Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Haftung des Arbeitgebers für steuerliche Mehrbelastung, die durch Einmalzahlung aufgelaufener Vergütungsrückstände nach Obsiegen des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozeß entsteht.
Verfahrensgang
ArbG Hanau (Urteil vom 21.05.1997; Aktenzeichen 1/2 Ca 788/95) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hanau vom 21. Mai 1997 –1/2 Ca 788/95 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadenersatz wegen steuerlicher Nachteile, die dem Kläger deshalb entstanden sind, weil nach außerordentlicher Kündigung durch die Streitkräfte die Vergütungszahlung eingestellt und erst nach Abschluß des Kündigungsschutzprozesses die Vergütung insgesamt nachgezahlt worden ist.
Der Kläger war seit 01.10.1983 als Bauingenieur bei den amerikanischen Stationierungsstreitkräften in … beschäftigt. Die Streitkräfte kündigten das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 22.04.1994 außerordentlich und fristlos mit der Begründung, nach den Feststellungen der amerikanischen Polizei habe der Kläger mehrfach an verschiedenen Nachmittagen während der Arbeitszeit sich in Weinlokalen aufgehalten und überdies dort trotz bestehenden Alkoholverbots Alkohol zu sich genommen.
Der daraufhin vom Kläger erhobenen Kündigungsschutzklage hat das Arbeitsgericht (Hanau – Az.: 2 Ca 275/94) mit Urteil vom 17.01.1995 stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Hessische Landesarbeitgericht mit Urteil vom 13.10.1995 (15 Sa 387/95) zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Akten genommenen Abschriften Bezug genommen.
Seit Dezember 1995 wird der Kläger weiterbeschäftigt. Im Februar 1996 hat die Beklagte Annahmeverzugsvergütung bis November 1995 ausgezahlt.
Der Kläger hat im ersten Rechtszug mit der Klage Zahlung der Bruttovergütung für April 1994 bis November 1995 abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes sowie Zahlung auf ein Konto zur vermögenswirksamen Anlage von Arbeitslohn gefordert. Hilfsweise hat er einen Anspruch auf Netto-Restzahlung für die Zeit von April 1994 bis November 1995 geltend gemacht.
Der Kläger hat gemeint, den durch die verspätete Nachzahlung der Vergütung entstandenen finanziellen Nachteil habe die Beklagte im Hinblick auf ihre unrechtmäßige Kündigung auszugleichen.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 145.748,50 brutto nebst 4% Zinsen seit dem 18. Januar 1996 abzüglich DM 32.540,24 netto zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, auf das Konto des Klägers für vermögenswirksame Leistungen einen Betrag in Höhe von DM 1.092.00 zu zahlen;
- hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 39.947,38 netto nebst 4% Zinsen seit dem 18. Januar 1996 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, da dem Kläger im Februar 1996 Vergütung für die Zeit vom 23.04.1994 bis 30.11.1995 in Höhe von DM 142.429,44 brutto abzüglich DM 66.454,91 Lohnsteuer unter weiterer Berücksichtigung von Forderungsübergängen auf die Bundesanstalt für Arbeit sowie Abzug von Solidaritätszuschlag und Sozialversicherungsbeiträgen gezahlt worden sei, könne dieser nichts mehr fordern. Insbesondere habe die Lohnsteuer aufgrund steuergesetzlicher Vorgaben nach dem Zuflußprinzip für die Gesamteinkünfte in 1996 ermittelt werden müssen. Die Beklagte hat gemeint, für Nachteile, die infolge steuerlicher Schlechterstellung durch Einmalzahlung erst in 1996 entstanden seien, hafte sie jedenfalls mangels Verschuldens nicht, denn sie habe ihre Kündigung für rechtswirksam ansehen und ihre Interessen mit gesetzlichen Mitteln verfolgen dürfen. Frühestens nach Kenntnis der Entscheidungsgründe des Berufungsurteils sei sie zur Nachzahlung verpflichtet gewesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung vom 21.05.1997 verwiesen.
Gegen dieses ihm am 10.06.1997 zugestellte Urteil richtet sich die am 10.07.1997 eingelegte und, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 10.09.1997, am 10.09.1997 begründete Berufung des Klägers.
Der Kläger berechnet seine Schadenersatzansprüche im Berufungsrechtszug auf der Grundlage einerseits fiktiver Jahressteuererklärungen für die Jahre 1994, 1995, 1996 bei unterstellter nicht unterbrochener Vergütungszahlung und andererseits der im Jahr der Nachzahlung, also in 1996, tatsächlich entstandenen steuerlichen Belastung. Er hält die Beklagte für verpflichtet, die infolge Gesamtnachzahlung erst im Jahre 1996 entstandene steuerliche Mehrbelastung in Höhe von DM 9.655,00 (Einkommenssteuer) und DM 1.978,71 (Solidaritätszuschlag) auszugleichen.
Der Kläger meint, entgegen der Auffassung des Arbeitgebers unterbleibe die Vergütungszahlung nach Kündigungsausspruch nicht nur dann schuldhaft, wenn die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung sich als offensichtlich unwirksam erweise. Vielmehr müsse es auch in Fällen der vorliegenden Art. bei dem Grundsatz bleiben, wonach sich auf unverschul...