Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an den Nachweis der einer Betriebsrentenanpassung entgegen stehenden wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers
Leitsatz (amtlich)
Der Nachweis der einer Betriebsrentenanpassung entgegenstehenden wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers kann auch durch Abschluss nach IFRS (International Financial Reporting Standards) geführt werden, wenn der Arbeitgeber zur Einstellung dieser Abschlüsse rechtlich verpflichtet ist.
Normenkette
BetrAVG § 16 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 11.06.2014; Aktenzeichen 15 Ca 1983/13) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main vom 11. Juni 2014 - 15 Ca 1983/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Anpassung der Betriebsrente des Klägers in den Jahren 2010, 2011, 2012 und 2013.
Die Beklagte hat die Betriebsrente des Klägers in den Jahren 2010, 2012 und 2013 nicht angepasst. Im Jahr 2011 hat die Beklagte die Betriebsrente des Klägers um 1,31 % erhöht.
Die Beklagte ist eine weltweit tätige Fluggesellschaft in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft nach A Recht. Sie ist börsennotiert an der B Stock Exchange (C). Als Aktiengesellschaft nach A Recht stellt die Beklagte ihre Jahresabschlüsse nach Maßgabe des anwendbaren A Rechts auf. Dieses schreibt für die Beklagte Abschlüsse nach dem "International Financial Reporting Standards" (im Folgenden "IFRS") vor.
Der Kläger bezieht seit dem 01. April 2007 Betriebsrente von der Beklagten. Die Ausgangsrente betrug 422,65 € brutto monatlich. Die Beklagte hat die Betriebsrente des Klägers zum 01. Januar 2011 auf 428,19 € brutto monatlich erhöht. Diese Betriebsrente hat ihre Anspruchsgrundlage in der D Versorgungsordnung - Deutschland. Diese bestimmt bezüglich der Anpassung folgendes:
"Regel 24 - Anpassungen
Die laufenden Rentenzahlungen werden alle drei Jahre von der Gesellschaft überprüft und nach freiem Ermessen gemäß den deutschen Rentenbestimmungen angepasst. Die Gesellschaft berücksichtigt dabei die Interessen der Rentner und ihre eigene wirtschaftliche Situation."
Mit Anwaltsschreiben vom 30. Oktober 2012 (Anlage B13) forderte der Kläger, die Betriebsrente rückwirkend zum 01. Januar 2012 anzupassen. Mit Klage vom März 2013 begehrte der Kläger auch nachträgliche Zahlung eines Betrages, der einer Anpassung im Jahr 2010 entspricht. Über die Anpassung zum 01. Januar 2011 wurde der Kläger mit Schreiben der Beklagten vom 02. Dezember 2010 (Anlage K1) informiert.
Die Beklagte passte in der Vergangenheit nach einer dreijährigen Wartezeit jährlich die Betriebsrenten und zwar zum 01. Januar eines Jahres an. Die Anpassungsentscheidung traf die Beklagte in der Vergangenheit jeweils im Oktober eines Jahres unter Berücksichtigung der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes, bezogen auf den Zeitraum ab September des Vorjahres (so die Einlassung der Beklagten). Bezüglich der ersten Anpassung nach Ablauf der dreijährigen Wartezeit nahm die Beklagte ebenfalls auf dieser Grundlage die Anpassung vor, d. h. der Kaufkraftverlust für die ersten drei Jahre wurde nicht ausgeglichen.
Der Beklagten ist in der Zeit vom 01. April 2003 bis 30. September 2004 Gläubigerschutz nach dem "Companys Creditors Arrangement Act" bewilligt worden. Sie hat in dieser Zeit eine Restrukturierung durchgeführt und Verträge, insbesondere mit Lieferanten und Gewerkschaften neu verhandelt. Die Beklagte hat behauptet, dass mit einer Reihe von Vereinbarungen (vgl. Anlage BB2 - BB6) geregelt worden sei, dass der Gläubigerschutz keine Änderungen der Regelungen des Pensionsplans nach sich ziehen sollte. Demgemäß seien auch die Betriebsrenten in den Jahren 2003 und 2004 angepasst worden.
Für unter den Pensionsplan "U.K. and Ireland" fallende Betriebsrentner erfolgte zum 01. Januar 2014 bezogen auf den Zeitraum vom 06. April 1997 bis 31. Mai 2006 eine Anpassung um 3,2 % und für den Zeitraum ab 31. Mai 2006 um 2,5 %. Die Beklagte hat behauptet, diese Anpassung sei aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung erfolgt.
Die Beklagte hat sich vorliegend auf § 16 Abs. 1 BetrAVG berufen und gemeint, wirtschaftliche Belange stünden dem Anpassungsanspruch der Betriebsrentner entgegen. Darüber hinaus hätte der Kläger die Anpassungsentscheidung der Beklagten des Jahres 2011 nicht rechtzeitig gerügt. Die Beklagte hat weiter auch gemeint, die Berechnung des Klägers sei fehlerhaft. Da sie die Anpassungsprüfung im Oktober eines Jahres vornehme, sei der Berechnung der Index des Septembers des Vorjahres zugrunde zu legen.
Die Beklagte hat zur Entwicklung des Eigenkapitals folgende Zahlen vorgetragen:
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Geschäftsjahr 2007 |
Geschäftsjahr 2008 |
Geschäftsjahr 2009 |
Geschäftsjahr 2010 |
Geschäftsjahr 2011 |
Geschäftsjahr 2012 |
Geschäftsjahr 2013 |
Eigenkapital |
x Mio. |
x Mio. |
-x Mio. |
-x Mio. |
-x Mio. |
-x Mio. |
-x Mio. |
Die Beklagte hat weiter zu ihrem Ergebnis vor Steuern (EBT) wie folgt vorgetragen: