Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit der Versetzung des in Berlin, Hamburg und Düsseldorf stationierten fliegenden Personals der Deutschen Lufthansa nach Frankfurt/M.
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Zuweisung eines neuen, vertraglich nicht festgeschriebenen Stationierungsortes gegenüber einem Mitglied des fliegenden Personals stellt eine Versetzung dar, da die Veränderung des Stationierungs- und damit des Einsatzortes bei den Mitarbeitern des fliegenden Personals wesentliche Auswirkungen insbesondere im Hinblick auf die Berechnung von Arbeits- und Ruhezeiten hat.
2. Die einer Umstationierung zugrunde liegende Unternehmerentscheidung, an einem bestimmten Ort kein fliegendes Personal mehr zu beschäftigen, ist im Rahmen der Interessenabwägung hinsichtlich einer Versetzung zu berücksichtigen, wobei allerdings die Zweckmäßigkeit einer Neuordnung der Stationierung keiner Kontrolle zu unterziehen ist, sondern insoweit lediglich eine Missbrauchskontrolle stattfindet. Entscheidend ist, ob die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht als willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG - 10 AZR 1082/12 - 13.11.2013; Aufgabe von LAG Frankfurt/M. - 17 Sa 1024/10 - 28.03.2011).
3. Die Versetzung des in Berlin, Hamburg und Düsseldorf stationierten fliegenden Personals der Deutschen Lufthansa nach Frankfurt/M. erweist sich als unwirksam, da ein überwiegendes Interesse an der Versetzung nicht dargetan ist. Dies folgt bereits daraus, dass die Deutsche Lufthansa dem in Düsseldorf und Hamburg stationierten Personal eine sog. "virtuelle Stationierung" anbietet, die sie so stellt, als seien sie weiter dort stationiert. Dies lässt mangels näherer Darlegung ein rechtliches Interesse an der Versetzung nicht erkennen.
4. Insbesondere ist nicht dargelegt, dass für das noch vorhandene fliegende Personal in Berlin, Düsseldorf und Hamburg keine Einsatzmöglichkeiten mehr bestehen.
Orientierungssatz
Unwirksame Ausübung des Direktionsrechts (Umstationierung von Kabinenmitarbeitern der DLH von Hamburg bzw. Berlin nach Frankfurt am Main)
Normenkette
GewO § 106
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 09.09.2014; Aktenzeichen 5 Ca 289/14) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin und die der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 9. September 2014, 5 Ca 289/14, werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 83% und die Beklagte zu 17%.
Für die Beklagte wird die Revision zugelassen. Für die Klägerin wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
A
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung, die Wirksamkeit einer Änderungskündigung, um Beschäftigung mit Stationierungsort Hamburg, um Stellung eines Parkplatzes und um Zahlung.
Die Klägerin ist bei der Beklagten als Flugbegleiterin mit Stationierungsort Hamburg beschäftigt. Sie ist mit einem Arbeitszeitvolumen von mehr als 70% teilzeitbeschäftigt. Der hiermit in Bezug genommene Arbeitsvertrag der Parteien vom 17. Juni 1996 (Bl. 59 f d.A.) lautet auszugsweise:
1. Beginn, Art und Ort der Beschäftigung
(1) Frau A wird ab 01.05.1996 als Flugbegleiterin im Bereich Kabinenbesatzungen Kontinent in Hamburg beschäftigt. Der Einsatzort Hamburg umfasst einen Einsatz von und zu allen Flughäfen der Region.
(2) Lufthansa kann Frau A an einem anderen Ort sowie vorübergehend bei einem anderen Unternehmen einsetzen.
2. Rechte und Pflichten
Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus den für den Bereich Kabinenbesatzungen Kontinent geltenden Tarifverträgen, den Betriebsvereinbarungen in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie aus den für den Bereich Kabinenbesatzungen Kontinent gültigen Dienstvorschriften und Anweisungen und aus den Bestimmungen dieses Vertrages.
Die Beklagte und die bei ihr aufgrund Tarifvertrages gemäß § 117 Abs. 2 BetrVG (TV PV) gebildete Gesamtvertretung für das fliegende Personal schlossen den hiermit in Bezug genommenen Interessenausgleich und Sozialplan vom 8. Mai 2013 (IA/SP, Bl. 12 f d.A.), der auszugsweise wie folgt lautet:
Erster Abschnitt: Interessenausgleich
§ 1 Geltungsbereich
Dieser Interessenausgleich gilt für alle Stewardessen und Stewards bzw. Purseretten und Purser die in einem Arbeitsverhältnis mit der Deutschen Lufthansa AG stehen und auf die der Manteltarifvertrag für das Kabinenpersonal in seiner jeweiligen Fassung Anwendung findet und die von der strukturellen Reform des Direktverkehrs durch die Schließung bzw. Einschränkung ihres Stationierungsortes betroffen sind. Voraussetzung ist, dass die Betroffenen zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung in einem nicht wirksam gekündigten Arbeitsverhältnis stehen.
§ 3 Ziele und Maßnahmen
Erklärung der Lufthansa zu den Zielen und Maßnahmen:
3.3 Die Betriebspartner begleiten diesen Prozess, indem sie für die von den Maßnahmen betroffenen Mitarbeiter sozialverträgliche und die Folgen abmildernde Lösungen wie zB. Beendigung des Arbeitsverh...