keine Angaben zur Anfechtbarkeit
Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungszulage. Beurteilung. Ermessen. Schadensersatz. Klageänderung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Anspruch auf die Zahlung einer Leistungszulage nach § 3 Abs. 1 Ziff. 2 des Gehaltsrahmentarifvertrags für die Angestellten in der Eisen,- Metall- und Elektroindustrie des Landes Hessen vom 15. Januar 1982 in der Fassung vom 6. Mai 1990 setzt die vorherige Vornahme einer Leistungsbeurteilung nach den tariflichen Vorgaben voraus.
2. Ist eine solche nie erfolgt, kann der Arbeitgeber nicht aufgrund gerichtlicher Bestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2, letzter Hs. BGB zur Zahlung einer Leistungszulage an dem Tarifvertrag unterfallende Angestellte verurteilt werden. Der Anwendungsbereich des § 315 Abs. 3 Satz 2, letzter Hs. BGB ist nicht eröffnet, weil Leistungsbeurteilungen keine Ermessensausübung, sondern eine Tatsachenbeurteilung zugrunde liegt und weil die Parteien nach der konkreten tariflichen Ausgestaltung des Beurteilungsverfahrens nicht unmittelbar der richterlichen Schlichtung durch Ersatzleistungsbestimmung unterworfen sind.
3. Die in der Berufungsinstanz vom Berufungsbeklagten erstmals hilfsweise auf eine Pflichtverletzung des Arbeitgebers gestützte Begründung der Klage aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes stellt eine Klageänderung i.S.d. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 533 ZPO, 67 ArbGG dar, die der Anschlussberufung nach § 64 Abs. 6 ArbGG, 524 ZPO nicht bedarf, wenn der Berufungsbeklagte mit der Klageänderung nicht mehr als die Zurückweisung der Berufung erreichen will.
Normenkette
BGB 611; BGB § 315 Abs. 3; Gehaltsrahmentarifvertrag für die Angestellten in der Eisen- Metall- und Elektroindustrie Hessen vom 15. Januar 1982
Verfahrensgang
ArbG Hanau (Aktenzeichen 1 Ca 248/07) |
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Zahlungsanspruch der klägerischen Partei im Zusammenhang mit einer nicht ausgezahlten Leistungszulage.
Die Beklagte ist ein Unternehmen der Elektroindustrie in der Rechtsform der GmbH & Co KG mit mehr als zehn vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern ausschließlich Auszubildenden. Sie beschäftigt etwa 50 Angestellte.
Die klägerische Partei ist bei der Beklagten seit dem 01. Mai 1977 als Angestellter beschäftigt. Sie ist Mitglied der A.
Unter dem 23. April 1997 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag (Bl. 11 – 14 d.A.). Dieser regelt unter Ziff. 2 auszugsweise
„Als Vergütung enthält Herr B |
|
|
Gehalt gem. Gehaltsgruppe |
K 4 |
DM |
Freiwillige übertarifliche Zulage |
|
DM |
Bruttomonatsgehalt |
|
DM 5.150,– |
Bei der übertariflichen Zulage handelt es sich um eine freiwillige, jederzeit nach freiem Ermessen widerrufliche Leistung, auf die auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch für die Zukunft besteht. Diese Leistung kann auch jederzeit ganz oder teilweise anlässlich von tariflicher Höher-, Herab- oder Umgruppierungen angerechnet werden (…)”
Unter Ziff. 14 des Vertrags ist geregelt, dass im Übrigen die Bestimmungen der Tarifverträge der Eisen-, Metall und Elektroindustrie des Landes Hessen in der jeweils gültigen Fassung gelten. Die Beklagte war bereits bei Beginn des Arbeitsverhältnisses und bei Abschluss des Arbeitsvertrags Vollmitglied des Arbeitgeberverbandes der hessischen Metallindustrie, bis sie im Juni 2003 in eine OT Mitgliedschaft wechselte.
Zu diesem Zeitpunkt betrug das tarifliche Grundgehalt in der Vergütungsgruppe K 4, in die die klägerische Partei eingruppiert war, 2559,00 EUR brutto. In der Zeit vom 01. Januar 2007 bis zum 30. Juni 2007 erhielt die klägerische Partei hierüber hinaus von der Beklagten eine in den Abrechnungen als übertarifliche Zulage bezeichnete monatliche Zulage in Höhe von 423, 48 EUR brutto.
Auf die Mitteilung zur Entgelterhöhung vom 18. Dezember 2006 (Bl. 23 d.A,) wird insoweit verwiesen.
§ 3 Abs. 1 Ziff. 2 des Gehaltsrahmentarifvertrags für die Angestellten in der Eisen,- Metall- und Elektroindustrie des Landes Hessen vom 15. Januar 1982 in der Fassung vom 06. Mai 1990 (künftig: GRTV) lautet:
„Angestellte haben je nach Beurteilung ihrer Leistung einen Rechtsanspruch auf eine Leistungszulage zu ihrem tariflichen Grundgehalt. Die Leistungszulagen aller Tarifangestellten müssen im Betriebsdurchschnitt mindestens 10 % der Summe der tariflichen Grundgehälter betragen.”
§ 3 Abs. 2 GRTV enthält ein Beurteilungsschema und bestimmt, dass bei der Beurteilung der persönlichen Leistung von diesem Schema auszugehen ist. Das Schema enthält die Grundmerkmale Arbeitseinsatz, Arbeitssorgfalt, Anwendung der Kenntnisse und Zusammenarbeit und personelle Wirksamkeit, die jeweils Untermerkmale enthalten und die in fünf Beurteilungsstufen zu bewerten sind.
§ 3 Abs. 3 Ziff. 1 GRTV bestimmt, dass zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung zu dem Beurteilungsschema u.a. die erreichbare Gesamtpunktzahl und die Verteilung der Punkte auf die Grundmerkmale festzulegen ist. Die Gesamtpunktzahl ist in der Betriebsvereinbarung in sechs Leistungsstufen aufzugliedern, wobei jeder dieser Stufen – beginnend mit 0 % auf d...