Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung eines Arbeitsvertrages. Befristung wegen eines nur übergehenden Bedarfs. Prognose des Arbeitgebers

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Darlegungslast für einen prognostisch nur vorübergehenden Bedarf liegt bei dem Arbeitgeber. Fällt der Bedarf im Bereich der Daueraufgaben an, hat der Arbeitgeber darzutun, aufgrund welcher Umstände bei Abschluss des befristeten Vertrags davon auszugehen war, dass künftig nach Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit das zu erwartende Arbeitspensum mit dem vorhandenen Stammpersonal würde erledigt werden können.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, § 17 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Fulda (Entscheidung vom 14.08.2013; Aktenzeichen 3 Ca 169/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.12.2016; Aktenzeichen 7 AZR 688/14)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Fulda vom 14. August 2013 - 3 Ca 169/13 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsvertrages.

Die Beklagte mit Sitz in A ist ein Unternehmen, welches für andere Unternehmen der B Dienstleistungen erbringt. Ein Betriebsrat ist gebildet.

Die am XX.XX.19XX geborene, verheiratete Klägerin war aufgrund mehrerer befristeter Verträge seit 2010 bei der Beklagten beschäftigt. Zur Wiedergabe der Laufzeit der einzelnen Verträge wird auf die Akte verwiesen.

Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit und der Beschäftigung bei der Beklagten durch ein Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen vereinbarten die Parteien am 10. August 2012 einen Vertrag, wonach die Klägerin von 13. August 2012 befristet bis 31. Januar 2013 bei der Beklagten als Aushilfe eingestellt wurde (vgl. Anlage zur Klageschrift, Bl. 17-22 d.A.). Am 31. Dezember 2012 schlossen die Parteien eine "Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag", durch welche geregelt wurde: "Der befristete Arbeitsvertrag bis 31.12.2012 wird verlängert bis 31.03.2013 und endet automatisch, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Alle anderen Vertragsbedingungen bleiben durch diese Zusatzvereinbarung unberührt." (Kopie s. Anlage zur Klageschrift, Bl. 23 d.A.). Die Klägerin verdiente nach diesem Vertrag bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden eine Monatsvergütung von zuletzt 1.573,24 € brutto. Sie wurde im Betrieb C in der Wareneinlagerung eingesetzt.

Nachdem die Beklagte die Klägerin nach dem 31. März 2013 nicht mehr beschäftigen wollte und sich auf die Befristung des Vertrages berief, legte die Klägerin, eingehend am 17. April 2013 bei dem Arbeitsgericht Fulda, Entfristungsklage ein und verlangte ihre vorläufige Weiterbeschäftigung.

Sie hat bestritten, dass ein vorübergehender Bedarf iSd. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG für ihre am 31. Dezember 2012 vereinbarte Beschäftigung bestanden habe.

Der Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 31. Dezember 2012 vereinbarten Befristung am 31. März 2013 beendet worden ist;

2. für den Fall ihres Obsiegens mit dem Antrag zu 1.) die Beklagte zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Versandmitarbeiterin weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, die Befristung des letzten Vertrages sei wegen eines nur übergehenden Bedarfs gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt. Sie hat dazu behauptet, der durch das Weihnachtsgeschäfts vorübergehend erhöhte Arbeitsbedarf baue sich nicht schnell, sondern langsam bis zum Ostergeschäft, d.h. Ende März, ab. Dies sei darauf zurückzuführen, dass Waren retourniert und Gutscheine eingelöst würden. Sie habe Ende Dezember 2013 prognostiziert, dass deswegen weiter ein vorübergehender Bedarf an der Arbeitskraft der Klägerin, wie für viele andere Mitarbeiter auch, bestehen werde. Es sei hinreichend sicher gewesen, dass danach kein zusätzlicher Bedarf mehr abzudecken sein werde.

Das Arbeitsgericht Fulda hat der Klage durch Urteil vom 14. August 2013 stattgegeben und die Beklagte zur Weiterbeschäftigung der Klägerin als Versandmitarbeiterin verurteilt. Die Beklagte habe nicht ausreichend dargelegt, wonach die Prognose gerechtfertigt gewesen sei, dass nach Ablauf der Befristung das zu erwartende Arbeitspensum wieder ohne erneute Einstellungen vom verbleibenden Stammpersonal erledigt werden könne. Der Anspruch der Klägerin auf Weiterbeschäftigung folge den zur vorläufigen Weiterbeschäftigung nach einer nicht gerechtfertigten Kündigung durch die Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen.

Zur Wiedergabe der vollständigen Gründe der angegriffenen Entscheidung sowie des weiteren Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug wird auf das Urteil Bezug genommen (Bl. 142-149 d. A.).

Die Beklagte hat gegen das ihr am 20. August 2013 zugestellte Urteil mit einem Schriftsatz, welcher am 23. September 2013, einem Montag, bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht einging, Berufung eingelegt. Die B...

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