Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmerentsendung. Betriebsabteilung
Leitsatz (amtlich)
1.Zum Begriff der Betriebsabteilung in § 211 Abs. 1 SGB III.
2.Erklären die Parteien im Berufungsrechtszug übereinstimmend die Klage für erledigt, ändert dies nichts an der Zulässigkeit einer zuvor vom erstinstanzlich unterlegenen Beklagten mit seiner Berufung erhobenen Widerklage.
Normenkette
AEntG § 1; SGB III § 211; ZPO § 91a; ZPO a.F § 530; EGBGB Art. 229 § 6
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 26.01.2000; Aktenzeichen 6 Ca 3965/99) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom26. Januar 2000 – 6 Ca 3965/99 – abgeändert.
Das vorbezeichnete Urteil des Arbeitsgerichts ist wirkungslos.
Auf die Widerklage des Beklagten wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten EUR 29.357,69 (i.W.: Neunundzwanzigtausenddreihundertsiebenundfünfzig 69/100 Euro) zu zahlen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin verpflichtet ist, mit ihren in Deutschland tätigen Arbeitnehmern am baugewerblichen Urlaubskassenverfahren teilzunehmen.
Die Klägerin ist eine juristische Person polnischen Rechts mit Sitz in (Polen), die u.a. im Jahr 1999 mit Hilfe aus Polen entsandter polnischer Arbeitnehmer auf der Grundlage von Werkverträgen als Subunternehmerin in der Bundesrepublik Deutschland arbeitszeitlich überwiegend Maurerarbeiten und Stahlbiege- und -flechtarbeiten durchführte, wobei bei den zuletzt genannten Arbeiten die hergestellten Bewehrungen (Stahlmatten, Bewehrungskörbe, Stahlbügel etc.) von Arbeitnehmern der Klägerin in die Verschalung des vorgesehenen Betonbetts verlegt und eingebaut wurden. In der Bundesrepublik Deutschland unterhielt die Klägerin jedenfalls bis Ende 2003 ein Niederlassungsbüro in …, über dessen Anschrift die Korrespondenz mit dem Kläger und der Bundesanstalt für Arbeit abgewickelt wurde.
Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentärifvertrag für das Baugewerbe [BRTV/Bau]; Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe [VTV]) insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern.
Nachdem der Beklagte von der Klägerin für die Zeit ab 01.01.1999 die Erteilung von Auskünften und die Zahlung von Beiträgen für die in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer verlangt, die Klägerin dies zurückgewiesen und der Beklagte auf seiner Forderung bestanden hatte, begehrt die Klägerin, mit ihrer Klage die Feststellung, dass sie zu Auskünften und Beitragszahlungen an den Beklagten nicht verpflichtet sei.
Die Klägerin hat vorgetragen, sie müsse den in den tarifvertraglichen Vorschriften des Baugewerbes genannten Verpflichtungen zur Auskunftserteilung und zur Beitragszahlung nicht nachkommen, da die entsprechenden Vorschriften für sie keine Wirkung entfalten könnten.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, am Urlaubskassenverfahren des Beklagten für außerhalb Deutschlands ansässige Arbeitgeber und ihre in Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmern gem. den §§ 55 bis 71 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12.11.1986 (Verfahrenstarifvertrag) i.d.F. vom 28.01.1999 sowie § 8 des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV/Bau) vom 03.02.1981 i.d.F. vom 13.11.1998 teilzunehmen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Ansicht vertreten, der Klägerin sei zur Teilnahme am Sozialkassenverfahren, mithin auch zur Auskunftserteilung und Beitragszahlung nach den entsprechenden Bestimmungen verpflichtet.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 26.01.2000 stattgegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 172 bis 177 d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 14.07.2003 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.
Er wiederholt und vertieft seine Ansicht, wonach die Klägerin zur Auskunftserteilung und Beitragszahlung verpflichtet sei, verweist darauf, dass die von der Klägerin im Klageantrag genannten Tarifverträge zwischenzeitlich teilweise modifiziert worden seien und macht im Wege der Widerklage Beitragsansprüche für den Zeitraum Februar bis Dezember 1999 geltend. Für die Monate Februar bis Juli habe die Klägerin Beitragsmeldungen abgegeben, die sich auf EUR 33.981,94 beliefen. Unter Berücksichtigung von Gegenansprüchen der Klägerin ständen insoweit noch EUR 12.038,25 offen. Für die Monate August bis Dezember errechne er die Beitragsforderung aus der Zahl der bei der Klägerin in diesem Zeitraum beschäftigten Arbeitnehmer, der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit, dem tariflichen Mindestloh...