Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachforderung von Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Nicht Eröffnung des betriebliche Geltungsbereichs des VTV bei anderen Gewerbem als Baugewerben
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass in einem Betrieb arbeitszeitlich überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten verrichtet werden obliegt dem Arbeitnehmer. 2. Die Herstellung und Verwendung von Betonstützen, die lediglich der Lastabtragung von Decken dienen und keine weiteren Funktionen erfüllen, fallen nicht unter den Begriff der Fertigbauten im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 13 VTV.
Normenkette
VTV § 1 Abs. 2, 2 Abschn. V Nr. 13
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 25.11.2020; Aktenzeichen 3 Ca 172/20 SK) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 25. November 2020 - 3 Ca 172/20 SK - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes für den Zeitraum der Kalenderjahre 2015 bis 2017 in Höhe von 94.812,50 EUR.
Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung, die nach näherer Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes ist.
Die Beklagte, deren alleinige Gesellschafterin die A GmbH ist, stellte in den streitgegenständlichen Kalenderjahren mit eigenen Mitarbeitern in ihrem Werk hauptsächlich Betonstützen und Außenwandbetonelemente her. In die Wandelemente aus Beton wurden von Mitarbeitern der Beklagten häufig verglaste Fenster, Sonnenschutz und Dämmung eingebaut. Die Herstellung der Betonstützen und Außenwandbetonelemente erfolgte jeweils im Auftrag der Regionalgesellschaften der A GmbH. Alleingesellschafterin aller Regionalgesellschaften ist wiederum die A GmbH. Die Auslieferung der Betonstützen und Außenwandbetonelemente erfolgte auf Baustellen der Regionalgesellschaften, wo die Teile von Mitarbeitern der A Montage GmbH (Alleingesellschafterin: A GmbH) verbaut wurden. Ob neben den Mitarbeitern der A Montage GmbH auch Mitarbeiter von Drittfirmen den Verbau der Elemente vornahmen, ist zwischen den Parteien streitig.
Die A Montage GmbH ist aufgrund der Einschränkungen der Allgemeinverbindlicherklärung von der Anwendbarkeit des allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 03. Mai 2013 in den Fassungen vom 10. Dezember 2014 und vom 24. November 2015 (VTV) ausgenommen, da sie seit Juli 2014 Mitglied in der Metallinnung B ist.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagte dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV nach dessen § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 13 unterfalle. Die Beklagte stelle Fertigbauteile her, die zum überwiegenden Teil innerhalb eines Unternehmenszusammenschlusses - unbeschadet der gewählten Rechtsform - durch den Betrieb mindestens eines beteiligten Gesellschafters zusammengefügt oder eingebaut würden. Die Beklagte gehöre zur A Gruppe. Diese realisiere umfangreiche Bauten im Bereich größerer Gewerbeimmobilien. Sie erstelle schlüsselfertige Gebäude aus einer Hand. Entsprechend der jeweiligen Aufgaben und Tätigkeiten sei die A Gruppe in verschiedene Tochtergesellschaften aufgegliedert. Nahezu alle inländischen Gesellschaften der Unternehmensgruppe seien 100 %ige Tochtergesellschaften der A GmbH als Muttergesellschaft.
Der Kläger hat weiterhin gemeint, die Beklagte stelle mit eigenen Mitarbeitern in ihrem Werk Fertigbauteile her. Dabei handle es sich zum ganz überwiegenden Teil um (Beton- ) Fertigbauteile, die zur Erstellung von Bauwerken in Fertigbauweise verwendet würden. Die Fertigbauteile würden dabei in der Produktionsanlage der Beklagten in gleicher Art und Weise serienmäßig hergestellt. Die so hergestellten Fertigbauteile würden an die jeweiligen Baustellen geliefert und dort zu einem Gebäude zusammengefügt bzw. eingebaut. Die Fertigbauteile würden für die regionalen Tochtergesellschaften der A GmbH produziert und zu deren Baustellen geliefert. Der Kläger hat behauptet, sowohl die Regionalgesellschaften als auch die A Montage GmbH führten die Montagen aus.
Der Kläger hat die Auffassung dargelegt, der Umstand, dass sich die Rechtsnormen des VTV durch die Einschränkung der Allgemeinverbindlicherklärung wegen der Mitgliedschaft der A Montage GmbH in der Metallinnung B nicht auf diese erstreckten, ändere an der Anwendbarkeit von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 13 VTV auf die Beklagte nichts. Der VTV stelle lediglich auf die Tätigkeit des Einbauens oder des Zusammenfügens durch ein Unternehmen des Zusammenschlusses ab und nicht auf die konkrete Teilnahme des einbauenden Betriebs an dem Sozialkassenverfahren. Der Sinn und Zweck der Einschränkung der Allgemeinverbindlicherklärung bestehe darin, Tarifkonkurrenzen zu verhindern bzw. aufzulösen. Dies sei jedoch ...