Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen wiederholten Verstoßes gegen die Pflicht zur Einhaltung der Arbeitszeit. Rechtsfolgen der Unrichtigkeit einzelner Abmahnungen
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Abmahnung, die Vorwürfe enthält, die im Kern und hinsichtlich der Art und Schwere der Pflichtverletzung zutreffen, erfüllt die kündigungsrechtliche Warnfunktion auch dann, wenn sie tatsächlich Unrichtigkeiten enthält, die einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte begründen würden.
2. In einem solchen Fall wird auch die Betriebsratsanhörung nicht dadurch unzutreffend, dass ihr die Abmahnung beigefügt war. Das gilt jedenfalls, wenn nicht ersichtlich ist, dass die Abmahnung vorsätzlich falsche Angaben enthält.
Normenkette
KSchG § 1; BetrVG § 102
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 31.01.2013; Aktenzeichen 19 Ca 3972/12) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 31. Januar 2013 - 19 Ca 3972/12 - teilweise abgeändert und die Klage, soweit sie nicht durch Teilurteil - 16/7 Sa 139/13 - entschieden worden ist, insgesamt abgewiesen.
Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Kläger 4/7 und die Beklagte 3/7 zu tragen. Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen ordentlichen Kündigung und um Weiterbeschäftigung. Die Beklagte betreibt ein Gebäudereinigungsunternehmen in der Rechtsform der GmbH und beschäftigt regelmäßig deutlich mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich Auszubildende. Bei ihr besteht ein Betriebsrat.
Der am xx.xx.1972 geborene, verheiratete und zum Kündigungszeitpunkt drei Kindern unterhaltspflichtige Kläger ist seit dem 3. Juli 1996 bei der Beklagten als Glas- und Gebäudereiniger mit einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt von zuletzt ca. 2.187,00 EUR beschäftigt.
Im Jahr 2009 wurde der Kläger von der Beklagten im Objekt Sparkassen IT eingesetzt. Mit Schreiben vom 12. Mai 2009 (Bl. 59 d.A.) erhielt er eine Abmahnung, weil er während der Arbeitszeit beim Rauchen angetroffen worden sei, mit Schreiben vom 13. August 2009 wegen unentschuldigten Fehlens (Bl. 60 d.A.), mit Schreiben vom 19. August 2009 wegen zu späten Arbeitsbeginns (Bl. 61 d.A.) und am 25. November 2009 erneut wegen unentschuldigten Fehlens (Bl. 62 d.A.).
Der Kläger wurde sodann aus dem Objekt Sparkassen IT herausgenommen und arbeitete in einer Sonderreinigungstruppe.
Unter dem 1. Juni 2010, der Kläger war zu diesem Zeitpunkt bei dem Objekt H eingeteilt, erhielt er eine Abmahnung, weil er zweieinhalb Stunden nach Arbeitsbeginn immer noch keine Arbeitskleidung getragen habe (Bl. 63 d.A.).
Ab Februar 2011 wurde der Kläger bei dem Kunden I als Glasreiniger eingesetzt. Seine Arbeitszeit lag dort in der Zeit von 06:00 Uhr bis 13:15 Uhr. Die Anzahl der Pausen war zuletzt streitig, die unstreitige Pause lag in der Zeit von 09:00 Uhr bis 09:15 Uhr.
Unter dem 27. Januar 2012 wurde der Kläger abgemahnt, weil er sich am 19. Januar 2012 nicht an seine Arbeitszeit gehalten habe. Er habe erst um 06:25 Uhr die Arbeit aufgenommen und sei bereits um 13:00 Uhr zu den Umkleidekabinen gegangen, obwohl er bis 13:15 Uhr habe arbeiten müssen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Abschrift der Abmahnung (Bl. 64 d.A.) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 22. März 2012 erhielt der Kläger eine weitere Abmahnung. In dieser wird ihm vorgeworfen, er sei am 12. März 2012 von der zuständigen Mitarbeiterin des Kunden I um 08:00 Uhr und damit außerhalb seiner Pausenzeit im 10. Stock beim Rauchen gesehen worden, obgleich er um diese Zeit die Aufgabe hatte, die Glastische im 14. und 15. Stock zu reinigen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Abschrift der Abmahnung (Bl. 65 d.A.) verwiesen.
Weiterhin wurde der Kläger am 27. März 2012 schriftlich abgemahnt, weil er in den Etagen 1, 2 und 3 die Fenster und Jalousien nicht gereinigt habe und sich die Mitarbeiterin der I deswegen mit E-Mail vom 21. März 2012 beschwert habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Abschrift der Abmahnung (Bl. 66, 67 d.A.) Bezug genommen.
Schließlich wurde der Kläger mit Schreiben vom 23. April 2012 abgemahnt, weil er sich bereits um 12:00 Uhr umgezogen und das Objekt verlassen habe, obgleich seine Arbeitszeit bis 13:15 Uhr andauere.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Abschrift der Abmahnung (Bl. 68 d.A.) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 30. Mai 2012, dem Kläger zugegangen am gleichen Tag, kündigte die Beklagte dem Kläger das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30. November 2012. Mit Schriftsatz vom 8. Juni 2012, bei dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangen am gleichen Tag, erhob der Kläger Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vom 30. Mai 2012, der das Arbeitsgericht Frankfurt am Main mit Teilur...