Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiträge nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes. Aufstellen von Dekontaminationsschleusen. Verpacken von PCB, KMF und PAK als Sondermüll. Abbrucharbeiten
Leitsatz (amtlich)
Das Aufstellen von Dekontaminationsschleusen sowie das Absaugen und Verpacken von PCB, KMF und PAK als Sondermüll im Zusammenhang mit - gegebenenfalls durch Dritte durchgeführte - Abbrucharbeiten sind notwendige Vor- bzw. Nacharbeiten und baulicher Natur.
Normenkette
TVG § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 4; VTV-Bau § 1 Abs. 2 Abschn. 5 Nr. 29, §§ 18, 22
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 13.06.2012; Aktenzeichen 6 Ca 2471/10) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 13.06.2012 - 6 Ca 2471/10 - abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 74.595,89 EUR (in Worten: Vierundsiebzigtausendfünfhundertfünfundneunzig und 89/100 Euro) zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger Beiträge nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes zu zahlen.
Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er ist tarifvertraglich zum Einzug der Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes verpflichtet. Der Kläger nimmt die Beklagte auf der Grundlage des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 (VTV) in der jeweils gültigen Fassung auf Zahlung tarifvertraglich geschuldeter Beiträge für den Zeitraum Januar bis November 2006 in Höhe von Euro 74.595,89 in Anspruch. Die Klageschrift ist am 30. Dezember 2010 bei Gericht eingegangen und der Beklagten am 05. Januar 2011 zugestellt worden. Die Beitragshöhe errechnet der Kläger auf der Grundlage der von der Beklagten gemeldeten Bruttolohnsummen.
Ausweislich der Prüfungsniederschrift der Agentur für Arbeit vom 25. August 2008 (Blatt 90 bis 93 d. A.) wurden im Betrieb der Beklagten folgende Arbeiten verrichtet: Abbrucharbeiten, Brandschadensanierungen inklusive aller damit verbundener Tätigkeiten wie Vor- und Nacharbeiten, Reinigungs- und Abschottungsarbeiten. Im Gewerberegister ist die Beklagte mit den Tätigkeiten: Allgemeine Demontagearbeiten, Schadstoffsanierung, Entsorgung, Industriereinigung, Kleintransporte gemeldet (Blatt 99 d. A.). Diese Tätigkeiten sind auch im Handelsregister angegeben (Blatt 100 d. A.). Seit dem 17. Januar 2007 ist die Beklagte Mitglied im Deutschen Abbruchverband.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei im Klagezeitraum beitragspflichtig gewesen. Er hat behauptet, im Kalenderjahr 2006 seien zu 30 bis 35 % Abbrucharbeiten ausgeführt worden. Das eigentliche Gepräge habe der Betrieb im Kalenderjahr 2006 durch Brandschadensanierung und Schadstoffentsorgung erhalten. Darunter fielen sämtliche Vor- und Nacharbeiten wie Reinigungs- und Abschottungsarbeiten, der darauf bezogene Aufbau von Schleusen, die Vorhaltung und Wartung der Schleusen, Abklebe-, Abschottungs- und Einhausungsarbeiten, die Schadstoffentsorgung durch Absaugen, die Reinigung von mit Ruß beschlagenen Wänden und Decken sowie das Abwaschen, Bürsten und Dampfstrahlen, die Trockeneisreinigung, darauf bezogene Transport- und Vorleistungen sowie Lagerarbeiten zu Ermöglichung der zuvor beschriebenen Arbeiten. Auf diese Tätigkeiten entfielen über 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn Euro 74.595,89 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, im Klagezeitraum nicht dem Geltungsbereich des VTV unterfallen zu sein. Sie hat behauptet, die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer hätten im Klagezeitraum arbeitszeitlich anteilig folgende Tätigkeiten verrichtet:
Transport- und Fuhrleistungen für Dritte, An- und Abtransport von Materialien, Gerätschaften und Anderes für Dritte, alles ohne baulichen Zusammenhang zu ca. 5 bis 8 %;
Werkstatt- und Lagertätigkeiten ohne baulichen Zusammenhang zu ca. 5 %;
Aufstellung und Inbetriebnahme sowie Wartung von Dekontaminationsschleusen für Dritte ohne baulichen Zusammenhang zu ca. 5 bis 10 %;
Folienabdeckungen, Abklebearbeiten, Einhausungen und Abdeckarbeiten für Dritte ohne baulichen Zusammenhang zu ca. 10 bis 15 %;
Spezialschadstoffentsorgung insbesondere von PCB/KMF/PAK als Sondermüll und Herausnahme diesbezüglicher Stoffe ohne Abkratzen, Abspachteln, Abmontieren und ohne irgendwie gearteten baulichen Zusammenhang zu ca. 15 bis 20 %;
Absaugen von PCB/KMF/PAK zu ca. 5 %;
Brandschadensanierung ohne baulichen Zusammenhang sowie Trockeneisreinigung und sonstige Reinigung ohne baulichen Zusammenhang für Dritte zu ca. 10 bis 15 %;
Reinigungsarbeiten, Schuttentsorgung, Abfuhr von Abbruchmaterialien und Sonstigem, alles für Dritte ohne baulichen Zusammenhang zu ca. 5 %;
Abbrucharbeiten einschließlich dem ...