beklagten bis zum 31. Dezember 2008 mit einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 5.642,86 € beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund der am 27. Juni 2008 zugegangenen ordentlichen, betriebsbedingten Kündigung. Die Beklagte ist ein brasilianisches Flugunternehmen mit Sitz in A, welches sich mit dem Transport von Frachtgütern befasst. In der B unterhielt sie nur eine Niederlassung in C. Die Betriebsstätte wurde spätestens Ende Juni 2008 geschlossen und die Niederlassung im Handelsregister gelöscht.
Am 03. März 2009 beantragte die Beklagte beim Zentralen Gericht für Zivilsachen in A die Genehmigung eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens. Mit der am 13. März 2009 verkündeten Entscheidung wurde von der 1. Abteilung für gerichtliche Insolvenz- und Sanierungsverfahren des zentralen Gerichts der Durchführung des Sanierungsverfahrens stattgegeben und Herr Rechtsanwalt D als gerichtlicher Verwalter bestellt. Er teilte dem Kläger mit Schreiben vom 03. April 2009 unter anderem Folgendes mit:
"... Ich, D, Insolvenzverwalter, teile Ihnen angesichts der Bestimmungen von Art. 22 Absatz I Buchstabe a des Gesetzes Nr. 11.101/05 mit, dass der Antrag auf gerichtliche Sanierung der E am 03.03.2009 bei der 1. Vara de Falências e Recuperações Judiciais ¹ des Zentralgerichts in A im Bundesstaat A eingereicht wurde, Prozess Nr. 583.00.2009.121755-9 (laufende Nr.: 64/2009). Das Verfahren wurde am 13.03.2009 eröffnet. Sie sind mit dem Gegenwartswert von R$ 77.308,79 ordnungsgemäß als Credor(a) Trabalhista ² in das Gläubigerverzeichnis aufgenommen worden. Sollte der Betrag nicht dem tatsächlich geschuldeten entsprechen, kann innerhalb einer Frist von vierzehn Tagen ab Veröffentlichung der öffentlichen Bekanntmachung eine Beanstandung zu Protokoll der Geschäftsstelle der 1. Vara de Falências e Recuperações Judiciais¹ des Zentralgerichts in A - Capital, 16° andar, Foro João Mendes Jr. - Praça João Mendes Jr., s/n° - Centro, A - Capital ³ - eingereicht werden (Art. 7 § 1 Gesetz Nr. 11.101/05), wobei die Verfahrensformalitäten nach Art. 13 Gesetz Nr. 11.101/05 einzuhalten sind.
Ferner teile ich Ihnen mit, dass Ihnen meine Kanzlei in der F von Montag bis Freitag, von 10 bis 17 Uhr für Informationen zur genannten gerichtlichen Sanierung zur Verfügung steht ..."
Mit Schreiben vom 25. Mai 2009 antwortete der Kläger in portugiesischer Sprache und machte sowohl den Grund als auch der Höhe nach weitergehende Forderungen geltend. Wegen der Einzelheiten wird auf die Übersetzung des Schreibens - Bl. 479, 480 d. A. - verwiesen. Am 15. September 2009 erfolgte durch das Zentrale Gericht für Zivilsachen folgende öffentliche Bekanntmachung:
"... Der von der ersten Abteilung des Gerichts für Insolvenzen und gerichtliche Sanierungen der Zentralen Gerichtsbarkeit des Gerichtsbezirks der Hauptstadt des Bundesstaates A bestellte gerichtliche Verwalter gibt allen, die diese öffentliche Bekanntmachung sehen oder davon Kenntnis haben, bekannt, dass gemäß Artikel 7 des Gesetzes 11.101/2005 die von den Gläubigern rechtzeitig vorgelegten Abweichungen und Forderungen auf der Grundlage der Buchhaltungsbücher sowie kaufmännischer und steuerlicher Unterlagen der Schuldnerinnen und auf der Grundlage der von ihm von den Gläubigern vorgelegten Unterlagen, überprüft wurden. Hierbei gilt als sicher, dass die eventuell von dem zu sanierenden Unternehmen in dessen am 15. Mai 2009 in dem elektronischen Veröffentlichungsblatt zur Verfügung gestellten Gläubigerliste angemeldeten weiteren Forderungen unverändert bleiben. Gläubigerliste: Forderungen aus arbeitsrechtlicher Gesetzgebung: ... G 25.764,19 € ... Steuer- und Sozialabgabenforderungen ...
Gemäß Art. 8 des Gesetzes Nr. 11.101/2005 kann jeder Gläubiger, Schuldner oder deren Gesellschafter und die Staatsanwaltschaft innerhalb...