Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilnahme eines Betriebes mit dem Gegenstand der Montage von IT-Schaltschränken als Zusammenhangstätigkeit zu der Montage von Doppelböden am Sozialkassenverfahren des Baugewerbes
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Montage und Reparatur von Doppelböden (Hohlraumböden sowie der Montage von Lüftungsplatten bzw. -kanälen und Footprints in Doppelböden) handelt es sich um Tätigkeiten, die § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 VTV bzw. § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV unterfallen.
2. Die Montage von EDV-Schaltschränken stellt eine Zusammenhangstätigkeit mit der Herstellung, Reparatur und Änderung von Doppelböden dar.
3. Das SokaSiG unterliegt keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere die eintretende Rückwirkung ist ausnahmsweise zulässig.
Orientierungssatz
Unbegründete Berufung gegen eine, der Klage stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts auf Beitragszahlung.
Montage von IT-Schaltschränken als Zusammenhangstätigkeit zu der Montage von Doppelböden. Anwendung des SokaSiG unter Bezugnahme auf 10 Ta 524/16 und 10 Sa 907/16.
Normenkette
SoKaSiG § 1; VTV § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 13.07.2016; Aktenzeichen 6 Ca 404/16) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 13. Juli 2016 - 6 Ca 404/16 - unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.745,- € zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger und der Beklagte jeweils die Hälfte zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Zahlungsverpflichtungen nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes.
Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung. Er ist tarifvertraglich zum Einzug der Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes berechtigt und verpflichtet.
Auf Grundlage des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 03. Mai 2013 in der Fassung vom 10. Dezember 2014 begehrt der Kläger von dem Beklagten die Zahlung tarifvertraglich geschuldeter Beiträge für einen gewerblichen Arbeitnehmer für den Zeitraum von Januar 2015 bis Mai 2015.
Der Beklagte unterhält seit dem Jahr 2011 einen Betrieb, in dem u.a. Doppelböden einschließlich von Lüftungsplatten bzw. -kanälen und Footprints montiert werden. Ausweislich eines Schreibens vom 30. Juli 2015 firmiert bzw. wirbt der Beklagte als "A" und bezeichnet sich in seiner Mailanschrift als "Doppelbodendoktor". In dem Zeitraum von September 2014 bis Mai 2015 beschäftigte der Beklagte einen gewerblichen Arbeitnehmer.
Die geforderte Beitragssumme für den Zeitraum von Januar 2015 bis Mai 2015 berechnete der Kläger erstinstanzlich im Wege der Mindestbeitragsklage und legte für den streitbefangenen Zeitraum ein Mindestbeitrag von 663,- EUR pro Monat zugrunde.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei verpflichtet, am Sozialkassenverfahren im Baugewerbe teilzunehmen. Er hat unter Bezugnahme auf einen Betriebsbesuch durch einen eigenen Mitarbeiters am 20. Juli 2015 und auf die Betriebsanmeldung des Beklagten, in welcher die "Montage von Fertigbauteilen" angegeben ist, behauptet, dass der im Betrieb des Beklagten im Kalenderjahr 2015 beschäftigte Arbeitnehmer und der Beklagte arbeitszeitlich überwiegend, d.h. zu mehr als 50 % ihrer persönlichen Arbeitszeit, die zusammengerechnet auch mehr als 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit ausgemacht hätte, die Montage und Reparatur von Doppelböden (Hohlraumböden) sowie die Montage von Lüftungsplatten bzw. -kanälen und Footprints in Doppelböden erbracht.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, den Beklagten zur Zahlung von Beiträgen in Höhe von 3.315,- EUR zu verurteilen.
Der Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt und die Auffassung vertreten, sein Betrieb sei im streitgegenständlichen Zeitraum nicht dem Geltungsbereich der Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe unterfallen. Er hat behauptet, sein einziger gewerblicher Arbeitnehmer sei ausschließlich mit der Montage von IT-Schaltschränken beschäftigt gewesen. Er selbst sei zu 80 % mit dem Handel und der Montage von IT-Schaltschränken, der Lieferung und Montage von Sonderlüftungsplatten sowie mit einem Hausmeister Service (Reinigung nach Hausfrauenart) beschäftigt gewesen. Zu 20 % habe er zudem die Montage und Reparatur von Doppelböden erbracht.
Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat der Klage mit Urteil vom 13. Juli 2016 stattgegeben, und angenommen, dass der betriebliche Geltungsbereich des VTV für den streitgegenständlichen Zeitraum eröffnet sei. Die Klage sei schlüssig, da es sich bei der Montage von Doppelböden um "Trocken- und Montagebauarbeiten einschließlich des Anbringens von Unterkonstruktionen und Putzträgern" im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 VTV handele und die Montage von Lüftungspla...