Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit der Versetzung des in Hamburg und Düsseldorf stationierten Cockpit-Personals des Musters B 737 der Deutschen Lufthansa nach Frankfurt/M.. unbillige Ausübung des Direktionsrechts (Umstationierung)
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Zuweisung eines neuen, vertraglich nicht festgeschriebenen Stationierungsortes gegenüber einem Mitglied des fliegenden Personals stellt eine Versetzung dar, da die Veränderung des Stationierungs- und damit des Einsatzortes bei den Mitarbeitern des fliegenden Personals wesentliche Auswirkungen insbesondere im Hinblick auf die Berechnung von Arbeits- und Ruhezeiten hat.
2. Die einer Umstationierung zugrunde liegende Unternehmerentscheidung, an einem bestimmten Ort kein fliegendes Personal mehr zu beschäftigen, ist im Rahmen der Interessenabwägung hinsichtlich einer Versetzung zu berücksichtigen, wobei allerdings die Zweckmäßigkeit einer Neuordnung der Stationierung keiner Kontrolle zu unterziehen ist, sondern insoweit eine Missbrauchskontrolle stattfindet. Entscheidend ist, ob die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht als willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG - 10 AZR 1082/12 - 13.11.2013; Aufgabe von LAG Frankfurt/M. - 17 Sa 1024/10 - 28.03.2011).
3. Die Versetzung des in Hamburg und Düsseldorf stationierten Cockpit-Personals des Musters B 737 der Deutschen Lufthansa nach Frankfurt/M. erweist sich als unwirksam, da ein überwiegendes Interesse an der Versetzung nicht dargetan ist. Dies folgt bereits daraus, dass die Deutsche Lufthansa dem in Düsseldorf und Hamburg stationierten Cockpit-Personal eine sog. "virtuelle Stationierung" anbietet, die sie so stellt, als seien sie weiter dort stationiert. Dies lässt mangels näherer Darlegung ein rechtliches Interesse an der Versetzung nicht erkennen.
4. Insbesondere ist nicht dargelegt, dass für das noch vorhandene Cockpit-Personal des Musters B 737 in Düsseldorf und Hamburg keine Einsatzmöglichkeiten mehr bestehen.
Orientierungssatz
Parallel wurde den meisten Arbeitnehmern als Option eine "virtuelle Stationierung" am bisherigen Stationierungsort angeboten.
Normenkette
GewO § 106
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 27.05.2014; Aktenzeichen 18 Ca 7025/13) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten im Übrigen sowie unter Zurückweisung der Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 27. Mai 2014, 18 Ca 7025/13, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass die mit Schreiben vom 20. September 2013 ausgesprochene Versetzung unwirksam ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 6/7 und die Beklagte zu 1/7.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6.
Für die Beklagte wird die Revision zugelassen. Für den Kläger wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Versetzungen, über die Wirksamkeit von Befristungen von Versetzungen, um Beschäftigung mit Stationierungsort Hamburg und um Stellung eines Parkplatzes.
Der Kläger ist bei der Beklagten aufgrund Arbeitsvertrages vom 29. Mai 2008 (Bl. 13 f d.A.) als Flugzeugführer beschäftigt, zuletzt als verantwortlicher Flugzeugführer (Kapitän) auf dem Muster B 737 mit Stationierungsort Hamburg.
Er ist am xx. xx. 1964 geboren, wohnt in Bargteheide, ist geschieden und hat zwei Kinder. Wegen weiterer Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen wird auf die Ausführungen auf Seite 1 des Schriftsatzes vom 14. April 2014 (Bl. 133 f d.A.) verwiesen.
Der Arbeitsvertrag der tarifgebundenen Parteien lautet auszugsweise:
1. Beginn, Art und Ort der Beschäftigung
(1) Herr A wird ab 29.05.2008 als Flugzeugführer in Frankfurt beschäftigt und zunächst der Flotte FRA NA/F1 zugeordnet.
(2) Lufthansa kann Herrn A auf einem anderen Flugzeugmuster, an einem anderen Ort sowie vorübergehend bei anderen Unternehmen im Lufthansa Konzern beschäftigen.
2. Rechte und Pflichten
Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz, den Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und Dienstvorschriften der Lufthansa in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie aus den Bestimmungen dieses Vertrages.
Der Manteltarifvertrag Nr. 5b für das Cockpitpersonal der Beklagten, gültig ab 01. Juli 2010 (in der Folge: MTV Nr. 5b) lautet auszugsweise:
§ 1 Geltungsbereich/Arbeitsvertrag
...
(3) Die DLH ist verpflichtet, den Arbeitsvertrag schriftlich auszufertigen und dem Mitarbeiter eine Ausfertigung auszuhändigen. Nebenabreden und Vertragsänderungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.
Mitte der Neunzigerjahre des letzten Jahrhunderts prüfte die Beklagte eine sog. dezentrale Stationierung von Cockpitpersonal und beabsichtigte auch den Abschluss einer Betriebsvereinbarung mit der gemäß Tarifvertrag nach § 117 Abs. 2 BetrVG (...