Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristungskontrolle bei mehreren aufeinander folgenden Befristungsabreden. Projektaufgaben innerhalb der Entwicklungshilfe als staatliche Daueraufgabe. Anforderungen an Projektbefristungen als sachlicher Befristungsgrund in Abgrenzung zu Daueraufgaben
Leitsatz (amtlich)
1. Auch wenn der Zweck einer privatrechtlich organisierten Gesellschaft im Wesentlichen darin besteht, für ihre Alleingesellschafterin, die Bundesrepublik Deutschland, kontinuierlich als Auftragnehmerin Projekte im Bereich der Entwicklungshilfe durchzuführen, so wird die Entwicklungshilfe als staatliche Daueraufgabe der Auftraggeberin nicht automatisch zur Daueraufgabe der Auftragnehmerin, im Anschluss an BAG 7 AZR 7/04.
2. Die Arbeitgeberin, die fortwährend Entwicklungshilfeprojekte durchführt, kann sich auf eine "Projektbefristung" nach § 14 Abs 1 S 2 Nr 1 TzBfG nur dann berufen, wenn es sich bei den im Rahmen des Projekts zu bewältigenden Aufgaben um eine auf vorübergehende Dauer angelegte und gegenüber den Daueraufgaben des Arbeitgebers abgrenzbare Zusatzaufgabe handelt. Dabei muss bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem Arbeitnehmer, der für die Mitwirkung an einem Projekt befristet eingestellt wird, zu erwarten sein, dass die im Rahmen des Projekts durchgeführten Aufgaben nicht dauerhaft anfallen, im Anschluss an BAG 7 AZR 987/12.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 20.01.2016; Aktenzeichen 23 Ca 6088/15) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 20. Januar 2016 - 23 Ca 6088/15 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten auch im Berufungsverfahren um die Wirksamkeit einer Befristungsabrede und im Wege eines unechten Hilfsantrags um Weiterbeschäftigung.
Die am xx.xx.1981 geborene Klägerin hat einen Studienabschluss M. A. in Romanistik (Spanisch und Portugiesisch) und Erziehungswissenschaften (interkulturelle Pädagogik und pädagogische Psychologie). Sie ist am 05. Januar 2009 in die Dienste der A gGmbH (im Folgenden: A) eingetreten.
Sie hat zunächst auf der Basis eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 23. Dezember 2008 in Teilzeit mit 50% der tariflichen Arbeitszeit befristet bis zum 11. März 2009 gearbeitet (insoweit wird auf Anlage K1, Bl. 42 - 43 d. A. Bezug genommen). In der Folgezeit haben die Klägerin und die A einen "Änderungsvertrag" und vier "Nachträge" abgeschlossen, die die Dauer und die Teilzeitquote des Arbeitsverhältnisses zum Gegenstand hatten. Im Einzelnen haben sie mit "Änderungsvertrag" vom 09. März 2009 eine Befristung für die Zeit vom 12. März bis 21. August 2009 (Anlage K2, Bl. 43 RS d. A.), mit "Nachtrag" vom 10. August 2009 ein Ende des Arbeitsverhältnisses erst zum 18. Januar 2012 (Anlage K3, Bl. 44 d. A.), mit "Nachträgen" vom 17. August 2009 (Anlage K4, Bl. 44 RS d. A.), vom 03. Februar 2010 (Anlage K5, Bl. 45 d. A.) und vom 13. Oktober 2010 (Anlage K6, Bl. 45 RS d. A.) jeweils die Teilzeitquote für bestimmte Zeiträume verändert.
Die A ist im Rahmen eines Verschmelzungsvertrags vom 16. Dezember 2010 am 04. Januar 2011 auf die seinerzeitige B verschmolzen. Die B firmiert seit dem 01. Januar 2011 unter dem Namen der Beklagten.
Die Beklagte ist in der Entwicklungshilfe tätig und führt in diesem Bereich kontinuierlich Projekttätigkeiten durch, ihre Alleingesellschafterin ist die Bundesrepublik Deutschland. Auftraggeber der Beklagten sind neben dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) auch andere Ministerien und zu einem geringen Anteil auch Auftraggeber außerhalb der Bundesregierung. Im Gesellschaftsvertrag der Beklagten vom 16. Dezember 2010 (Anlage K21 Bl. 203 - 205 d. A.) heißt es u.a.:
"§ 2
Zweck und Gegenstand des Unternehmens
2.1 Zweck der Gesellschaft ist die Förderung der internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung und der internationalen Bildungsarbeit. Die Gesellschaft unterstützt die Bundesregierung bei der Erreichung ihrer entwicklungspolitische Ziele. Sie prüft, plant und führt ihre Vorhaben eigenverantwortlich, effizient, wirksam und partnerorientiert durch und entwickelt durchführungsnahe Methoden."
Im Rahmen der von der Beklagten für die Auftraggeber durchzuführenden Projekte, hat sie zur Durchführung der jeweils befristeten Aufträge, Personal bereit zu stellen. Sie wird im Rahmen ihrer unterschiedlichen Projekttätigkeiten in differenzierten, teilweise zeitlich befristeten über 20 Sektorenbereichen tätig, die teilweise nochmals untergliedert werden, dabei handelt es sich z.B. um die Sektorenbereiche Bildung, Gesundheitswesen, Bevölkerungspolitik, Wasser und Abwasser und Abfall, Krisenprävention und Konfliktlösung, Transport und Lagerhaltung, Kommunikation, Energieerzeugung, Finanzwesen, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischereiwesen, Bodenschätze und Bergbau, Bauwesen, Handelspolitik, Tourismus, Umwelts...