Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeitverkürzung bei rollierender Arbeitszeit
Leitsatz (amtlich)
Fällt in einem rollierenden Arbeitszeitsystem mit Fünf-Tage-Woche bei 6-tägiger Öffnungszeit der freie Tag auf einen Wochenfeiertag, entsteht auch nach dem Manteltarifvertrag für den Hessischen Einzelhandel kein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung, weil der Arbeitnehmer an diesem Tag keinen Arbeitsausfall hat, sondern sich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit um die an dem Wochenfeiertag ausfallenden Arbeitsstunden vermindert. (Übernahme der Entscheidung des BAG vom 16.03.1988 – 4 AZR 626/87 – zum MTV für den Einzelhandel in Bayern auf den MTV für den Hessischen Einzelhandel)
Normenkette
MTV für den Hessischen Einzelhandel, gültig ab 01.01.1986 § 4 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Urteil vom 04.11.1986; Aktenzeichen 4 Ca 140/86) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 04.11.1986 – 4 Ca 140/86 – wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlußberufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 04.11.1986 – 4 Ca 140/86 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der etwa 55-jährige Kläger ist seit Jahren bei der Beklagten als Hausmeister für DM 3.196,– brutto im Monat beschäftigt. Er ist stellvertretender Betriebsratsvorsitzender.
Auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien findet der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für den Hessischen Einzelhandel, gültig ab 01.01.1985, Anwendung. Dieser Tarifvertrag sieht in § 2 ab 01.01.1986 eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden und in § 3 die Zahlung von Mehrarbeitsvergütung für die über 38,5 Stunden hinausgehende Arbeitszeit vor.
Im Betrieb der Beklagten wird in verschiedenen Gruppen nach dem Roll-Freizeit-System gearbeitet. Die Einzelheiten hierzu sind in einer Betriebsvereinbarung vom 20.02.1986 (Bl. 4 ff. d.A.) und in einem Zwischenvergleich vor der Einigungsstelle vom 04.02.1986 (Bl. 8 d.A.) festgelegt. Jede/r Mitarbeiter/in erhält pro Monat 4 freie Tage, die rollierend von Montag bis Freitag gewährt werden. Im übrigen wird an den Werktagen – außer Samstags – 8,25 Stunden gearbeitet.
Das Zusammenfallen von Rolliertagen und Wochenfeiertagen wird auf die einzelnen Rolliergruppen gleichmäßig verteilt, so daß je Rolliergruppe 2 Freizeittage pro Jahr auf Wochenfeiertage fallen. Die Frage, ob bei einer solchen Kollision zusätzlich Freizeit zu gewähren ist, wurde in dem Zwischenvergleich vor der Einigungsstelle ausdrücklich offengelassen.
Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger von der Beklagten für 1986 die Bezahlung von 2 Arbeitstagen a 8,25 Stunden, hilfsweise die Gewährung von entsprechendem Freizeitausgleich verlangt.
Er hat die Ansicht vertreten, durch die vorgenommene Berechnungsweise ergebe sich eine tatsächliche Jahresarbeitszeit, die über der vom Tarifvertrag vorgesehenen – sich auf der Grundlage einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden ergebenden – Jahresarbeitszeit liege. Die Beklagte sei daher verpflichtet, dem Kläger für die auf Wochenfeiertage fallenden 2 Rolliertage einen Ausgleich in Geld bzw. Freizeit zu gewähren.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 316,72 brutto nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger einen Freizeitausgleich in Höhe von 2 Arbeitstagen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, durch die in der Betriebsvereinbarung und dem Zwischenvergleich enthaltenen Regelungen sei sichergestellt, daß im Jahresdurchschnitt die Arbeitszeit von 38,5 Stunden pro Woche erreicht werde. Der Kläger arbeite daher nicht mehr, als der Tarifvertrag vorsehe. Eine zusätzliche Bezahlung sei nicht zulässig, da die Lohnzahlung an Feiertagen lediglich einen Lohnausfall ausgleichen, nicht jedoch zu einer Erhöhung des monatlichen Einkommens führen solle.
Durch Urteil vom 04.11.1986 hat das Arbeitsgericht Offenbach am Main die Beklagte verurteilt, dem Kläger einen Freizeitausgleich in Höhe von 10,45 Arbeitsstunden zu gewähren und bei einem auf 316,72 DM festgesetzten Streitwert die Berufung zugelassen.
Auf den Inhalt der Entscheidungsgründe (vgl. Bl. 46–48 d.A.) wird Bezug genommen.
Gegen das den Parteien am 02.02.1987 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02.03.1987 Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitiger Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 04.05.1987 am 04.05.1987 begründet.
Die Beklagte hat am 19.05.1987 unselbständige Anschlußberufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Der Kläger greift das erstinstanzliche Urteil in seiner Berufungsbegründung vom 04.05.1987 (vgl. Bl. 61–82 d.A.) und dem Schriftsatz vom 07.12.1987 (vgl. Bl. 91–94 d.A.) mit Rechtsausführungen an, auf die im einzelnen verwiesen wird. Außerdem beruft sich der Kläger auf ein Urteil des Arbeitsgerichts München vom 15.07.1986–11 Ca 6363/86 – und ein U...