Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichbehandlungsgrundsatz
Leitsatz (amtlich)
Ein Schichtarbeiter, der seinen Bildungsurlaub (teilweise) an Tagen verwirklicht, die laut Schichtplan arbeitsfrei sind, hat keinen Anspruch darauf, daß ihm diese Tage als Freizeit „gutgeschrieben” werden.
Normenkette
HBUG § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 04.12.1996; Aktenzeichen 6 Ca 607/96) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 04. Dezember 1996 – 6 Ca 607/96 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist seit 1973 bei der Beklagten, einem Unternehmen der Luftfahrt, zu einem monatlichen Bruttogehalt von ca. DM 5.700,– beschäftigt. Die Lage seiner Arbeitszeit richtet sich nach Schichtplänen, deren Aufstellung im Manteltarifvertrag Nr. 14 für die Mitarbeiter des Bodenpersonals geregelt ist. Die Schichtpläne stehen ein Jahr im voraus fest. Auf den Schichtplan des Jahres 1995 (Bl. 4 der Akte) wird Bezug genommen.
Im Jahr 1995 nahm der Kläger im Rahmen des – auch aus 1994 übertragenen – von der Beklagten genehmigten aufeinander aufbauenden Bildungsurlaubes an folgenden Bildungsurlaubsveranstaltungen teil:
Der moderne PC-Arbeitsplatz (23.10. bis 27.10.)
Windows und Tabellenkalkulation (11.12. bis 15.12.)
In beiden Wochen hatte der Kläger entsprechend dem Schichtplan von Montag bis Donnerstag arbeitsfrei. Zu anderen Terminen wurden die belegten Veranstaltungen von dem Träger, der Volkshochschule des M. – T. K., nicht angeboten. Die Beklagte veränderte den Schichtplan für den Kläger in der Weise, daß nur noch sechs Tage Bildungsurlaub auf arbeitsfreie Tage fielen.
Der Kläger hat die Auffassung geäußert, daß es weder mit Sinn und Zweck des Hessischen Gesetzes über den Anspruch auf Bildungsurlaub (im folgenden: HBUG) noch mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbaren sei, daß er – im Gegensatz zu den im regulären Rhythmus arbeitenden Arbeitnehmern – je drei dienstfreie Tage habe opfern müssen.
Er hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger sechs zusätzliche dienstfreie Tage im Rahmen des Schichtplanes zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, daß der Kläger Seminare mit dem gewünschten Thema auch bei anderen Trägern in Zeiträumen habe belegen können, in denen der Schichtplan nicht – wie bei den besuchten Veranstaltungen – eine außergewöhnliche Aneinanderreihung von arbeitsfreien Tagen an Werktagen vorgesehen habe. Sie hat die Bereitschaft geäußert, den Anspruch des Klägers auf Gewährung von Bildungsurlaub für das Jahr 1995, der noch nicht erfüllt sei, auf das Jahr 1996 zu übertragen.
Eine Ungleichbehandlung mit nicht im Schichtdienst arbeitenden Arbeitnehmern hat sie nicht gesehen. Auch diese müßten, beispielsweise für die Anreise am Wochenende, freie Zeit opfern. Die mit dem Schichtdienst verbundenen Nachteile würden bereits durch zusätzliche freie Tage abgegolten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat gemeint, daß der Kläger Arbeitsfreistellung nur im Zusammenhang mit einer konkreten Bildungsmaßnahme verlangen könne. Einen Schadensersatzanspruch hat es mit der Begründung verneint, daß die Beklagte nicht rechtswidrig und schuldhaft gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen habe. Ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung sei auch deswegen nicht gegeben, weil die ungleiche Auswirkung der Arbeitsbefreiung im Rahmen von Bildungsurlaub aus der unterschiedlichen individualvertraglichen Lage der Arbeitszeit folge. Das HBUG verlange jedoch nur, daß der Arbeitnemer in dem Umfang freigestellt werde, in dem er zur Arbeitsleistung verpflichtet sei; es wolle nur verhindern, daß Arbeitnehmer wegen ihrer Arbeitsleistung an der Teilnahme von Bildungsveranstaltungen gehindert würden.
Gegen das ihm am 21.1.1997 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.2.1997 Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Nach seiner Aufassung hat das Arbeitsgericht zu Unrecht eine Parallele zwischen Teilzeitbeschäftigen und Schichtarbeitern gezogen. Es widerspreche § 2 Absatz 3 HBUG, wenn ein Arbeitnehmer gezwungen werden solle, seinen Bildungsurlaub an arbeitsfreien Tagen zu verwirklichen. Der Arbeitnehmer müsse sich nach den Zeiträumen richten, in denen die Veranstaltungen angeboten würden, die typischerweise von Montag bis Freitag stattfänden. Deshalb habe der Kläger die beiden Seminare wahrnehmen müssen. Ein vergleich mit den Fällen, in denen der Bildungsurlaub in den Erholungsurlaub fällt, kann nach seiner Auffassung nicht gezogen werden, weil er auf die Lage der freien Tage – im Unterschied zur Lage des Erholungsurlaubs – keinen Einfluß habe. Die Beklagte habe den Kläger an sechs Tagen gerade nicht von seiner Pflicht zur Arbeitsleistung freigestellt.
Der Kläger meint, daß derjenige Arbeitnehmer benachteiligt werde, der nach fünf Tagen Arbeit und fünf Tagen Bildungsurlaub gleic...