Leitsatz (amtlich)

Zur Unterscheidung eines „Fernheizwerkes” von einer „fremdwärmeversorgten Anlage”

 

Normenkette

MTL II § 2; Lgr. IX

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 24.09.1986; Aktenzeichen 14 Ca 635/82)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 31.08.1988; Aktenzeichen 4 AZR 135/88)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt vom 24.09.1986 – AZ: 14 Ca 635/82 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Das Rechtsmittel der Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Verpflichtung des beklagten Landes, dem Kläger nach der Lohngruppe IX des Tarifvertrages über das Lohngruppenverzeichnis zum MTL II Lohn zu gewähren. Der Kläger ist gelernter Maschinenschlosser (s. Bl. 2.63 d.A.). Er stand zunächst als gewerblicher Arbeiter in den Diensten der Stadt F. Seit dem 01.01.1967 ist er als Arbeiter in die Dienste des beklagten Landes übernommen und in die Lohngruppe VIII MTL II eingereiht worden Beide Parteien erfüllen die Voraussetzungen für eine Tarifbindung an den MTL II. Ihr Arbeitsvertrag vom 01.11.1968 (s. Bl. 145 d.A.) sieht mit Rücksicht auf den Übernahmevertrag (s. Bl. 132 d.A.) und die Besitzstandsregelung (s. Bl. 131 d.A.) im § 5 folgende „Nebenabrede” vor:

„Auf das Arbeitsverhältnis wird das für den bisherigen Arbeitgeber jeweils geltende Tarifrecht für Arbeiter solange angewandt, bis der Arbeiter diese Nebenabrede widerruft. Der Widerruf wird bis zum Ende des Kalendermonats wirksam, in dem er ausgesprochen wird.”

Im § 2 ist bestimmt:

„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Manteltarifvertrag für Arbeiter der Länder (MTL II) vom 27. Februar 1964 und den diesen ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen.”

Der Kläger ist Arbeiter in der Energiezentrale des Universitätsklinikums in F. In der Energiezentrale findet keine Wärmeerzeugung durch Verbrennung (z. B. fossiler Brennstoffe), durch Verbrauch elektrischer Energie oder durch atomare Umwandlungsprozesse statt. Die Energiezentrale ist eine Fernheizvertreiler- und Reindampferzeugungsanlage. Sie wird von außen mit hochgespanntem Heißdampf (17 atü. 260° C), den das Heizkraftwerk der Stadt F. liefert, beschickt. In der Energiezentrale erfolgt dann eine Dampfverteilung und Dampfreduzierung auf 11 atü für Heizwasser und auf 1 atü für Kältemaschinen. Sie hat eine Kapazität von 75 Mil. kcal/h. Hinsichtlich weiterer technischer Einzelheiten wird auf das in tatsächlicher Hinsicht inhaltlich unstreitige Gutachten vom 03.05.1984 (s. Bl. 111 – 113 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die im Arbeitsvertrag vom 01.11.1968 enthaltene Nebenabrede hindere ihn nicht daran, sich hinsichtlich seiner zutreffenden Eingruppierung auf den MTL II zu berufen (s. Bl. 36, 127, 128 d.A.). Hilfsweise müsse in der Berufung auf den MTL II der im Arbeitsvertrag vorgesehene Widerruf gesehen werden (s. Bl. 36 d.A.). Er hat weiter ausgeführt, die Energiezentrale sei eine Hochdruckkesselanlage und eine Fernheizanlage im Sinne des Tarifvertrages über das Lohngruppenverzeichnis zum MTL II (s. Bl. 26 – 35, 47, 83 – 86 d.A.). Auf das Erfordernis der Wärmeerzeugung komme es nicht an (s. Bl. 83 d.A.). Fernheizwerke seien Teile von Fernheizanlagen (s. Bl. 83 d.A.). Auch die Energiezentrale, in der der Kläger beschäftigt sei, sei Teil einer Fernheizanlage, da sie vom städtischen Fernheizwerk die Primärenergie beziehe (s. Bl. 84 d.A.) und mit diesem einen Verbund bilde. Der Kläger übe die auf Bl. 8, 48 d.A. beschriebene Tätigkeit aus. Er erfülle die Tätigkeitsmerkmale der Lohngruppe IX in den Fallgruppen 14.2 (s. Bl. 51, 52 d.A.). 14.3 (s. Bl. 21 d.A.) und 14.4 (s. Bl. 2, 21, 23 – 26, 37 – 46, 86 d.A.).

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.07.1981 nach der Lohngruppe IX MTL II zu vergüten und
  2. festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, an den Kläger 4 Z Zinsen aus dem Differenzbetrag zwischen den Lohngruppen IX und VIII MTL II zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es ist davon ausgegangen, daß der MTL II wegen der vertraglichen Nebenabrede der Parteien keine Anwendung finden könne (s. Bl. 15, 16, 123, 137 d.A.). Abgesehen davon hat es die Ansicht vertreten, daß die Fallgruppen 14 der Lohngruppe IX auf die Tätigkeit des Klägers nicht anwendbar seien da es sich bei der Energiezentrale um eine mit Fernwärme versorgte Anlage handele (s. Bl. 77 d.A.). Demgegenüber sei die Erzeugung von Wärmeenergie Voraussetzung für die Anwendung der Fallgruppen 14 der Lohngruppe IX MTL II. Der Tätigkeitskatalog der Lohngruppe IX sei abschließend (s. Bl. 61, 62 d.A.). Die Energiezentrale sei weder eine Hochdruckkesselanlage, noch eine Fernheizanlage im tarifvertraglichen Sinne (s. Bl. 63 – 67, 74, 75, 136 d.A.). Die vom Kläger dargestellte Tätigkeit sei tarifrechtlich auch gar nicht relevant (s. Bl. 74, 75 d.A.), da sie maßgebliche Kriterien nicht erfülle (s. Bl. 67 d.A.). Insbesondere seien die Tätigkeitsmerkmale der ...

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