keine Angaben zur Rechtskraft
Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltungsbereich. Entfernung Dämm- und Isolierungsmaterial
Leitsatz (amtlich)
Das Entfernen von Dämm- und Isolationsmaterial (Abisolieren) an technischen Anlagen (Kraftwerken) ist baugewerbliche Fähigkeit im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 9 und Abschnitt II VTV.
Normenkette
TVG 1; VTV Bau 1 II; VTV 18
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 23.01.2007; Aktenzeichen 2 Ca 3432/02) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 23. Januar 2007 – 2 Ca 3432/02 – abgeändert und der Beklagte verurteilt, an den Kläger 25.064,62 EUR (in Worten: Fünfundzwanzigtausendvierundsechzig und 62/100 Euro) zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger Beiträge nach den Sozialkassentarifverträgen für das Baugewerbe zu zahlen.
Der Kläger ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes. Er ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Er nimmt den Beklagten auf Zahlung von Beiträgen auf der Basis der gemeldeten Bruttolohnsummen und unter Berücksichtigung von Erstattungsansprüchen für gewerbliche Arbeitnehmer für die Zeiträume Mai bis September 1999, Juni bis Dezember 2000, Januar bis Dezember 2001 sowie Januar bis April 2002 und auf Zahlung von Festbeiträgen für Angestellte für den Zeitraum Oktober 2000 bis April 2002 in Anspruch.
Ausweislich der Prüfungsniederschrift des Arbeitsamts Gelsenkirchen vom 16. Dezember 1999 wurden im Betrieb des Beklagten Dämmisolierarbeiten an Wärme-, Kälte- und Schallschutzanlagen auf Kraftwerksanlagen verrichtet (vgl. Bl. 23 – 26 d.A.). Der Beklagte ist Mitglied in der Maschinenbau- und Metallberufsgenossenschaft. Zwischen den Parteien ist in der Berufungsinstanz unstreitig geworden, dass im Betrieb des Beklagten im Klagezeitraum arbeitszeitlich überwiegend Abisolierungen an technischen Anlagen ohne anschließende Neuisolierung durchgeführt wurden.
Mit dem Beklagten am 02. November 2002 zugestelltem Mahnbescheid hat der Kläger seine Beitragsansprüche gegenüber dem Beklagten geltend gemacht.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass der Betrieb des Beklagten im Klagezeitraum dem Geltungsbereich des allgemeinverbindlichen Verfahrenstarifvertrages unterfallen sei. Er hat behauptet, die im Betrieb des Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer hätten in den Kalenderjahren des Klagezeitraums jeweils zu mehr als 50% ihrer persönlichen Arbeitszeit, die unter Summierung der einzelnen persönlichen Arbeitszeiten der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer auch mehr als 50% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit ausgemacht habe, folgende Tätigkeiten verrichtet:
Isolier- und Dämmarbeiten, nämlich Schallschutz-, Schallschluck-, Schallverbesserungs- und Schallveredelungsarbeiten, wobei Blechummantelungen durch Nieten, Schweißen und Schrauben fertig bezogener Loch- und Vollbleche an stationäre Maschinen- und Industrieanlagen (Kraftwerksanlagen) montiert worden seien.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger EUR 25.065,22 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, nicht beitragspflichtig zu sein. Er hat behauptet, überwiegend Abbrucharbeiten verrichtet und nur geringe Umsätze baugewerblicher Art gemacht zu haben. Er hat bestritten, die Beiträge selbst gemeldet zu haben. Seinen Betrieb habe er mit „Abbrucharbeiten und Industriemontage” angemeldet. Er habe fast ausschließlich Abbruch und Demontagearbeiten und nur in geringem Umfang, nämlich zu maximal 20% der betrieblichen Arbeitszeit, Hilfsarbeiten für Dritte, die Isolierarbeiten gemacht hätten, verrichtet.
Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der im Klagezeitraum im Betrieb des Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer. Wegen des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Mit Urteil vom 23. Januar 2007 – 2 Ca 3432/02 – hat das Arbeitsgericht Wiesbaden die Klage abgewiesen. Es hat u.a. ausgeführt, dass sich eine Zahlungsverpflichtung des Beklagten aus den §§ 18, 19 und 22 des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 20. Dezember 1999 nicht herleiten lasse, da der Betrieb des Beklagten nicht dem betrieblichen Geltungsbereich des Tarifvertrages unterfallen sei. Aufgrund der Beweisaufnahme habe sich der klägerische Vortrag nicht bestätigt. Sämtliche Zeugen hätten ausgesagt, dass sie alte Isolierungen entfernt hätten. Zutreffend sei zwar, dass im Rahmen der Neuisolierung von Leitungen, Rohren oder technischen Anlagen zunächst die alte Isolierung entfernt werden müsse. Die Entfernung der alten Isolierungen durch die Arbeitnehmer des Beklagten sei jedoch nicht im Rahmen der Neuisoli...