Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung des Betriebsrats. Anrechnung einer Tariferhöhung. Anrechnung auf übertarifliche Zulagen
Leitsatz (redaktionell)
Die Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf übertarifliche Zulagen unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, wenn sich durch die Anrechnung die Verteilungsgrundsätze ändern und darüber hinaus für eine anderweitige Anrechnung bzw. Kürzung noch ein Regelungsspielraum verbleibt.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10; TVG § 1
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Urteil vom 18.07.2001; Aktenzeichen 9 Ca 356/00) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 18. Juli 2001 – 9 Ca 356/00 – abgeändert
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 719,35 (i.W.: Siebenhundertneunzehn 35/100 Euro) brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG, Jedoch nicht über 8,24 % Zinsen hinaus, aus dem EUR 168,73 (i.W.: Einhundertachtundsechzig 73/100 Euro) brutto entsprechenden Nettobetrag seit dem 1. Juli 2000 und 5 % Zinsen aus dem sich aus EUR 78,66 (i.W.: Achtundsiebzig 66/100 Euro) brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 1. September, 1. Oktober, 1. November, 1. Dezember 2000,1. Januar, 1. Februar und 1. März 2001 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 1/5, die Beklagte 4/5 zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zulässigkeit der Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf eine übertarifliche Zulage.
Die Klägerin ist seit 01.09.1997 als technische Angestellte im Betrieb der Beklagten in B. beschäftigt, in dem ein Betriebsrat gewählt worden ist. Auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien finden kraft beiderseitiger Mitgliedschaft in den tarifvertragschließenden Verbänden die tariflichen Bestimmungen der Metallindustrie im Lande Hessen, vereinbart zwischen dem Arbeitgeberverband der Hessischen Metallindustrie und der Industriegesellschaft Metall. Anwendung.
Bis Ende 1999 wurde die Klägerin nach der Gehaltsgruppe T 3 des Gehaltsrahmentarifvertrages für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie des Landes Hessen vom 15.01.1982 (GRTV) bezahlt. Ihre monatliche Vergütung von insgesamt DM 4.941,00 brutto setzte sich aus dem Tarifgrundgehalt (DM 4.092,00 brutto), einer tariflichen Leistungszulage nach § 3 Ziff. 2 GRTV von 18,75 % (DM 768,00 brutto) und einer freiwilligen Zulage von DM 81,00 zusammen.
Mit Wirkung zum 01.01.2000 wurde die Klägerin in die Tarifgruppe T 4 umgruppiert und ihr Gehalt mit Schreiben vom 10.12.1999 (Bl. 25 d.A.) neu festgelegt. In diesem Schreiben heißt es u. a. bezüglich des Gehalts Folgendes:
Es setzt sich wie folgt zusammen:
Grundgehalt, Gehaltsgruppe T 4 |
DM 4.774,00 |
Anrechenbar, jederzeit widerrufliche Betriebszulage |
DM 526,00 |
Bruttogehalt monatlich einschließlich Tariferhöhung 2000 |
DM 5.300,00 |
Nach 3 Monaten wird eine neue Leistungsbeurteilung durchgeführt und Ihr Gehalt dann entsprechend aufgeteilt.
Wir hoffen auf weiterhin gute Zusammenarbeit.
Mit Wirkung zum 01.04.2000 wurde die in § 3 GRTV vorgesehene Leistungsbeurteilung vorgenommen und die tarifliche Leistungszulage auf 7,5 % (DM 359,00 brutto) festgesetzt. Die Betriebszulage wurde auf DM 167,00 brutto geändert, die Endvergütung der Klägerin blieb mit DM 5.300,00 brutto unverändert.
Anlässlich der tariflichen Erhöhungen der Vergütungen zum 01.05.2000, die u. a. die Zahlung eines Pauschalbetrages für die Monate März und April 2000 von DM 330,00 brutto beinhalteten, ließ die Beklagte die Gesamtvergütung der Klägerin unberührt und teilte der Klägerin mit, ihr Gehalt setze sich nunmehr aus dem Grundgehalt der Gehaltsgruppe T 4 in Höhe von DM 4.918,00 brutto, der tariflichen Leistungszutage von 7,5 % (DM 368,85 brutto) und einer freiwilligen Zulage (Betriebszulage) von DM 13,15 brutto zusammen.
Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 22.05. und 27.06.2000 die Zahlung des tariflichen Pauschalbetrages erfolglos verlangt hatte, fordert die Klägerin nunmehr klageweise einmal die Zahlung dieses Pauschalbetrages und zum anderen die Zahlung von monatlich DM 153,85 brutto, nämlich der Differenz zwischen DM 167,00 und DM 13,85 für den Zeitraum Mai 2000 bis Februar 2001.
Die Klägerin hat vorgetragen, die von der Beklagten vorgenommene Anrechnung übertariflicher Zahlungen auf die Tariflohnerhöhung sei wegen Verstoßes gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unwirksam. Die Reduzierung der Zulage ab 01.04.2000 auf DM 167,00 greife sie nicht an, wohl aber die erneute Reduzierung auf DM 13,15. Von Seiten der Beklagten sei weder eine flächendeckende und vollständige Anrechnung der Tariferhöhung bei allen Arbeitnehmern vorgenommen worden noch existiere eine Betriebsvereinbarung über die Anrechnung. Außerdem fehle es an sachlichen Gründen für eine Anrechnung ausschließlich bei ihr.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin
D...