Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsentschädigung
Leitsatz (amtlich)
Einem langzeiterkrankter Arbeitnehmer steht gegen die ULAK-Bau kein Urlaubsentschädigungsanspruch zu, wenn keine Beitragsdeckung vorliegt. (Anschluss an LAG Berlin-Brandenburg 09.03.2011 – 24 SA 2315/10 –).
Normenkette
BRTV Bau § 8; BUrlG § 13 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 13.01.2011; Aktenzeichen 5/11 Ca 306/10) |
Nachgehend
BAG (Aktenzeichen 9 AZR 285/12) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 13. Januar 2011 – 5/11 Ca 306/10 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, über einen für das Jahr 2008 für 5 Urlaubstage bereits gezahlten Urlaubsvergütungsanspruch hinaus eine Urlaubsentschädigung für 25 Urlaubstage zu gewähren.
Der Kläger ist als Baufachwerker bei der Firma A., einem Betrieb des Baugewerbes, beschäftigt. Im Jahr 2008 war er ab dem 07. Januar 2008 bis zum Jahresende fortdauernd arbeitsunfähig erkrankt. Der Jahresbruttolohn des Klägers im Jahr 2008 betrug einschließlich der Entgeltfortzahlung insgesamt Euro 4.805,65.
Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern. Zu diesem Zweck haben die den Bautarifverträgen unterfallenden Arbeitgeber monatlich Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Bruttolohnsumme der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer an den Kläger zu zahlen.
Ausweislich des Arbeitnehmerkontoauszugs zum 31. Dezember 2008 (Blatt 6 d. A.) hat der Kläger bei einem Jahresbruttolohn in Höhe von Euro 4.805,64 einen Urlaubsvergütungsanspruch in Höhe von Euro 684,81, welchen die Firma A. an den Kläger auszahlte.
Mit Schreiben vom 09. Juli 2009 verlangte der Kläger von der Firma A. die Gutschrift von insgesamt 30 Urlaubstagen für das Jahr 2008. Mit Schreiben vom 20. Juli 2009 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass sich die Urlaubsvergütung aus dem Bruttolohn errechne, den der Arbeitnehmer im Kalenderjahr verdient habe, und sich bei einem verringerten Bruttolohn dementsprechend auch eine geringere Urlaubsvergütung errechne. Dementsprechend ergäbe sich für das Jahr 2008 ein Urlaubsvergütungsanspruch in Höhe von Euro 684,81 (Blatt 8/9 d. A.). Mit Schreiben vom 04. Februar 2010 an den Beklagten wies der Kläger auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24. März 2009 – 9 AZR 983/09 – hin und bat um Berichtigung der Berechnung seines Resturlaubsanspruchs (Blatt 12 d. A.).
Mit am 12. April 2010 bei Gericht eingegangener, dem Beklagten am 19. April 2010 zugestellter Klageschrift hat der Kläger einen Urlaubsvergütungsanspruch für das Jahr 2008 für 25 Urlaubstage eingeklagt.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, bei richtlinienkonformer Auslegung der tariflichen Regelungen habe er im Kalenderjahr 2008 einen Urlaubsanspruch in voller Höhe erworben. Dementsprechend stünde ihm unter Berücksichtigung der ausgezahlten Urlaubsvergütung ein Abgeltungsanspruch in Höhe von Euro 4.051,33 zu, welcher sich aus dem Jahresbruttoeinkommen des Kalenderjahres 2009 in Höhe von Euro 33.236,07 und dem tarifvertraglich vorgesehenen Prozentsatz von 14,25 ergäbe. Mit dem Schreiben des Beklagten vom 20. Juli 2009 befinde sich dieser in Verzug.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn Euro 4.051,33 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Juli 2009 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, dem Kläger stünde ein weiterer Urlaubsentschädigungsanspruch für das Jahr 2008 nicht zu, da keine weiteren Beiträge geleistet worden seien und das Urlaubsrisiko im Falle der Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers nicht der Beklagte, sondern der jeweilige Arbeitgeber trage.
Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat mit Urteil vom 13. Januar 2011 – 5/11 Ca 306/10 – die Klage abgewiesen. Es hat unter anderem ausgeführt, der Kläger könne den von ihm geltend gemachten Anspruch nicht aus § 8 Nr. 8 BRTV-Bau herleiten. Zwar stünde einem Arbeitnehmer, sofern die Urlaubsansprüche und die Urlaubsabgeltungsansprüche verfallen seien, ein Entschädigungsanspruch gegenüber der U-LAK in Höhe der Urlaubsvergütung zu. Das setze jedoch die Beitragsdeckung voraus, die in Höhe von weiteren 25 Urlaubstagen für das Jahr 2008 nicht vorläge. Der Kläger könne den von ihm geltend gemachten Anspruch nicht aus einer unmittelbaren Anwendung von Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG herleiten, da eine unmittelbare Anwendung unter Privaten ausgeschlossen sei. Auch eine richtlinienkonforme Auslegung von § 8 Nr. 8 und Nr. 4 BRTV i. V. m. § 13 BUrlG führe nicht zu einem Anspruch des Klägers. Eine richtlinienkonforme Auslegung scheide dann aus, wenn eine Regelung weder planwidrig lückenhaft ...