Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatzpflicht wegen Nichtanmeldung eines Ausländers zur gemeindlichen Zusatzversicherung

 

Normenkette

BGB §§ 249, 254; VersTV-G §§ 4-5, 51 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Urteil vom 06.02.1986; Aktenzeichen 2 Ca 263/85)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Offenbach vom06.02.1986 – 2 Ca 263/85 – teilweise abgeändert und im Urteilsausspruch mit der Maßgabe neu gefaßt, daß die Beklagte verurteilt bleibt, an den Kläger 11.348,75 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 21.05.1985 zu zahlen.

Im übrigen werden die Berufung und die Anschlußberufung zurück- und die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 14 % und die Beklagte 86 %.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger (Marokkaner) wegen Verletzung der Pflicht, diesen bei der Zusatzversorgungskasse der Gemeinden und Gemeindeverbände in D. (i.w.: ZVK) bereits ab dem 27.7.1965 oder dem 1.1.1967 zu versichern, schadensersatzpflichtig ist.

Der Kläger hat mit der Klage erstinstanzlich zuletzt 13.185,04 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit verlangt.

Er stand zur Beklagten vom 27.7.1965 bis zum 30.6.1983 in einem Arbeitsverhältnis als Gartenarbeiter, auf das „die jeweils geltenden Tarifverträge” Anwendung fanden (Bl. 44 d.A.).

Mit Rundverfügung Nr. 1005 vom 12.12.1966 wies der Oberbürgermeister (OB) der Beklagten allgemein darauf hin, daß für alle vorher noch nicht bei der ZVK zusatzversicherten Arbeitnehmer die Möglichkeit bestehe, auf eigenen Antrag bei der ZVK von der Beklagten zur Zusatzversorgung angemeldet zu werden (Bl. 19, 20 d.A.).

Mit weiterer Rundverfügung (Nr. 1029) vom 5.4.1967 wies der OB der Beklagten ergänzend darauf hin, die Ausschlußfrist zur Stellung eines Antrages auf Zusatzversicherung sei bis zum 30.6.1967 verlängert und ordnete an, beide Verfügungen (Nr. 1005 und 1029) allen Arbeitern und Angestellten zur unterschriftlich zu bestätigenden Kenntnis zu bringen (Bl. 22 d.A.).

Gleiches galt für die im Zuge der Erneuerung der ZVK-Satzung erneut und auf den 18.8.1968 verlängerten Ausschlußfrist (Bl. 23, 24 d.A.).

Mit der weiteren OB-Rundverfügung (Nr. 27/76 = Bl. 70/71 d.A.) machte die Beklagte darauf aufmerksam, daß wegen des 12. Änd.-TV zum VersTV-G vom 1.7.1976 für Arbeitnehmer, die seit 31.12.1966 ununterbrochen in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stünden, u.U. die Möglichkeit bestehe, sich bei der ZVK versichern zu lassen, sofern sie u. a. nach § 51 VersTV-G von der Versicherungspflicht befreit seien (Bl. 70 d.A.). Ein entsprechendes Wahlrecht sei bis zum 31.12.1976 auszuüben. Entsprechende, auf die Antragstellung hinweisende Anschreiben des Personalamts erhielten alle betreffenden Mitarbeiter (Bl. 70, 73 d.A.).

Der Kläger bestätigte unterschriftlich, von dieser OB-Verfügung Kenntnis genommen zu haben (Bl. 72 d.A.). Der Kläger stellte zu keinem Zeitpunkt einen Zusatzversicherungsantrag.

Kurz vor dessen Ausscheiden bemerkte die Beklagte im Mai 1983, daß ihm aus nicht mehr rekonstruierbaren Gründen kein auf die Antragstellung hinweisendes Anschreiben (gemäß OB-Verfügung Nr. 27/76 = Bl. 73 d.A.) zugegangen war (Bl. 74 d.A.).

Daraufhin versicherte die Beklagte den Kläger bei der ZVK rückwirkend ab dem 1.1.1977 (Bl. 68, 74 d.A.).

Seither erhält er eine Zusatzversorgung in Höhe von 26 % des gesamtversorgungsfähigen Entgelts (Rentenbescheid vom 28.11.1983 = Bl. 4 d.A.), was im Juni 1984 eine Zusatzrente in Höhe von monatlich 55,70 DM ergab (Bl. 5 d.A.).

Er unterzeichnete bei seinem Ausscheiden die im einzelnen aus Bl. 31 d.A. ersichtliche Ausgleichsquittung.

Mit Schreiben seiner Gewerkschaft vom 7.2.1984 hat er um eine entsprechende Nachversicherung gebeten (Bl. 33 d.A.) und sich hierfür ergänzend auf die insoweit von ihm eingeholte Stellungnahme der ZVK vom 31.1.1984 (Bl. 6 d.A.) bezogen.

Die Beklagte teilte mehrfach, zuletzt am 25.5.1984, mit, sie werde „unaufgefordert auf die Angelegenheit zurückkommen”.

Mit der am 6.5.1985 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger sich auf den Standpunkt gestellt, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, ihn bei der ZVK bereits ab Beginn seines Arbeitsverhältnisses zusatzzuversichern. Hätte sie das getan, beliefe sich sein Versorgungssatz auf 51 % des gesamtversorgungsfähigen Entgelts. Er hat dementsprechend eine Renten-Differenz für 22 Monate (1.7.1983–30.4.1985) in zuletzt unstreitiger Höhe von 13.185,04 DM (22 × 599,32 DM = Bl. 17, 76 R, 82 d.A.) nebst Zinsen begehrt.

Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten und sich auf den Standpunkt gestellt, der Kläger sei zu Recht nicht ab Beginn seines Arbeitsverhältnisses zusatzversichert worden. Er sei nämlich als Arbeiter, der nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitze und seinen ständigen Wohnort im Ausland gehabt habe, damals gemäß § 1 Nr. 5 Abs. 4 Ziff. 2 BZTV-Hessen (Bl. 18 d.A.) bis zum 31.12.1966 nicht zusatzversicherungspflichtig gewesen. Nachdem diese Vorschrift ab dem 31.12.1966 außer Kraft getre...

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